Osterholz-Scharmbeck. Als der VSK Osterholz-Scharmbeck im Mai 2018 Oliver Schilling als neuen Trainer seiner ersten Mannschaft präsentierte, da ging ein Raunen durch die hiesige Fußballszene. Der ehrgeizige Schilling, der nachweislich einen erstklassigen Draht zu jungen Spielern hat, sollte den Kreisstadtklub endlich wieder wachküssen. Der Bezirksligist hatte zwei ganz harte Spielzeiten hinter sich und wollte mit Schilling, der erst wenige Wochen zuvor von seinem langjährigen Trainerposten beim TSV Wallhöfen zurückgetreten war, wieder besseren Zeiten entgegenblicken.
Viele waren sich damals sicher: Schilling ist genau der richtige Trainer für diesen Verein, der wie kein zweiter Klub im Landkreis Osterholz über eine leistungsbasierte Nachwuchsabteilung verfügt. Sollte die Liaison Schilling/VSK von ähnlicher Dauer sein wie in Wallhöfen, so würden sich die Grün-Weißen auf kurz oder lang wieder Richtung Landesliga orientieren können. Doch jetzt steht fest: Daraus wird nichts. Zumindest nicht mit dem VSK-Trainer Oliver Schilling. Denn wie VSK-Teammanager Markus Friedrichs bestätigte, wird Schilling am Ende der Saison seinen Hut nehmen.
„Ich bin einfach ausgebrannt“, sagt Schilling in seiner gewohnten direkten Art. Die Arbeit eines Bezirksliga-Coaches werde einfach immer vielschichtiger – mit Inhalten, die eigentlich gar nicht Thema sein sollten. „Die Befindlichkeiten der Spieler“, so Schilling, spielten dabei eine durchaus tragende Rolle. „Ich muss die Art der jungen Spieler akzeptieren und das kann ich auch“, wird der VSK-Trainer konkreter, „aber ich muss das natürlich nicht gut finden. Und am Ende des Tages muss es eben auch mir Spaß machen.“
Dabei habe es in den vergangenen Wochen und Monaten – und trotz der sportlichen Misere, in der sich die VSK-Kicker befinden – immer wieder motivierende Situationen gegeben. Erst letzte Woche beim Training spürte Schilling wieder so einen Moment. „Da haben wir eine Pressingform trainiert und ich habe gespürt, wie die Jungs an meinen Lippen hingen und die Inhalte regelrecht aufgesaugt haben. Das ist dann einfach großartig.“ Aber diesen Augenblicken stehen auch viele Dinge gegenüber, die eben nicht zum Anspruchsdenken eines überaus ehrgeizigen Trainers passen. „Wenn man sich nur um das Sportliche kümmern könnte, wäre das klasse“, sagt Schilling, nur um dann gleich wieder festzustellen: „Am Ende hat man als Trainer heutzutage kaum noch ein Druckmittel.“ Volle Rückendeckung erfährt Schilling in diesem Zusammenhang von seinem Teammanager. Markus Friedrichs kann die Beweggründe seines nun bald Ex-Coaches komplett nachvollziehen: „Die Halbwertszeit von Trainern in diesen Ligen ist mittlerweile ohnehin schon nicht besonders hoch“, weiß Friedrichs. Denn die Arbeit mit den Spielern habe sich eben massiv verändert. Bewerten will der VSK-Teammanager diese Entwicklung gar nicht im Detail. „Man kann die Dinge immer unterschiedlich beurteilen, aber Fakt ist, dass sich da etwas verändert hat. Und wenn dir dann irgendwann der Spaß abhanden geht, muss man darüber reden.“ Genau das habe Schilling getan – und dafür ist Friedrichs seinem Noch-Coach sehr dankbar.
„Oliver und ich haben ein richtig gutes Verhältnis und es waren immer sehr freundschaftliche Gespräche“, fügt Friedrichs hinzu. „Am Ende ist es aber wirklich sehr, sehr schade, dass es im Sommer vorbei ist.“ Wie es mit den beiden Co-Trainer Frank Müller und Erwin Rapp weitergeht, steht noch nicht fest (siehe nebenstehender Text). Da will Teammanager Friedrichs die kommenden Wochen nun zu intensiven Gesprächen nutzen – auch mit der Mannschaft, die ja momentan nur Individualtraining machen kann. Wie andere Vereine auch, hat der VSK Osterholz-Scharmbeck den kompletten Spiel- und Trainingsbetrieb eingestellt. Ob die Saison zu Ende gespielt wird und in welcher Liga die abstiegsbedrohten Kreisstädter demnächst spielen werden – all das steht momentan in den Sternen. Die erträumte Landesliga-Rückkehr des Vereins, die mit der Verpflichtung von Oliver Schilling vor knapp zwei Jahren für viele Außenstehende zu einem realistischen Szenario wurde, ist jedenfalls erst einmal ganz hinten angestellt. Und das nicht nur aufgrund der aktuellen Corona-Krise.
Denn nach vielen Jahren der Bezirksliga-Zugehörigkeit – andere würden vielleicht sagen: der Bezirksliga-Tristesse – hat auch Markus Friedrichs mittlerweile eine gehörige Portion Realismus entwickelt: „Man muss sich irgendwann vielleicht einfach mal eingestehen, dass man absolut zurecht dort spielt, wo man spielt.“
Oliver Schilling will ab Sommer erst einmal durchatmen – und eine Fußballpause einlegen. Dass ihm die Trainingsarbeit mit den Spielern fehlen wird, weiß er. Dass ihn die aktuelle Generation aber allzu oft auf eine mentale Probe gestellt hat, kann er auch nicht leugnen. Oder wie Oliver Schilling es ausdrückt: „Die Jungs wissen gar nicht, was sie für ein Potenzial haben. Aber am Ende ist es eben einfach alles zu ermüdend.“
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Zukunft von Müller und Rapp offen
Oliver Schilling wird Fußball-Bezirksligist VSK Osterholz-Scharmbeck zum Saisonende verlassen – aber was ist mit den beiden Co-Trainern und VSK-Urgesteinen Frank Müller und Erwin Rapp? „Die beiden wurden natürlich frühzeitig informiert, dass Oliver aufhört“, berichtet VSK-Teammanager Markus Friedrichs auf Nachfrage, ohne darüber hinaus konkreter werden zu können. „Alles Weitere werden wir jetzt in den kommenden Wochen intensiv mit den beiden besprechen.“ Frank Müller trainiert neben der ersten Herren-Mannschaft auch noch die U15 des Vereins. „Und der neue Trainer soll seine Vorstellungen zum Staff dann auch natürlich einbringen“, ergänzt Markus Friedrichs.