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Echt tierisch: Norbert Nowka ist Falkner Von der Faszination des freien Fluges

Sie kennen sich seit 21 Jahren, sind einander vertraut und ein eingespieltes Team: Norbert Nowka und Merica. Mit der Bussard-Dame geht der Falkner aus Axstedt auf die Jagd. Dann lässt er Merica frei fliegen.
13.06.2021, 05:00 Uhr
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Von Ulrike Schumacher

Axstedt. Die meisten Vögel, mit denen Norbert Nowka sich umgibt, können nicht mehr wegfliegen. Der Leiter des Norddeutschen Vogelmuseums kümmert sich auf der Museumsanlage in Osterholz-Scharmbeck um über 400 präparierte Vögel. Doch gelegentlich bringt Norbert Nowka „als lebendes Anschauungsobjekt“ einen stattlichen Uhu mit an den Arbeitsplatz. „Unsere größte heimische Eulenart“, fügt er hinzu. Und an diesem Tag hat er noch einen weiteren imposanten Vogel dabei: einen amerikanischen Rotschwanzbussard, Flügelspannweite 1,30 Meter. Während der Uhu unterm Baum hockt, sitzt der knapp zwei Kilo schwere Greifvogel – am Bein angeleint – auf Norbert Nowkas Unterarm. Äußerst geduldig, muss man sagen. Der Bussard, eine Vogeldame, hat offenbar nicht im Sinn, das Weite zu suchen. Im Gegenteil. Es scheint, als lausche das Tier, während sein Halter erzählt, dem tiefen und ruhigen Klang der Stimme.

Vogel und Besitzer kennen sich seit 21 Jahren

Der Greifvogel und sein Besitzer sind sich vertraut. Sie kennen sich seit 21 Jahren, der Rotschwanzbussard und der Mann aus Axstedt. Das Tier war damals ein Geschenk von einem befreundeten Falkner aus den USA, erzählt Norbert Nowka. Der Name des Vogels erinnert daran: Merica. Zwischen 30 und 40 Jahre alt könnte der Bussard werden. Aber auch nur, weil er in einer großen Volière lebt und von seinem Halter mit Fleischbrocken gefüttert wird. In der Natur hingegen, sagt Norbert Nowka, werden Bussarde zwischen zehn und 15 Jahre alt. „Das Überleben ist schwerer. Wer alt ist und nicht mehr jagen kann, verhungert.“

In Axstedt beherbergt der Falkner insgesamt zehn solcher großen Vögel. „Hauptsächlich Falken.“ Der 15-jährige Uhu fällt als einzige Eule ein bisschen aus dem Rahmen. Norbert Nowka hatte das Tier aus einem Zuchtprojekt erhalten. „Der Uhu war kränklich und ich habe ihn aufgezogen“, berichtet er. Es kommt öfter vor, dass er bei Greifvögelfunden benachrichtigt wird und diese Vögel dann aufpäppelt. „Merica war in solchen Fällen öfter schon Amme.“ Das funktioniere, erklärt der Falkner, weil die Greifvögel ein ähnliches Verhaltensrepertoire haben, was den Brut- und Aufzuchtinstinkt auslöse. Allerdings müssten Greifvögel das Rauben erst lernen. „Die gucken es sich von den Eltern ab und bekommen auch mal eine Maus ans Nest gebracht.“ Bei den Greifvögeln überlebe über ein Drittel der Jungtiere nicht, weil sie das Jagen nicht gelernt haben, weiß Norbert Nowka. „Wer bis zum Winter nicht gelernt hat, wo eine Beute ist“, habe wenig Chancen. Bei den gefundenen Vögeln, die er aufzieht und die wieder zurück in die Natur sollen, muss der Falkner dies im Übergang von der Gefangenschaft bis zum Auswildern mit Attrappen und Federspielen üben. Und dann müsse er abwägen, wann der richtige Zeitpunkt zum Auswildern ist. „Das hängt von der Witterung ab oder davon, wie das Mäuseaufkommen ist.“

