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Ziegenhof in Schwanewede Längeres Leben für Bockkitze

Gwendolyn Manek vermarktet Bockkitzfleisch in ihrem Hofladen. Die Geschäftsführerin der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Anbauverbandes Bioland beschert Ziegenböcken auf ihrem Hof mehr Lebenszeit.
20.10.2021, 21:00 Uhr
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Von Imke Molkewehrum

Ziegengulasch, Zicklein auf Rotkraut oder Ziege am Spieß und dazu ein kräftiger Rotwein: Die Liste der Rezepte ist lang. In vielen Ländern gilt Ziegenfleisch als Delikatesse, hierzulande ist es aber noch ein Nischenprodukt. Das möchte die 34-jährige Schwanewederin Gwendolyn Manek ändern. "Meine Mission ist es, die Ziegenböcke aufzuziehen und den Menschen zu vermitteln, wie schmackhaft das Fleisch ist. Dass ich ausschließlich männliche Tiere halte, ist bundesweit einzigartig." Ihr Motiv: Sie will den männlichen Ziegen, also den Bockkitzen, die normalerweise zu Tierfutter verarbeitet werden, ein längeres Leben bescheren. Das klingt zunächst absurd, macht bei genauer Betrachtung aber Sinn.

Bockkitze werden auf anderen Höfen kurz nach ihrer Geburt getötet. "Die leben nur zwei bis drei Wochen", sagt die Agrarwissenschaftlerin. Für die Zucht brauche man nur ein bis zwei Böcke. Manek geht aber bewusst einen anderen Weg: Von einer Freundin, die für die Milchproduktion nur weibliche Ziegen hält, übernimmt die Landwirtin jeweils ab März alle Ziegenböcke. Die Arten: Bunte und Weiße Deutsche Edelziege sowie Französische Poitevine. Manek: "Bei mir auf dem Furth-Hof werden sie dann frühestens mit sieben Monaten geschlachtet und ich rate dringend dazu, das Bockkitzfleisch zu probieren. Zu Unrecht wird es mit einem strengen Geschmack verbunden. Vielleicht hat der Geschmack von Hammelfleisch das Image versaut." 

Ziegenböcke gelten für größere Betriebe zudem als wertlos, weil sie keine Milch geben und nur langsam Fleisch ansetzen. Trotzdem gibt die Schwanewederin nicht auf. Zur Schlachtung bringt Gwendolyn Manek ihre Ziegenböcke ins 19 Kilometer entfernte Sandstedt. Keule, Lachs oder Schulter der Bockkitze vermarktet sie direkt auf ihrem Hof. Aus Nacken und Bauch macht der Schlachter Mortadella, Salami und Leberwurst, die Manek in ihrem neuen Hofladen anbietet." Inzwischen seien auch Freunde und Verwandte auf den Geschmack gekommen. "Die haben früher nie Ziegenfleisch gegessen. Jetzt sind sie begeistert und holen sich bei mir das Fleisch."  

Einmal im Monat wählt die Schwanewederin drei bis sechs Tiere aus. "Der Schlachttag ist schlimm. Ich gehe durch die Herde und muss mich entscheiden, dabei kenne ich die Tiere von Geburt an, bin jeden Tag im Stall und geh' mit ihnen über die Weide." Aber das Konzept erfordere die Schlachtung, betont die 34-Jährige und fügt hinzu: "Ich schenke den Bockkitzen immerhin ein gutes Leben." Für die Zukunft erhofft sie sich, dass der Hofladen die Kosten für die Landwirtschaft trägt. Derzeit gibt sie – neben ihrem hauptamtlichen Job bei Bioland – auch Kochkurse und bietet Führungen an. 

Es ist ein 14-Stunden-Tag, aber schon zu Schulzeiten habe sie die "abstruse Idee" gehabt, einen Hof zu führen, sagt Manek. "Außerdem hatte ich immer die Liebe zu den kleinen Wiederkäuern. Es war ein echter Kindheitstraum, für den ich sogar mein Konfirmationsgeld gespart habe." Vor zwei Jahren hat sie sich diesen Traum erfüllt. Manek: "Vision und Hof haben perfekt zusammen gepasst." Inzwischen bewohnt und bewirtschaftet sie das Gehöft mit Unterstützung ihrer Wohngemeinschaft und Familie: ein Bauernhaus mit Ställen, Nebengebäuden und 6,5 Hektar Grünland.

Ein Paradies für die derzeit rund 80 Bockkitze, die inzwischen allerdings schlachtreif sind und sukzessive getötet werden. "Maximal leben sie eineinhalb Jahre, und ab März kommen dann die neuen Kitze zur Welt", sagt Manek. Nur die Ziegenböcke Anton und Sid bleiben für immer auf dem Hof. "Die sind jetzt vier Jahre alt und kennen die Routine. Sie zeigen den Neulingen den Weg auf die Weide und können zwölf bis 13 Jahre alt werden."

Zur Sache

Gwendolyn Manek

Gwendolyn Manek hat zunächst Betriebswirtschaft in Groningen studiert, dann Agrarwissenschaften in Kiel. Hauptberuflich ist sie Geschäftsführerin der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Anbauverbandes Bioland. Vorher hat sie aber schon als Beraterin für Schaf- und Ziegenhaltung gearbeitet. Auf ihrem Gehöft in Schwanewede hält die 34-Jährige nebenberuflich Bockkitze und bietet das Fleisch zum Kauf an. Offiziell eröffnet wird der Hofladen, Hinnebecker Furth 9, am Montag, 15. November. Um eine vorherige Anmeldung wird gebeten unter Telefon: 042 09 / 987 37 27. 

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