Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Frühstück bei ... Den Wolkenbildern verfallen

In der Serie "Frühstück bei" plaudert diesmal der Künstler Heinz Cymontkowski über seinen Weg nach Teufelsmoor, seine Arbeit dort und die Entdeckung der Langsamkeit
18.06.2021, 22:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von ULB Ulf Buschmann

Osterholz-Scharmbeck. Kein fließendes Wasser, kein Strom, keine Heizung – wenn Heinz Cymontkowski Frühstücksgäste erwartet, muss er das alles von etwas längerer Hand vorbereiten. Bei entsprechend gutem Wetter lässt es sich in einer lauschigen Ecke im Garten sitzen. Doch nicht an diesem Sonntagvormittag im Mai. Frühstück gibt es drinnen, weil es frisch ist und immer mal wieder ein Regenschauer vom Himmel kommt. Aber das Drinnen ist nicht weniger lauschig: Der Tisch ist reichlich gedeckt mit Käse, Leberwurst aus dem Münsterland und selbst gemachter Marmelade. Drumherum beeindrucken Heinz Cymontkowkis Bilder.

Wer hier zu Gast ist oder auch länger lebt wie der Künstler, konzentriert sich wirklich auf das Wesentliche – wie gesagt: kein fließendes Wasser, kein Strom, keine Heizung. Dafür verbreitet ein Ofen Behaglichkeit. Und das Draußen ist nichts weiter als Natur. Kein Wunder, denn das Atelier des Künstlers liegt am Ende der Ortschaft Teufelsmoor. „150 Meter Luftlinie von hier entfernt war das Torfabbaugebiet“, sagt Heinz Cymontkowski, nachdem er den ersten Kaffee eingeschenkt hat.

Altes Häuslingshaus

Gepachtet hat er das Areal vor gut 15 Jahren von Familie Wehmann aus Pennigbüttel. Es ist ein altes Häuslingshaus, das er bis auf das Reetdach selbst wieder instandsetzte. Sein Motto damals wie heute: „Wir umgehen den Baumarkt.“ Stattdessen baute Heinz Cymontkowski zum Beispiel Türen und Fenster aus abreissreifen Kneipen aus.

Natur und Ruhe um sich herum, das nennt sich heute Entschleunigung. Aber der Künstler mag das Wort nicht. „Das ist mein Ruhekissen“, erklärt er. Der Künstler entdeckte das damals fast verfallende Häuslingshaus zufällig: bei einem Spaziergang am 2. Weihnachtstag 2005. Das Atelier in Teufelsmoor ist Heinz Cymontkowskis vierter Aufenthaltsort: In Lünen hat er ein weiteres großes Atelier gepachtet, außerdem hält er sich in seinem Geburtsort Selm und in Bremen privat auf.

Heinz Cymontkowski schenkt Kaffee nach und bestreicht sein Brötchen mit Leberwurst aus dem Münsterland. Diese ist für ihn das, was für andere Menschen Marmelade zum Frühstück bedeutet – ganz in der Tradition seiner Heimat. Etwas Süßes dürfe es dafür am Nachmittag zum Kaffeetrinken sein. Der Künstler erinnert sich an das erste Frühstück im Jahr 2006 in Teufelsmoor zurück. „Wir haben nichts getan“, sagt er schmunzelnd.

Es darf langsamer gehen

Für ihn selbst sei das eine damals ganz neue Erfahrung gewesen. Denn: Er sei jemand der immer in Bewegung ist. Mal nichts zu tun, das habe er lernen müssen – womit Heinz  Cymontkowski wieder bei seinem „Ruhekissen“ ist. Soll unter dem Strich heißen: In Teufelsmoor darf alles etwas langsamer gehen. Aussagen wie „Ich habe keine Zeit!“ oder „Das kann nicht warten!“ hat der Künstler hier komplett aus seinem Vokabular gestrichen.

Auch sein Schaffen ist ein anderes als in Lünen. Zum Hintergrund: Heinz  Cymontkowski bezeichnet sich als Künstler, der sich mit Zeitgeschichte mit Schwerpunkt 1933 bis 1945 sowie durchaus auch aktuellen politischen Themen befasst. Nicht jedoch in seinem hiesigen Atelier. Dort setzt er sich mit der Kulturlandschaft Teufelsmoor auseinander – vor allem mit der Künstlerkolonie Worpswede, über die Heinz Cymontkowski ins Leben und Werk Heinrich Vogelers eingetaucht ist.

Aber Rezitate oder gar Zitate sieht der gebürtige Selmer nicht. Im Gegenteil, seine im kleinen Atelier ausgestellten Arbeiten ziehen den Betrachter zwar sofort in die typische Teufelsmoor-Landschaft und die Werke eines Heinrich Vogeler, eines Otto Modersohn und eines Fritz Overbeck hinein. Doch Heinz Cymontkowski erfindet die typische Ästhetik neu. „Als ich mich mit dem Teufelsmoor auseinandersetzte, fragte ich mich: ,Könnt Ihr keine Wolken malen?‘“, sagt er lachend mit der Kaffeekanne in der Hand.

Distanz zu Worpswede

Und so sind aus dem Pinsel von Heinz  Cymontkowski eben Teufelsmoor-Bilder in unterschiedlichen Techniken mit vielen Wolken entstanden. „Die Leute wollen Wolkenbilder sehen“, betont er. Allerdings gibt der Künstler auch zu verstehen, dass „ich kein Landschaftsmaler bin“. Aber schön ist das, was Heinz Cymontkowski da zaubert schon – getreu der Losung, jegliche Art von Kultur sollte von den Füßen übers Herz in den Kopf gehen, um sie zu reflektieren.

In Worpswede sei er als Künstler kein Unbekannter, weiß Heinz Cymontkowski. Und dass er für diese Landschaft etwas Übrig hat, ist seinen Werken ebenso zu entnehmen. Doch er betont beim letzten Brötchen: „Ich habe eine höfliche Distanz zu Worpswede.“

Lesen Sie auch

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Einwilligung und Werberichtlinie

Das kompakte Nachrichten-Update für den Landkreis Osterholz und umzu. Lesen Sie Montag bis Freitag jeden Abend die wichtigsten Nachrichten aus Ihrer Region.

Schließen

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)