Schon Norbert Nowkas Vater war Falkner

Er sei durch seine Kindheit früh vorbelastet mit seiner Leidenschaft für diese Vögel, meint Norbert Nowka scherzhaft. „Mein Vater war bereits Falkner, und ich habe schon als Kind verletzte Vögel aufgezogen.“ Sensibilisiert habe ihn auch das große Greifvogelsterben in den 1960er-Jahren – ausgelöst durch das später verbotene Insektenschutzmittel DDT, bei dem Seeadler, Wanderfalken und Uhus in Deutschland fast ausgestorben waren. Hinzu kam, dass der inzwischen pensionierte Schulleiter an der Küste in Dorum sein Schulpraktikum absolvierte und dort mit dem Greifvogelschutz im Wattenmeer in Berührung kam.

Norbert Nowka sieht seinen Schwerpunkt „im Schutz der Tiere, insgesamt im Naturschutz“. Gleichzeitig betreibt er die Falknerei, die Jagd mit diesen Vögeln. Sie unterliegt dem Jagdgesetz, weil diese Vögel formell als Waffe gelten, erklärt er. Neben der Prüfung für den Jagdschein musste der Axstedter zusätzlich die Prüfung für den Falknerjagdschein ablegen. „Damit darf ich eigentlich nur zwei Greifvögel haben“, erläutert der Falkner. Nur mit ausdrücklicher Genehmigung dürfen es mehr sein. Norbert Nowka hat diese Erlaubnis, weil er die Vögel züchtet.

"Schonende Art der Bejagung"

An der Falknerei reize ihn die „schonende Art der Bejagung, weil die Beute, wenn sie geschickt ist, überleben kann. So ein Greifvogel ist nicht wie eine Flinte“, sagt Norbert Nowka. „Der hat auch mal einen schlechten Tag.“ Faszinierend sei für ihn zudem, seine Vögel im freien Flug zu beobachten. Ein bisschen schwingt dabei auch die bange Frage mit, ob das Tier zurückkommt. Ob das jahrelange Training, bei dem der Greifvogel positiv bestärkt und an seinen Halter gewöhnt wird, Früchte trägt. In der Regel sei das so. Aber Norbert Nowka hat es auch schon anders erlebt.

Nur ein Drittel der Jagdflüge sei erfolgreich. Und als Falkner könne er kontrollieren, wie viel gejagt wird. „Bei drei Beutetieren ist Feierabend“, sagt Norbert Nowka. Eine Beute bekommt der Vogel anschließend stets zur Belohnung. Der Falkner kennt den Vorwurf, dass die Jäger die Vögel hungern lassen, um sie zum Jagen anzutreiben. „Aber ein hungerndes Tier hätte keine Kraft mehr zum Jagen“, entgegnet Norbert Nowka. „Der Vogel muss eine große Kondition haben. Daher kann ich ihn gar nicht hungern lassen.“

Die Falknerei ist ein aufwendiges Hobby

Sein Wissen und seine Erfahrung gibt der Axstedter regelmäßig weiter. Er ist seit Jahren Leiter für die Ausbildung der Falkner in Norddeutschland. Es gebe eine große Nachfrage. Obwohl die Falknerei ein aufwendiges Hobby ist. Den Interessierten rate er deshalb zu überprüfen, ob sie die Zeit und die Mittel dafür haben. „Es gibt unter Falknern ein Sprichwort“, sagt Norbert Nowka, das nachdenklich stimmen sollte: „One bird, one wive. Two birds, no wive.“

Info

Allen, die mehr über die Falknerei, den Greifvogelschutz und die Greifvogelkunde erfahren möchte, empfiehlt Norbert Nowka die Internetseite des Deutschen Falkenordens. Die Adresse lautet www.d-f-o.de.

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