Die Gemeinde Schwanewede ist als Standort für ein Umspannwerk im Gespräch. Hintergrund sind Pläne des deutsch-niederländischen Stromnetzbetreibers Tennet für den Neubau einer Höchstspannungsleitung zwischen Dollern im Landkreis Stade und Elsfleth im Landkreis Wesermarsch.
Es geht um die Modernisierung der sogenannten Elbe-Weser-Leitung. Wie der Netzbetreiber mitteilt, ist ein Ersatzneubau der vorhandenen 380-Kilovolt-Leitung vom Umspannwerk Dollern bis zur Schaltanlage Elsfleth/West vorgesehen. Sie durchquert auf einer Länge von rund 100 Kilometern die Landkreis Stade, Rotenburg/Wümme, Cuxhaven, Osterholz und Wesermarsch sowie Bremen-Nord. "Ziel ist eine Kapazitätserhöhung der Elbe-Weser-Leitung von circa 2200 Ampere auf 4000 Ampere durch eine leistungsfähigere 380-KV-Wechselstrom-Freileitung", heißt es in der Information des Betreibers. Die alte Leitung werde zurückgebaut, die Inbetriebnahme der neuen sei für 2031 geplant.
Im Bundesbedarfsplan ist der Neubau der Elbe-Weser-Leitung als Vorhaben Nummer 38 enthalten. Der Plan legt fest, wo in Deutschland neue Stromleitungen gebaut werden müssen, um dem wachsenden Bedarf an Kapazitäten für den Stromtransport gerecht zu werden. Im aktuellen Entwuf des Netzentwicklungplans Strom 2035, den die Netzbetreiber im April dieses Jahres der Bundesnetzagentur übermittelt haben, firmiert das Tennet-Vorhaben als Projekt P23. Dort heißt es zum künftigen Trassenverlauf: "Bei der Ablösung der bestehenden durch die neue Leitung orientiert sich die Planung an der Bestandstrasse." Abweichungen seien aber möglich, etwa um Abstände zu Siedlungen zu erhöhen oder "bestehende Belastungen für den Naturraum zu verringern".
Der konkrete Verlauf der neuen Leitung wird laut Tennet in einem Raumordnungsverfahren festgelegt. In die künftige Trasse sind nach Angaben des Unternehmens vier bestehende Umspannwerke beziehungsweise Schaltanlagen einzubinden. Laut Angaben im Netzentwicklungsplan-Entwurf sollen die 380-KV-Schaltanlagen in Dollern und Alfstedt verstärkt werden. Zur Elbe-Weser-Leitung gehört auch das Umspannwerk Bremen-Farge. Dazu heißt es: "Aufgrund von lokalen Gegebenheiten muss das Umspannwerk Farge an geeigneter Stelle neu errichtet werden."
Laut Tennet ist zusätzlich "der Neubau eines Umspannwerkes im Bereich der Gemeinden Hagen im Bremischen oder Schwanewede" geplant. Vom Unternehmen heißt es dazu weiter: "Der genaue Standort und die Größe des Umspannwerkes sind abhängig von dem im Raumordnungsverfahren zu ermittelnden Trassenkorridor, daher wird auch die Lage des neuen Umspannwerksstandortes Teil des Raumordnungsverfahrens sein."
Sie sei von Tennet telefonisch über die Pläne für ein mögliches Umspannwerk für Schwanewede informiert worden, sagt Bürgermeisterin Christina Jantz-Herrmann. "Ich war ein bischen perplex und auch unerfreut." Anderthalb Wochen zuvor habe es vom Unternehmen noch geheißen, es gehe nur um eine neue Leitung. In dem Telefonat habe das Unternehmen als möglichen Standort "den nördlichen Bereich von Schwanewede, voraussichtlich Meyenburg" benannt. Als eventuellen Größe der Anlage habe Tennet 15 Hektar angegeben.
In Schwanewede ist man von den Umspannwerk-Plänen nicht begeistert. "Ich sehe das sehr kritisch. Meyenburg ist jetzt schon durch Windkraft-Anlagen belastet. Ein Umspannwerk wäre noch mal eine weitere große Belastung", sagt die Bürgermeisterin. Sie erwarte vom Netzbetreiber, "dass er zu seiner ursprünglichen Planung zurückkehrt." Mit dem Thema wird sich laut Jantz-Herrmann in Kürze auch die Politik beschäftigen. Zur Sitzung des Planungsausschusses am 8. Juli soll ein Vertreter von Tennet eingeladen werden. Die Gemeinde werde ihre Bedenken auch im Raumordnungsverfahren vorbringen.
Zuständig für das Verfahren ist das Amt für regionale Landesentwicklung in Lüneburg. Das Raumordnungsverfahren prüft, "ob und wo die neue Stromleitung beziehungsweise das neue Umspannwerk raum- und umweltverträglich errichtet werden kann", heißt es von der Behörde. Zur Vorbereitung will das Amt in einem ersten Schritt die betroffenen Gemeinden, Landkreise, Fachbehörden und Naturschutzvereinigungen an einen Tisch holen. Im Rahmen von Videokonferenzen am 14. und 15. Juli. Das Raumordnungsverfahren sieht auch eine Beteiligung der Öffentlichkeit vor. "Dies ist derzeit für das Jahr 2022 vorgesehen", heißt es aus Lüneburg.
Tennet selber will laut Insa Balssen, Referentin für Bürgerbeteiligung beim Netzbetreiber, "frühzeitig mit den Menschen in der Region in Kontakt treten", um über das Vorhaben zu informieren. "Noch vor Start des formellen Raumordnungsverfahrens sind erste umfangreiche Dialog- und Informationsveranstaltungen geplant", kündigt sie an.