Ritterhude. „Das ist so, als stünde Werder in der Bundesliga auf Platz drei“, freut sich Andreas Rolf-Pissarczyk, Mitinhaber der Bäckerei Rolf-Pissarczyk aus Ritterhude. Der Familienbetrieb in der fünften Generation wurde die 1899 in Bremen-Walle gegründet und produziert mittlerweile in der zentralen Backstube in Ritterhude für über 30 Filialen und Verkaufswagen in der Region.
Die Freude von Andreas Rolf-Pissarczyk gilt dem dritten Platz im Bundesentscheid, den seine Auszubildende Vanessa Pestel kürzlich in der Deutschen Bäcker-Akademie in Weinheim erreichte. Die junge Frau kam zur Nominierung zum Bundesentscheid der Bäckerei-Fachverkäuferinnen und -verkäufer pandemiebedingt „lediglich“ über ihre Prüfungsnote: eine 1,1. „Ich habe im Zuge meiner Tätigkeit Tausende von Abschlusszeugnissen zu unterschreiben, aber einen Einser-Abschluss habe ich bisher erst selten gesehen“, lobt auch Jan-Peter Halves, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Elbe-Weser.
Bäckerei-Fachverkäuferin – das ist nicht nur das freundliche Gesicht hinter dem Tresen, das dem Kunden täglich die Brötchen, Kuchen oder Snacks reicht, die der Kunde wünscht. „Eine Bäckerei-Fachverkäuferin ist heutzutage fast schon der Allrounder im Verkauf“, erklärt Andreas Rolf-Pissarczyk und zählt auf: „Unser Personal muss unsere Waren und deren Herstellungsprozesse genau kennen, um den Kunden fachlich gut beraten zu können. Darüber hinaus ist Kopfrechnen unerlässlich. Es gilt Frühstücksteller herzurichten, Snacks zu erfinden und zuzubereiten, in der Filiale Brötchen zu backen und einen guten Kaffee zuzubereiten – sonst noch etwas?“ „Ja, saubermachen, kleinere Reparaturen in den Filialen ausführen und möglichst immer freundlich sein“, wirft Vanessa Pestel lachend ein.
Beruf liegt in der Familie
Ihr Beruf ist der jungen Frau schon seit Langem vertraut. Auch ihre Mutter hat bereits als Bäckerei-Fachverkäuferin für Rolf-Pissarczyk gearbeitet, und Vanessa jobbte während ihrer Schulzeit in den Verkaufsfilialen. Nach einem kurzen Abstecher als Auszubildende in den textilen Einzelhandel bemerkte Pestel bald, wo ihre wahre Passion lag. Ihre ersten Brötchen verdiente Vanessa sich dann als Auszubildende Bäckerei-Fachverkäuferin in der Filiale Vegesack am Sedanplatz.
Nachdem sie nach ihrem Abschluss aufgrund ihrer Noten zur Kammersiegerin gekürt wurde, erreichte sie auch den ersten Platz im Landesentscheid „nach Notenlage“. Erst jetzt, beim Bundesentscheid, durfte sie auch tatsächlich vor den Wertungsrichtern der Bäcker-Akademie zeigen, was sie alles kann.
Dabei wurde den Teilnehmern jeweils ein Bäcker zugelost, dessen Erzeugnisse dann in verschiedenen Themenbereichen präsentiert werden mussten. Zu den Aufgaben zählte unter anderem Snacks zu belegen, einen Frühstücksteller herzurichten und einen Gugelhupf so zu verpacken, dass die verwendete Folie nicht das Gebäck berührt, und dann musste alles auch noch mit einer Schleife verziert werden. Zu guter Letzt sollte ein dekorierter Schautisch die Erzeugnisse des zugelosten Bäckermeisters einladend präsentieren. Auch die Beschriftung einer Verkaufstafel per Hand gehörte zu den gestellten Aufgaben.
"Wie im Kreuzverhör"
„Das Schleife-Binden war eine echte Herausforderung“, bemerkt Vanessa Pestel, und der Schautisch sei die schwierigste Aufgabe gewesen. Vielleicht auch deshalb, weil in diesem Jahr erstmals seit zwei Jahren wieder Bundesentscheide in Weinheim stattfanden und mehr Bewerber als sonst antraten – 15 junge Bäcker und zwölf Fachverkäuferinnen. „Der Frauenanteil war ziemlich hoch. 70 Prozent der Teilnehmer – die Bäcker eingeschlossen – waren weiblich“, erklärt Pestel. Auch die Fachfragen der Wertungsrichter zu den einzelnen Teigwaren seien nicht ohne gewesen. "Da fühlte ich mich fast wie im Kreuzverhör!“
Die Bäckerei Rolf-Pissarczyk hat schon genaue Vorstellungen, was den weiteren Karriereweg ihrer erfolgreichen Mitarbeiterin angeht. „Wir haben Frau Pestel natürlich in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen“, schmunzelt der Chef. Sie arbeitet inzwischen schon dreimal wöchentlich in einer Filiale als „Filialleiterin Innendienst“ und strebt an, alternativ zu einem Studiengang die Bezirksleiter-Ausbildung zu absolvieren. Darüber hinaus hat die junge Frau auch noch erfolgreich einen Barista-Kursus absolviert, denn einige Filialen der Bäckerei Rolf sind mit Kaffeeautomaten ausgestattet, die einem Barista ein zusätzliches kreatives Betätigungsfeld eröffnen.