Ritterhude. 170 Meter Abwasserkanal, 170 Meter Trinkwasserleitungen und 380 Meter Starkstromkabel verschwinden in diesen Tagen unter der Pflasterung des ehemaligen Wal-Mart-Parkplatzes am Heidkamp. "Wir haben bei den Arbeiten mehr Lehm gefunden, als wir erwartet hatten", sagt Stefan Berndt und blickt dabei auf einen Sandhügel, der von einem Bagger angesteuert wird. Entsprechend benötigten sie mehr Bausand, gegen den der tonige Boden getauscht wird. Und das Schnee-Wochenende habe sie zwei Tage gekostet, da sie die Gräben anschließend hätten leerpumpen müssen. Abgesehen davon würden die Vorbereitungen für das Container-Dorf reibungslos laufen, sagt der Ritterhuder Verwaltungsmitarbeiter, in dessen Zuständigkeit der Aufbau fällt.

Stefan Berndt hat den Aufbau des Container-Dorfes im Blick.
2022 hatte die Gemeinde ihre Bürger darüber informiert, dass am Heidkamp eine Sammelunterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine entstehen werde. Als Container-Dorf. "Im vergangenen Sommer und Herbst hatte die Flüchtlingssituation alle an ihre Grenzen und darüber hinaus gebracht, und alle sagten, dass es so weiter gehen werde", erklärt Genia Flock, Leiterin des Sachgebietes Sicherheit und Ordnung in Ritterhude, den Schritt. Die Gemeindeverwaltung habe sich damals gesagt, dass sie vor diese Welle kommen müsse und sich deshalb für die Container-Lösung entschieden. Neben Schwanewede und Worpswede wird Ritterhude damit die größten Kapazitäten für die Unterbringung von Flüchtlingen haben.
Denn maximal können auf der rund 70 mal 90 Meter großen Fläche sechs Wohnblöcke à 16 Container entstehen. Laut Flock reicht das, um bis zu 120 Personen unterzubringen. Für alle sechs Kuben werden derzeit die Versorgungsleitungen gelegt. Für die Stromversorgung der Bauten musste die Gemeinde außerdem einen eigenen Trafo organisieren. Schließlich werde alles in den Containern – auch die Heizung – mit Strom betrieben. Zu bekommen war der jedoch nur noch im Ausland. Der deutsche Markt war bereits abgegrast.
"Aufgebaut werden zunächst drei Wohnblöcke", sagt Stefan Berndt. Laut Zeitplan rechnet er mit den ersten Containern zum 3. April. Die restlichen drei Wohnblöcke würden bei Bedarf in einem zweiten Bauabschnitt im kommenden Herbst oder im Frühjahr 2024 errichtet. Alle Wohnblöcke werden baugleich sein: acht Container unten, acht Container darüber. Beide Etagen erhalten jeweils zwei Zugänge, die einander gegenüber liegen. Folglich wird jeder Wohnblock mit zwei Treppen ausgestattet sein. "Auch wegen des Brandschutzes", sagt Berndt.
Vier Wohnungen je Block
Genia Flock erklärt, dass jede Etage aus zwei Wohneinheiten bestehen werde. Beide hätten je drei Zimmer plus Küche. Allerdings werde eine Einheit ein Duschbad und die andere zwei Duschbäder bekommen. So könne sie beispielsweise einer Familie die Einheit mit dem einzelnen Duschbad geben, sagt Flock. Müsse sie andrerseits ein Ehepaar, zwei einzelne Personen und eine alleinerziehende Mutter unterbringen, bekämen diese die drei Zimmer plus Küche und den zwei Duschbädern. "Unsere Aufgabe ist es, den Menschen die Räume so zuzuteilen, dass es möglichst wenig Konflikte gibt; das ist das Prinzip", so Flock.
Komplett gleich sind die drei Blöcke am Ende aber doch nicht. Im ersten Kubus werden neben den Hauswirtschaftsräumen mit Waschmaschinen auch die Verwaltung und die Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma untergebracht sein. Letztere würden darauf achten, dass niemand aufs Gelände käme, der dort nicht hingehöre, so Flock. Das solle den Flüchtlingen Sicherheit geben.
Geliefert bekommt die Gemeinde Ritterhude die Container von einer Firma in Bremen. Bis auf Küchenzeile und Sanitäranlagen sind sie leer. Die Möbel für die übrigen Räume hat die Gemeinde bestellt. Sie warten darauf, beim Lieferanten abgerufen zu werden. Nach den Maßen gefragt, erklärt Flock, dass ein Zimmer um die 13 Quadratmeter habe. Nicht viel. Aber im Unterschied zu regulären Sammelunterkünften würde die Container-Lösung Privatsphäre bieten. Weiter berichtet Genia Flock, dass die Gemeinde für jeden Wohnblock einen separaten Mietvertrag für die Container geschlossen hat. So könne sie flexibel auf den Bedarf reagieren.
Aktuell geht Ritterhude davon aus, dass sie laut Quote bis zum 31. August dieses Jahres 120 Flüchtlinge aufnehmen muss. "Wir stehen Gewehr bei Fuß, denn wir wissen ja nicht, was passieren wird." Aktuell hätten sie noch Platz für etwa 30 Personen, da einige Flüchtlinge aus der Unterkunft am Dammgut ausgezogen seien, überschlägt sie. Dadurch habe sich die Lage in der Gemeinde ein bisschen entspannt. Trotzdem hoffe sie, dass sie das Container-Dorf bis zum 1. Juni in Betrieb nehmen können. "Wenn alles weiterhin so klappt, werden alle drei Einheiten Mitte, Ende Mai bautechnisch stehen", bestätigt Stefan Berndt. Dann könnte das Deutsche Rote Kreuz, das das Flüchtlingsdorf betreiben wird, mit dem Einrichten beginnen.