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Zwei Jahre Haft zur Bewährung Kinderpornografie gesammelt

Wegen des Besitzes und Verbreitens von kinder- und jugendpornografischen Bildern ist ein Ritterhuder zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden - auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.
07.05.2021, 05:13 Uhr
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Von Friedrich-Wilhelm Armbrust

Wegen des Besitzes und Verbreitens von kinder- und jugendpornografischen Bildern hatte sich ein 52-jähriger Ritterhuder vor dem Schöffengericht zu verantworten. Mehr als 3784 kinderpornografische und 320 jugendpornografische Dateien stellte die Polizei bei ihm sicher. Der Angeklagte räumte den Tatvorwurf, der sich auf einen Zeitraum von Anfang März 2017 bis Mitte Oktober 2019 bezog, offen ein. „Ich habe mir aber dabei nichts gedacht. Ich bereue das auch“, sagte er vor Gericht aus. Er wisse nicht, was ihn da geritten habe. Dabei sei er, so der 52-Jährige, auf einer Seite im Internet nur für Erwachsene unterwegs gewesen. „Da war keine Seite dabei, wo man Kinder kennenlernen konnte.“

Bei diesem Rechtsbruch steht einiges auf dem Spiel. Denn wer kinderpornografische Inhalte verbreitet, erwirbt und besitzt, wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Kinderpornografisch ist der Inhalt laut Gesetz unter anderem, wenn es um „sexuelle Handlungen von, an oder vor einer Person unter vierzehn Jahren“ geht. Auch zählt dazu „die Wiedergabe eines ganz oder teilweise unbekleideten Kindes in aufreizend geschlechtsbetonter Körperhaltung“.

In diesem Fall rangen das Schöffengericht unter Vorsitz von Strafrichterin Johanna Kopischke, die Staatsanwältin und der Verteidiger des Angeklagten nicht nur um ein angemessenes Strafmaß. Es ging den Juristen auch darum, die Motivation des Ritterhuders auszuloten. Dabei war zu spüren, dass ihm das sichtlich unangenehm war. Er versuchte die Nutzung der Dateien lediglich als ein Sammeln darzustellen. „Ich habe mir nichts dabei gedacht.“ Seine Chat-Partnerinnen waren nach Aussage des 52-Jährigen Frauen aus Ghana. Die Gespräche seien auf englisch verlaufen. „Hat Sie das erregt?“, fragte Richterin Kopischke. „Nein“, war die Antwort. Die Richterin bohrte aber weiter. „Wenn man so etwas sammelt, verfolgt man ein Ziel und hat eine Motivation.“ Es könne um sexuelle Erregung gehen, hielt sie dem Angeklagten vor Augen. Ob er den Wunsch habe, mit Kindern sexuell zu verkehren, fragte die Richterin weiter. Auch dies verneinte der Angeklagte.

„Sie schreiben in eine bestimmte Richtung“, hielt der Verteidiger seinem Mandanten vor Augen. „Menschen empfinden etwas dabei, wenn sie solche Unterhaltung führen“, machte der Anwalt dem 52-Jährigen bewusst. Dies räumte der Angeklagte dann doch ein. Für den Verteidiger war klar, dass die hohe Anzahl der Dateien auf „eine erhebliche Leidenschaft“ hinweise. Hinzu komme, dass sich nach seiner Einschätzung das nichtreale Leben seines Mandanten mit dem realen vermische. „Aber er ist nicht jemand, der sich ein Kind von der Straße holt und ihm etwas tut“, versicherte er für seinen Mandanten. Letztlich habe der Ritterhuder den Tatvorwurf eingeräumt, „auch wenn es ihm schwerfällt“. Das Verhalten des Angeklagten bezeichnete der Anwalt als „nicht normal“. „Er hat aber verstanden, dass das nicht in Ordnung war und dass er das nicht darf.“ Der Verteidiger legte dem 52-Jährigen denn auch eindringlich nahe, sich Hilfe zu suchen.

„Wir können die Taten hier nicht kleinreden. Das ist eine große Sammlung“, betonte die Strafrichterin in ihrer Urteilsbegründung. Auch sie sprach sich dafür aus, dass sich der Angeklagte um „professionelle Hilfe“ kümmere. „Bei einer Vorliebe für solche Dateien braucht man psychologische Hilfe. Ich bitte Sie inständig, nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch“, appellierte die Vorsitzende an den Ritterhuder, der noch keine Eintragungen im Bundeszentralregister hat. Denn das sei schrecklich, was da mit Kindern passiert, gab sie ihm zu bedenken. „Wir hoffen nun, dass das Urteil Sie wachgerüttelt hat.“

Die Staatsanwältin hatte eine Gesamt-Freiheits-Strafe von zwei Jahren und fünf Monaten beantragt. Freiheitsstrafen von mehr als zwei Jahren können nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Verteidiger legte eine Gesamt-Freiheits-Strafe von zwei Jahren und eine Geldauflage nahe. Das Schöffengericht verurteilte den Ritterhuder letztlich zu einer Gesamt-Freiheits-Strafe von zwei Jahren. Es setzte die Strafe für drei Jahre zur Bewährung aus. Der 52-Jährige hat sich auch einem Bewährungshelfer zu unterstellen. Außerdem soll er eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro in Raten an den Weißen Ring zahlen.

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Die Laienrichter

Der 54-jährige Klaus Paar aus Grasberg ist seit 2014 Schöffe am Amtsgericht in Osterholz-Scharmbeck. Es ist seine zweite Amtszeit als sogenannter Laienrichter. Das Schöffengericht am Amtsgericht ist in der Regel mit einem hauptamtlichen Richter oder Richterin und zwei Laienrichtern besetzt. Damit ist Paar einer von zwölf Schöffen und acht Ersatzschöffen an unserem Amtsgericht. Sechs davon sind Schöffen und vier Ersatzschöffen im Jugendgericht. „Die Schöffentätigkeit ist sehr lehrreich“, sagt der Grasberger. Er stehe dabei in der Verantwortung, ein angemessenes Maß hinsichtlich der Verurteilung zu finden. „Das muss nicht zu liberal und nicht zu extrem sein. Das muss ein gutes, gerechtes Urteil sein.“

Die Amtszeit der Schöffen läuft derzeit vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2023. Über die endgültige Zusage als Schöffe entscheidet der Schöffenwahlausschuss. Er ist beim Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck angesiedelt. Das Schöffengericht im Amtsgericht ist zuständig für die Fälle der mittleren Kriminalität. Es tritt dann zusammen, wenn die Straferwartung des zu verhandelnden Falles zwischen zwei und vier Jahren Freiheitsstrafe liegt. „Das ist eine Rechtssprechung aus dem Volk für das Volk zu des Volkes Nutzen“, sagt Schöffe Paar. Das Gerichtsverfassungsgesetz sieht bereits seit über 140 Jahren die Beteiligung von Männer und Frauen als Schöffen in der Strafjustiz vor.

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