Schwanewede. Von der Hauptstraße geht es links ab, dann einige Kilometer geradeaus. Kurz hinter dem Ortseingangsschild dann noch einmal links abbiegen. Knapp drei Minuten später liegt das Haus zur Linken. Hier, in Hinnebeck, wohnt Arno Seebeck mit seiner Frau Bettina. Drinnen und draußen können sich die Enkelkinder austoben. Derweil passt Opa auf sie auf. Langweilig dürfte es demnach für Arno Seebeck nicht werden. Noch aber ist er Geschäftsführer des Wasser- und Abwasserverbandes Osterholz (WAV).
Diese Zeit endet in wenigen Tagen, am 1. April. „Die Entscheidung darüber ist im Silvesterurlaub gefallen“, erwähnt er eingangs. In diesem Moment betritt Arno Seebecks Frau Bettina das große Wohnzimmer. Perfekt drapiert sie alles das, was zu einem guten Frühstück gehört, auf dem Esstisch. Ihre Art, die Aufschnittteller zu tragen, verrät: Bettina Seebeck ist in einer Gastronomie-Familie aufgewachsen. Ihrer Familie habe der „Rekumer Hof“ gehört, meint sie lächelnd.
Arno Seebeck schenkt sich die Tasse voll. Tee muss es wohlgemerkt sein, Kaffeetrinker wie sein Frühstücksbesuch ist er nicht. „Ich habe überhaupt nicht daran gezweifelt“, sagt er zu seiner Entscheidung, nach über 20 Jahren beim WAV einen Schlussstrich zu ziehen: „Davon können beide profitieren.“ Und genug um die sprichwörtlichen Ohren habe er allemal, lässt Arno Seebeck beim Schnitt ins erste Brötchen durchblicken. Überhaupt: „Ich habe immer viel gearbeitet.“ Damit, so findet der gelernte Zimmerer, solle jetzt Schluss sein.
Renovierungen und Golf
Stattdessen hat sich Arno Seebeck vorgenommen, dringend notwendige Renovierungen am Haus in Angriff zu nehmen. Und lachend fügt er hinzu: „Ich habe ja auch noch ein zeitintensives Hobby.“ Arno Seebeck spielt Golf beim Golfclub Bremer Schweiz.
Der Blick in die Vergangenheit ist für den Noch-WAV-Geschäftsführer auch der in die Zukunft. Bevor der 62-Jährige beim Zweckverband anfing, war er bei der Gemeinde Schwanewede im Bauamt und als Bauleiter in der freien Wirtschaft in Aktion. Zum damaligen Wasserversorgungsverband „West“ kam Arno Seebeck in einer wichtigen Phase: Die Gemeinde schickte sich an, ihr Kanalnetz in die Hände des Zweckverbandes zu legen, weil unter anderem die gesetzlichen Anforderungen verschärft worden waren. Die aber konnte die Gemeinde mit ihrer damaligen Kläranlage nicht mehr erbringen. Der Ausweg: Das Abwasser aus Schwanewede wird ins Klärwerk Bremen-Farge gepumpt.
Der Kniff mit dem Zusammenschluss
Was für Außenstehende Sinn macht, stieß in der Gemeinde auf Widerstand. Oder wie es Arno Seebeck ausdrückt: „Es gab große Diskussion in der Gemeinde.“ Nach dem Biss in sein Brötchen lässt er das Ende des Ganzen Revue passieren: „Schwanewede konnte gar nicht anders, weil die Gemeinde sonst die Zuschüsse, die sie schon bekommen hatte, hätte zurückzahlen müssen.“ Dann war nur noch ein Problem zu lösen: Der damalige Wasserverband „WEST“ durfte keine Abwasserentsorgung machen. Also schloss er sich mit dem zweiten Zweckverband im Landkreis zusammen: Im Jahr 2000 entstand aus dem Wasserverband „West“ und dem Wasser- und Abwasserverband „Nord-Ost“ der heutige WAV.
Dass die Entscheidung von damals genau die richtige war, lässt Arno Seebeck beim Griff zum Käse durchblicken. Vor allem beim Blick auf das Jetzt ist für ihn klar: Eine Gemeinde alleine hätte die Anforderungen in Sachen Trinkwasserversorgung und Abwasserwirtschaft nie und nimmer stemmen können. Die Belastung des Trinkwassers mit allerlei Substanzen wie Nitraten und das Abdecken der steigenden Entnahmespitzen aufgrund der zunehmenden Trockenheit bezeichnet Arno Seebeck als die beiden größten Herausforderungen der Zukunft.
Netzkapazität hinkt hinterher
„Wir haben das Netz nicht so ausgebaut“, sagt er, „aber das Wasser muss ja da durch, und zwar bis nach Harriersand“. Arno Seebeck nippt kurz an seiner Tasse und erklärt den Grund dafür, dass die Netzkapazität den aktuellen Anforderungen hinterher hinkt: „Bis vor fünf Jahren hatten wir rückläufige Abnahmemengen. Die Kampagnen zum Wassersparen zeigten Wirkung.“ Die Klimakrise habe indes einen Wandel bewirkt. Darauf könne der WAV mit Investitionen und dem Bau in ein leistungsfähigeres Netz „als leichteren Teil“ reagieren. „Schwerer ist es, darauf zu reagieren, was die Natur macht“, sagt er.
Und dann ist da noch die große Denksportaufgabe, die mit „Abwasser“ überschrieben ist. Vor allem der Umgang mit dem anfallenden Klärschlamm hat Arno Seebeck in der Vergangenheit manch eine Denkerfalte beschert. Aber damit ist es ja bald vorbei – nicht nur, weil Arno Seebeck in den Ruhestand geht, sondern auch deshalb, „weil wir ja die Faulung bauen“. Sie entsteht im Klärwerk Hambergen und dient auch zur Energieversorgung.
Natürlich beschäftigen nicht nur den WAV diese und andere Fragen. Deshalb tauschen sich die Verbände auf unterschiedliche Weise aus. Das geht unter anderem bis hinunter nach Österreich. Aber auch vor Ort gibt es einen Austausch: über die Kooperation der Wasserversorgungsverbände Elbe-Weser-Raum, kurz Kowas. Laut Internetseite sind es elf Wasserversorgungs- und Abwasserverbände. Sie versorgen rund 870.000 Menschen. Für diese Verbände hat Arno Seebeck am Ende des Frühstücks einen Rat für die Zukunft: „Das sind keine Probleme, das sind Anforderungen.“