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Flüchtlinge aus der Ukraine Bürger zeigen Verständnis für Container-Dorf in Ihlpohl

Ritterhude informierte bei einer Versammlung in Platjenwerbe über die geplante Container-Anlage auf dem Parkplatz der ehemaligen Walmart-Filiale. Kritik verpufft.
21.12.2022, 06:35 Uhr
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Bürger zeigen Verständnis für Container-Dorf in Ihlpohl
Von Peter von Döllen

An mehreren Stellen brandete Beifall auf im Dorfgemeinschaftshaus in  Platjenwerbe. Der dürfte nicht nur Bürgermeister Jürgen Kuck beruhigt haben. Vor allem zu Beginn der Versammlung kam Kritik am geplanten Container-Dorf auf dem Parkplatz der ehemaligen Walmart-Filiale auf. Und einzelne Anwesende fielen auch mit Anschuldigungen an die Gemeindeverwaltung auf, die aber eher allgemein gehalten waren. Worauf sie faktisch hinzielten, war nicht zu erkennen. Jürgen Kuck und Genia Flock, die in Ritterhude für Sicherheit und Ordnung zuständig ist, mussten sich Sprüche wie  "Die Politiker lernen einfach nicht dazu" anhören. Kuck konterte: "Sie bekommen ihre Aggressivität nicht in den Griff." Und: "Ich bin hierher gekommen, um freundlich über die Container-Anlage zu informieren."

Auch Hans-Rudolf Gfrörer, Vorsitzender des Ritterhuder Gemeinderates, war zunächst skeptisch. "Ich war mir anfangs nicht sicher, wie die Stimmung hier ist." Der größte Teil der rund 120 Teilnehmer war jedoch positiv gestimmt. Sie diskutierten sachlich, wie sie den Flüchtlingen, die wohl im kommenden Jahr in Ihlpohl untergebracht werden, helfen könnten. Verschiedene Personen und Institutionen haben Ideen, die sie nun einbringen wollen.

Vereinzelte Kritik

Dennoch: Es kamen auch noch einzelne Nachfragen, die nicht so einfach einzuordnen sind. Ein Mann wollte wissen, wie die Gemeinde wissen könne, wie viele Schüler unter den Flüchtlingen sind. Kuck hatte zuvor die Lage als Kriterium genannt. Vom ehemaligen Parkplatz wären die Grundschulen in Platjenwerbe und Ihlpohl erreichbar, was zu einer besseren Verteilung auf alle Schulen führen dürfte. Die Zahl der Schüler, 30 wurden genannt, könne keiner vorhersagen. Sie sei aus der Erfahrung mit dem ersten größeren Wohnprojekt in Alt-Ritterhude geschätzt worden. 

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Ein anderer Ritterhuder führte die Befürchtung an, dass hiesige Eltern keinen Platz im Hort bekommen könnten, wenn die ukrainischen Kinder - die Containerlösung ist nur für Flüchtlinge von dort gedacht, wie Genia Flock auf Nachfrage informierte - dort untergebracht würden. Jürgen Kuck machte keinen Hehl daraus, dass die Lage bei den Kindertagesstätten, unter anderem wegen Personalnot, angespannt ist. Die Ukrainer würden normal in das Aufnahmeverfahren aufgenommen. 

"Keine paradiesischen Zustände"

Eine Anwesende kritisierte "die Massenunterkunft" und schilderte eigene Erfahrungen als Kind in solchen Anlagen, die sie nach der Wende gemacht habe. Eine solche Situation könne keinem zugemutet werden. Der Krieg laufe seit Februar. "Warum kann man nicht besser planen?", fragte sie. Die Unterbringung müsse kleinteiliger erfolgen. Ein anderer fühlte sich nicht rechtzeitig informiert. 

"Die Planung lief sehr kurzfristig", wehrte sich Genia Flock. Keiner könne etwas für die Lage. Ihr Chef sprang ihr bei. Ritterhude habe sehr früh nach Wohnungen und Häusern gesucht und die auch genutzt. Jetzt gebe es kaum noch freien Raum. Und Ritterhude müsse weitere Flüchtlinge aufnehmen - das sei Fakt. "Wir sind nicht in der Lage, paradiesische Zustände zu schaffen", bedauerte der Bürgermeister. 

Keine Erweiterung geplant

Genia Flock geht zudem davon aus, dass die Container-Anlage nicht reichen werde, um mittelfristig alle zugewiesenen Menschen unterzubringen. Sie ist für bis zu 120 Personen ausgerichtet. Bei dem ehemaligen Walmart-Gebäude werde es aber keine Erweiterung geben. Da müsse nach anderen Standorten gesucht werden. Das alte Walmart-Gebäude wird laut Eigentümer in den kommenden zwei Jahren abgerissen - völlig unabhängig vom Container-Dorf. Die Gemeinde plane dort nichts weiter, versicherte die Verwaltungsvertreterin vorsichtshalber. 

Und sie brachte gleich einen weiteren Punkt auf den Tisch: Die Unterbringung koste viel Geld. Das belaste den Ritterhuder Haushalt aber nicht. Die Kosten übernehme der Landkreis. 

Große Hilfsbereitschaft

Wie es scheint, wollen aber viele Bewohner ehrenamtlich mitwirken, um den Ukrainern ihren Aufenthalt zu erleichtern. Spontan trugen sie sich in eine Liste ein. Wer nicht an dem Informationsabend teilnehmen konnte, aber mithelfen will, kann sich bei Genia Flock unter der Mailadresse ordnungswesen@ritterhude.de melden. Auch Jürgen Kuck (04292/ 88 91 00) steht telefonisch zur Verfügung, wie er versichert.

Zur Sache

Keine Flüchtlinge in Jugendherberge

Genügend Plätze für geflüchtete Menschen aus der Ukraine hat Worpswede inzwischen, aber nun kommen keine Flüchtlinge. In Abstimmung mit dem Landkreis Osterholz hat die Gemeinde für zwei Jahre die Jugendherberge gemietet. Zunächst sollten dort 77 Personen aus der Ukraine, die vor dem russischen Angriffskrieg aus ihrem Heimatland geflüchtet sind, untergebracht werden. Ab dem 1. Januar nächsten Jahres sollten es 100 Menschen sein, bei voller Auslastung sei Platz für 130 Flüchtlinge. Am 1. November sollte die Aufnahme beginnen. „Dann hieß es, es werde bis zum 14. November dauern, und jetzt sieht es so aus, dass erst Anfang Januar die ersten Menschen einziehen“, so Bürgermeister Stefan Schwenke am Rande der vergangenen Worpsweder Gemeinderatssitzung. Der Landkreis habe nämlich seine Quote, ebenso wie das Land Niedersachsen, bereits übererfüllt. Das könne sich aber in Abhängigkeit vom Kriegsverlauf schlagartig ändern. Der Ritterhuder Bürgermeister Jürgen Kuck berichtete bei einer Info-Veranstaltung, dass Worpswede zuerst Flüchtlinge aufnehmen soll. Das Container-Dorf in Ihlpohl ist vermutlich erst im März kommenden Jahres bezugsbereit.

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