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Urteil beim Landgericht 50000 Euro Geldstrafe wegen Bestechung

Das Landgericht Verden hat jetzt einen 65-jährigen Ritterhuder wegen Bestechung zu 50.000 Euro Geldstrafe verurteilt.
21.11.2019, 16:55 Uhr
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Von Angelika Siepmann

Verden/Ritterhude. Wegen vierfacher Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr ist ein 65-Jähriger aus der Gemeinde Ritterhude vom Landgericht Verden zu einer Geldstrafe von rund 50 000 Euro verurteilt worden. Einer seiner ehemaligen Angestellten (66) erhielt wegen Beihilfe eine Strafe von 2400 Euro. Gegen den Empfänger der erbetenen Zahlungen, der als Schadensregulierer für ein Versicherungsunternehmen tätig war, verhängte die große Wirtschaftsstrafkammer 14 Monate Haft auf Bewährung.

Nach sechstägiger Hauptverhandlung sah es das Gericht als erwiesen an, dass der – damalige – Geschäftsführer und Gesellschafter einer Ritterhuder GmbH Ende 2009 und im ersten Halbjahr 2010 in vier Etappen insgesamt 58 000 Euro an den Versicherungsmitarbeiter gezahlt hat. Dessen Geldwünsche wurden von dem seinerzeitigen Leiter einer der Niederlassungen der GmbH an den Chef übermittelt. In einem weiteren angeklagten Fall gab es für beide mangels Beweisen einen Freispruch.

Der 62-jährige Mann aus Schwelm/Nordrhein-Westfalen wurde in fünf Fällen schuldig gesprochen. Hinzu kam noch ein Fall der Steuerhinterziehung. Die Kammer ordnete auch die Einziehung des Taterlangten an, gut 77 000 Euro. Im Zuge der Urteilsverkündung wurde darauf hingewiesen, dass bei allen drei Angeklagten Teile der Strafen wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung als schon vollstreckt gelten. Die Geldstrafen, die nach finanzieller Lage auf 180 Tagessätze à 280 Euro beziehungsweise 120 à 20 festgesetzt wurden, reduzieren sich dadurch um jeweils 60 Tagessätze. Bei der Freiheitsstrafe gelten zwei Monate als bereits verbüßt.

Das Gericht blieb mehr oder weniger deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft Verden. Deren Vertreterin hatte ausnahmslos auf Haftstrafen plädiert. Anderthalb Jahre sollten es ihrer Meinung nach für den Hauptangeklagten sein, neun Monate für den Mann aus dem Kreis Osterholz und 15 Monate für den Ältesten des Trios, der mittlerweile im fernen Ägypten zu Hause ist. Dorthin war er dem Vernehmen nach auch schon wieder entschwunden, als im großen Saal des Landgerichts unter anderem verkündet wurde, dass er mit einer Geldstrafe davonkomme.

So hörte er auch nicht, was der Vorsitzende Richter speziell zu dem gebürtigen Bremer ausführte. Vermutlich wird sein Verdener Verteidiger ihn wissen lassen, dass er aus Sicht der Kammer in dem Verfahren von Beginn an eine „eigentümliche Rolle“ gespielt habe. Im Herbst 2010 war der fleißige Gutverdiener demnach an den Ritterhuder Vorgesetzten mit der Mitteilung herangetreten, er wolle nun arbeitsmäßig „aussteigen“ und habe ganz bestimmte Vorstellungen, wie sich dieser Berufsausstieg mit 57 zu gestalten habe.

Anonymer Hinweis

Noch vor Auflistung der überlieferten Forderungen sprach der Richter davon, der Mann habe den Chef „erpresst“. Er wollte das bisherige Gehalt bis zum 63. Lebensjahr, weiterhin den gewohnten Dienstwagen und obendrein 150 000 Euro – ansonsten werde er die Zahlungen an den Versicherungsmitarbeiter öffentlich machen. Als der Geschäftsführer darauf nicht einging, erfolgte offenbar ein anonymer Hinweis an das Nürnberger Unternehmen: Angeblich seien diesem enorme Schäden durch Korruption, Schmiergeldzahlungen und mehr entstanden, wobei auch kleinere Firmen und Sachverständige verwickelt gewesen sein sollen. Die Dinge nahmen ihren Lauf, zwar langsam und zäh, doch letztlich, so das Gericht, hätten Polizei, Staatsanwaltschaft Frankfurt und auch das Bundeskriminalamt „in großem Umfang“ und über Jahre auch „gegen viele andere Personen hinsichtlich komplexer Sanierungsaufträge" ermittelt. Die ursprünglich behaupteten „Millionenschäden“ hätten sich jedoch nicht bestätigt.

Dubiose Auftragsvergabe

Dass mehrfach Geld an den Großschadensregulierer geflossen ist, hat der Ritterhuder im Prozess weitgehend bestätigt. Drei der angeklagten Taten räumte er ein. Nach Auffassung des Gerichts hat sich aber auch die in Abrede gestellte weitere Bargeldleistung bestätigt. In der Urteilsbegründung wurde einerseits betont, der Regulierer habe sich bei der Auftragsvergabe – es ging vor allem um die Behebung von Brand- und Löschwasserschäden – ohnehin nicht immer an alle Regeln gehalten. Die Kontrollmechanismen seien bei der Versicherung allerdings auch noch nicht so stark gewesen wie heute. Zudem habe der Mann sich aufgrund seiner privaten finanziellen Engpässe mit der Bitte um Abhilfe an den Chef der renommierten Ritterhuder Firma gewandt. Man arbeitete seit langem vertrauensvoll und erfolgreich zusammen, pflegte einen kollegialen Umgang.

Auf der anderen Seite hatte das Gericht „keine vernünftigen Zweifel“, dass es sich bei den Zahlungen um strafrechtlich relevantes Verhalten handelte, die der unlauteren Bevorzugung der GmbH dienen sollten. Das Unternehmen habe zwar damals „fest im Sattel gesessen“, sei aber in der Branche kein Monopolist gewesen, sondern habe sich in Konkurrenzsituation befunden. Der Angeklagte hatte erklärt, man habe keine Vorteile erwartet, wohl aber, sinngemäß, die Chance gesehen, das Vorhandene zu erhalten. Er habe, befand das Gericht, „keine unmittelbaren Vorteile“ erlangt“ „aber er wollte sich unkomplizierte Beauftragungen erkaufen“.

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