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Lutz-Bischoff-Preis Mut und Engagement: Alia Hamo aus Ritterhude erhält Auszeichnung

Von der syrischen Stadt Afrin nach Ritterhude: Alia Hamo hat eine beeindruckende Reise hinter sich. Die Geschichte der 16-Jährigen zeigt, dass man mit Mut und Engagement viel erreichen kann.
15.12.2023, 16:54 Uhr
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Von Christa Neckermann

Wer Alia Hamo im täglichen Leben begegnet, lernt zunächst eine fröhliche junge Frau kennen, die nach ihrem Schulabschluss im Sommer nun in einer Bremer Apotheke eine Ausbildung zur pharmazeutisch-kaufmännischen Angestellten absolviert. Was auf den ersten Blick nicht so auffällt, sind der Mut und das Engagement, die in der 16-Jährigen stecken.

Die ersten acht Lebensjahre verbrachte Alia Hamo mit ihren Eltern - Mutter Nazlia und Vater Gigar - sowie drei jüngeren Geschwistern in der syrischen Stadt Afrin, über 3.600 Kilometer von Hamme und Wümme entfernt. Als dem ältesten Kind fiel ihr schon damals die Rolle zu, die Mutter bei der Betreuung der jüngeren Geschwister zu unterstützen.

Flucht aus Syrien nach Deutschland

2015 entschloss sich Familie Hamo dazu, das seit 2011 in einen Bürgerkrieg verwickelte Syrien zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen. Während sich die Erwachsenen so weit wie möglich um die Formalitäten und den einzuschlagenden Weg kümmerten, half Alia mit, indem sie auf ihre kleineren Geschwister achtete und sie in beängstigenden Situationen tröstete. „Ich will immer gern helfen“, sagt sie von sich und lacht dabei.

In Deutschland kam die Familie zunächst in Wallenhorst bei Osnabrück unter, wo der Vater rasch Arbeit fand. Alia Hamo lernte schnell Deutsch und kam in der Schule gut mit. Auch dort fiel sie immer durch ihre Hilfsbereitschaft auf.

Plötzlich Schulsprecherin

2020 zog Familie Hamo nach Ritterhude – die Familie war größer geworden, zwei weitere Geschwister waren geboren worden, sodass die Familie ein größeres Haus benötigte. Alia Hamo wechselte an das Schulzentrum Moormannskamp, wo sie den Haupt- und Realschulzweig besuchte. Das Vertrauen, das die Klassenkameraden ihr entgegenbrachten, gipfelte im Schuljahr 2022/23 in ihrer Wahl zur Klassensprecherin und schließlich sogar zur Schulsprecherin.

„Meine Schulkameraden haben mir zugeredet, ich solle mich doch zur Wahl stellen. Erst habe ich mir das nicht zugetraut, dann aber doch viel Unterstützung erhalten“, freut sich die 16-jährige, die sich in dem vergangenen Schuljahr auch besonders in der ehrenamtlichen Hausaufgabenhilfe engagierte.

Hilfe für Erdbebenopfer organisiert

Als am 6. Februar 2023 im Norden Syriens die Erde bebte, wollte Alia Hamo wieder helfen. „Ich hatte jetzt neun Jahre lang meine weiteren Familienangehörigen nicht mehr gesehen, die noch in Syrien leben“, sagt sie traurig. Der Krieg allein war schon schlimm genug, dazu kam nun auch noch eine Naturkatastrophe. Die Angehörigen in Syrien informierten die Familie per Smartphone über die Lage und schickten ihnen Fotos. „Es war sehr schwer, sich das anzusehen“, sagt Alia Hamo und wirkt auch heute noch erschüttert.

Aber dann habe sie überlegt, was sie machen könne. Mit einer Spendenaktion wollte die Schulsprecherin ihre Mitschüler auf die Situation in ihrem Heimatland hinweisen und Spendengelder sammeln, um das Leid in Syrien ein wenig zu lindern.

Unerwartet viel Unterstützung

Sie sei ängstlich gewesen, ob sie die nötige Unterstützung auch bekommen würde und was die Menschen in Deutschland denken würden. „Aber dann habe ich mich mit den Schülersprecherinnen des Gymnasiums Ritterhude, Melina Schatz und Serhat Beytur, zusammengetan. Wir waren richtig überrascht, wie viel Unterstützung wir erhalten haben." Besonders wolle sie sich auch bei Uwe Looden bedanken, der am Schulzentrum Moormannskamp als Sozialarbeiter tätig ist.

Alia Hamo konzipierte seinerzeit einen Elternbrief, indem sie die Spendenaktion erklärte, und stellte in den Klassen Spendenbüchsen auf. „Eine Klasse hat uns unterstützt, indem sie in den Pause Waffeln backte und verkaufte. Das hat richtig etwas gebracht!“ Zunächst hatten die Organisatorinnen der Spendenaktion, und auch die Schulleitung selbst, mit einem Ergebnis zwischen 800 und 1000 Euro gerechnet. Als dann beim Kassensturz beachtliche 3.200 Euro feststanden, war die Freude groß. „Wir haben das Geld dann an das Aktionsbündnis Katastrophenhilfe überwiesen, weil sie sowohl die syrischen als auch die türkischen Erdbebenopfer unterstützten“, so Hamo.

Stimme in der Kommunalpolitik

Doch nicht nur damit hinterließ die engagierte junge Frau Eindruck in der Gemeinde Ritterhude. Als Schulsprecherin organisierte sie auch das Schulfest und vertrat ihre Schule auf Gemeindeebene, als es um die Wiedereröffnung des Jugendfreizeitheims in Ritterhude ging. „Die Jugendlichen haben sich eindeutig für die Wiedereröffnung des Jugendfreizeitheims ausgesprochen – um dort Hausaufgaben machen zu können, Spiele zu spielen, einfach mal von zu Hause wegzukommen oder abzuhängen“, sagt Alia Hamo und lacht nun wieder.

Für ihre eigene Zukunft hat sie auch schon Pläne. „Nach meinem Berufsabschluss würde ich gern noch weiter lernen und Medizin studieren“. Ihre Hilfsbereitschaft geht damit also wohl noch weiter. Jetzt wird Alia Hamo zunächst mit dem Lutz-Bischoff-Preis der Ritterhuder Lions ausgezeichnet. Dieser ist mit 1000 Euro dotiert und wird seit 2009 an junge Menschen mit besonderem sozialem Engagement vergeben. Die Preisverleihung findet am Montag, 18. Dezember, um 17 Uhr unter der Schirmherrschaft des Ritterhuder Bürgermeisters Jürgen Kuck im Rathaus Ritterhude statt.

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