„Die Blumenthaler Aue gehört zu den wenigen Geestrandbächen im Landkreis Osterholz, die auf mehreren Teilstrecken noch sehr naturnah ausgebildet sind“, sagt Jutta Kemmer von der Biologischen Station Osterholz (Bios). In einem aktuellen Schreiben der Koordinationsstelle für naturschutzfachliche Verbandsbeteiligung (KNV) an den Landkreis Osterholz fordern mehrere Umwelt- und Naturschutzverbände der Region eine Ausweitung des geplanten Naturschutzgebiets Blumenthaler Aue.
Als Fließgewässer, das durch die sandig-lehmige Geest fließt, ist dieser Bach anders als die schnell strömenden Bäche im Gebirge: Geestbäche zeigen eine eher gleichmäßige Wasserführung, weniger wilde Strömung und abwechslungsreichen Untergrund, wobei Kies- und Sandbänke, Schlamm und dichte Pflanzenbestände einander abwechseln. Anders als im Bergbach sind Temperaturen, Fließgeschwindigkeiten und damit Sauerstoffgehalte in Geestbächen meist ungleichmäßig verteilt. So kann sich eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt entfalten: Eintagsfliegenlarven leben im und auf dem Boden, zahlreiche Schnecken- und Köcherfliegenarten auf Wasserpflanzen, und Wasserkäfer und -wanzen besiedeln den freien Wasserkörper.
Über weite Strecken verrohrt
In der Osterholzer Geest, im Bereich Brundorf entspringend, fließt die Blumenthaler Aue über 16 Kilometer und mündet in die Weser. In ihrem Verlauf nimmt sie mehrere weitere Geestbäche auf, zum Beispiel die Brundorfer Beeke und die Eggestedter Beeke, an der Burg Blomendal auch die Beckedorfer Beeke. Seit dem Jahre 1928 dient das Wassereinzugsgebiet der Blumenthaler Aue über das Wasserwerk Blumenthal auch der Trinkwassergewinnung. Dieser Geestbach zeigt zwei Gesichter zwischen starker Verbauung und weitgehender Naturnähe: In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurden Teilbereiche der Blumenthaler Aue entscheidend umgestaltet: über weite Strecken begradigt und teilweise sogar verrohrt. Besonders der Bremer Bereich ist stark verbaut: Der Geestbach verläuft teils zwischen Betonwänden, und Kiesufer und Totholz im Wasser – wichtige Voraussetzungen für Fischreichtum – fehlen. Hinzu kam die intensive landwirtschaftliche Nutzung ringsum, durch die in erheblichem Maße Nährstoffe in die Blumenthaler Aue gelangten.
Doch vor allem im niedersächsischen Teil gibt es auch noch naturnahe Bereiche mit Altarmen und Mäandern. Das Schreiben der KNV fasst den hohen Naturschutzwert von Teilstrecken der Blumenthaler Aue zusammen: In mehreren Untersuchungen konnten Fischarten wie Flunder, Steinbeißer, Rotauge und Flussbarsch nachgewiesen werden, darunter auch gefährdete Arten wie der Aal und die Meerforelle und der Bitterling sowie das Flussneunauge, das zu den Rundmäulern gehört. Von 102 erfassten Arten größerer Wirbellosenarten, die in oder auf der Gewässersohle leben, stehen acht auf der Roten Liste. Der Geestbach hat auch Bedeutung für Vogelarten, die kleine fließende Gewässer besiedeln wie Wasseramseln, die dort wahrscheinlich überwintern, sowie Gebirgsstelze und Eisvogel. Ebenso ist die Bachniederung als Wanderkorridor für den Fischotter geeignet. Auch die Wasserfledermaus nutzt den Bach als Jagdrevier, die angrenzenden Wälder und Offenlandbereiche besiedeln zahlreiche weitere Fledermausarten.
Naturschutzgebiet soll erweitert werden
Mit Renaturierungsmaßnahmen sollte vor allem ein Wanderhindernis für Fische in der Blumenthaler Aue beseitigt werden: Im Jahre 2008 hat der Landkreis Osterholz an der Brücke zwischen Eggestedt und Brundorf eine Sohlgleite geschaffen: Ihre Kiesschicht und Feldsteine sollen den Tieren wieder das Passieren ermöglichen.
Bereits vor 20 Jahren war geplant, die Blumenthaler Aue und ihr Einzugsgebiet bei Wölpsche in Beckedorf als Naturschutzgebiet auszuweisen. Die KNV begrüßt die aktuelle Planung des Landkreises, den lange zurückliegenden Antrag zu realisieren, fordert jedoch eine Erweiterung der Gebietskulisse für das geplante Naturschutzgebiet, weil in den letzten Jahren die Wasserqualität stark beeinträchtigt worden sei: Über neu angelegte Drainagen, Grüppen und Gräben würden Nährstoffe in das Gewässer eingetragen, so Jutta Kemmer im Schreiben des KNV – was dem „Verschlechterungsverbot“ der Wasserrahmenrichtlinie widerspricht. „Auf der Höhe von Beckedorf mussten wir den großflächigen Umbruch von Dauergrünland und die Zerstörung von Hecken im Niederungsbereich der Blumenthaler Aue feststellen“, schreibt Jutta Kemmer. Die Landschaftsschutzgebiets-Verordnung biete keine Handhabe, Verbote für ein derartiges Vorgehen auszusprechen oder zu ahnden. Wichtig sei eine geschlossene Grasnarbe und eine effektive Begrenzung der Düngung. Die Umweltverbände, die in der KNV vertreten sind, fordern eine Erweiterung der Naturschutzgebietskulisse von der Quelle bis zur Landesgrenze Niedersachsen-Bremen.