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Ideen für Ex-Bergolin-Gelände Unternehmer setzt auf Hanf

Die Firma Bergolin hat vor einigen Jahren ihren Produktionsstandort am Kiepelberg in Ritterhude aufgegeben. Ein Unternehmer interessiert sich nun für eines der dortigen Gebäude.
22.11.2022, 09:30 Uhr
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Unternehmer setzt auf Hanf
Von Brigitte Lange

Ritterhude. Die Explosion des Ritterhuder Chemie-Recyclers Organo-Fluid im September 2014 hat sich ins Gedächtnis der Anwohner gebrannt. Gebetsmühlenartig hatten sie die zuständigen Behörden davor gewarnt, dass so etwas eines Tages passieren könne. Auch die Produktion des Lacke- und Beschichtungsherstellers Bergolin auf dem Nachbargrundstück verfolgten sie über Jahrzehnte mit Argwohn. Dass nun auf dem inzwischen von Bergolin verkauften Standort wieder produziert werden soll, sorgt bei einigen der Anwohner nach wie vor für Unruhe. Bei einem Info-Abend des Projektentwicklers Horst Kammeier für die Kiepelberger wurde das offensichtlich.

Die Veranstaltung sollte dem Unternehmer Gregg Cox die Möglichkeit bieten, sein Unternehmen vorzustellen. Der gebürtige US-Amerikaner, der bereits seit dem Jahr 2000 mit seiner deutschen Frau in Ritterhude lebt, plant, in einem der Gebäude auf dem ehemaligen Bergolin-Gelände Hanf-Öl für medizinische und kosmetische Zwecke herzustellen. Denn Hanf und Cannabis  hätten gezeigt, dass sie medizinische Vorteile bieten, ohne Chemikalien zu verwenden, die so oft in vielen Medikamenten zu finden seien, erklärte Cox im Rathaussaal. "Unser Ziel ist es, eine medizinische Bio-Alternative in verschiedenen Formen anzubieten: als Flüssigkeit, Pulver, Tabletten, Cremes, Gele und Lebensmittelprodukte."

Frage nach Verkehrsaufkommen

Die erste Frage, der sich der Unternehmer gegenüber sah, betraf jedoch nicht den Verarbeitungsprozess, sondern: "Wie viel Lieferverkehr wird es geben?" Cox: "Etwa einmal im Monat wird der Hanf in kleinen Mengen in einem Sprinter geliefert." Ein Hauptbestandteil der Hanf-Produkte – Kokosöl – werde er selbst einkaufen und mit seinem Auto zur Firma bringen. Und die Vitamin-Zusätze würden per Post geliefert. Viele seiner Mitarbeiter wohnten zudem in Ritterhude. Sie könnten zu Fuß oder mit dem Rad zur Arbeit kommen.

"Welche Perspektive sehen Sie für Ihren Betrieb in Ritterhude?", hakte ein anderer Anwohner nach. Sie hätten schließlich schon einmal einen "hoch innovativen Betrieb" in ihrer Nachbarschaft gehabt, der sich immer weiter entwickelt habe, verwies der Fragende auf den Chemie-Recycler Organo-Fluid und die Explosion auf dessen Betriebsgelände. "Wir reden von Kleinproduktion", betonte Gregg Cox. Bisher seien sie fünf Mitarbeiter. Im Maximum würde sich das zu 14 Personen steigern. Wenn die Transporter am Ende einmal die Woche kämen, würde das reichen. Derzeit ginge es darum, Kunden innerhalb von Deutschland zu beliefern. Er hoffe, die Lieferreichweite auf die Staaten der EU auszuweiten. "Vielleicht nach Holland und Belgien", so Cox. Eine Produktion für den internationalen Markt strebe er nicht an.

"Eine Erweiterung des Betriebes ist auch aufgrund der Räumlichkeiten kaum möglich", ergänzte Projektentwickler Horst Kammeier. Das Gebäude, in das die Hanf-Mühle ziehen soll, wäre bereits mit dem benötigten Platz für die Anlieferung, die Produktion und die Auslieferung ausgereizt. 

Keine Chemikalien

Zum Verfahren selbst erklärte Cox, dass das Öl aus der Hanfpflanze gepresst werde. Chemikalien würden dabei nicht benötigt. Am Tag rechne er mit der Gewinnung von etwa 14 Litern. Aus einem Liter würden Tausende Produkte hergestellt, da das Öl verdünnt werde. In unterschiedlichen Herstellungsphasen würden externe Labore die Ware auf ihre Qualität kontrollieren. "Die meisten Produktionsschritte in der Firma werden in Handarbeit gemacht, wie etwa das Abfüllen und das Abwiegen", so Cox. Die Extraktionsmaschine, mit deren Hilfe das Öl aus dem Hanf gewonnen wird, sei richtig ruhig, versicherte er den Anwohnern. Auch eine Geruchsbelastung schloss er aus.

Unter dem Stichwort Lärm wies Projektentwickler Horst Kammeier darauf hin, dass in der Hanf-Mühle nur in Tagschichten gearbeitet werde. "Das meiste Verkehrsaufkommen entsteht durch die Wohnungen", warf Kammeier ein. Auf das Gelände kämen jegliche Fahrzeuge über den Vielenbruchsweg und über die Kiepelbergstraße. Die Straße Im Orth ende in einem Wendehammer. Das für die Aufstellung eines Bebauungsplanes benötigte Verkehrsgutachten liege vor.

Einige der Anwohner erklärten ob dieser Information, dass sie das Gutachten gern einsehen würden. Sowohl Horst Kammeier als auch Vertreter der Gemeindeverwaltung erklärten, dass dies erst möglich sei, wenn das Verfahren für den Bebauungsplan so weit fortgeschritten sei, dass der Entwurf öffentlich ausgelegt werde. Alle Gutachten seien dann einsehbar. Den Wunsch Einzelner, bereits jetzt einen Blick auf das Verkehrsgutachten werfen zu können, wiesen sie zurück. Einmal mehr erinnerte Kammeier daran, dass die Gemeinde ursprünglich ein reines Wohnquartier mit 160 Wohneinheiten auf dem Bergolin-Gelände bauen wollte. "Dann hätten sie hier mindestens 320 Autos gehabt", so Kammeier. Das wäre eine ganz andere Belastung. Eine weitere Anregung aus der Bürgerrunde wollte Horst Kammeier indes erwägen: den Bau eines Spielplatzes.

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Auf besorgte Fragen der Kiepelberger, ob Wolfgang Koczott, dem einst Organo-Fluid und heute noch das geräumte Firmengrundstück an der Kiepelbergstraße gehört, vielleicht wieder einen Betrieb dort bauen könne, widersprach die Verwaltung. Per Gesetz habe sie dort die Planungshoheit. Und wenn die Gemeinde für dieses Grundstück innerhalb des (Bergolin-)Mischgebietes nur Wohnbebauung erlaube, könne der Grundstückseigentümer daran nichts ändern.

Was am Ende auf dem ehemaligen Bergolin-Gelände möglich sein wird, entscheiden Politik und Verwaltung mit dem Bebauungsplan, der noch aufgestellt werden muss. Sollten alle benötigten Unterlagen der Verwaltung vorliegen, könnte das Vorhaben Ende Januar, Anfang Februar auf der Tagesordnung des Fachausschusses stehen.

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