Leuchtenburg. Die Herren legen Wert auf Stil. Smoking, weißer Schal, weiße Handschuhe, Zylinder, Stockschirm und weiße Nelke sind das Markenzeichen der Ehrenwerten Gesellschaft Bremen-Vegesack. Am Freitag, 26. April, werden die Gentlemen aus dem Bremer Norden die ehrenwerte Aufgabe übernehmen, ein 50-Liter-Fass Bier nach Leuchtenburg zu kutschieren. Dort, im Lokal Bruns Garten, wird der Osterholzer Landrat Bernd Lütjen den Anstich vornehmen.
Bier in Fässern von A nach B zu bringen, darin sind die honorigen Herren geübt. Die Fahrt mit anschließenden Anstich hat Tradition: „Den ersten offiziellen Anstich gab es am 29. April 1983“, erzählt Mitglied Stephan Kloss. Damals floss noch Maibock in die Gläser, den gab es irgendwann aber nicht mehr im Fass. Seitdem füllt eine andere Biersorte das Fass, so haben die Herren die Tradition des Anstichs gerettet.
Die Idee dazu hatten 1982 die Nordbremer Kaufleute Heinz Wilhelm Oebker, Lutz Diedrich und Hans Ellmers. In der Bremer Innenstadt gab es damals schon einen Maibock-Anstich, in Bremen-Nord nicht. Das wollte das Trio ändern. Aus den ehrenwerten Kaufleuten wurde die Ehrenwerte Gesellschaft mit dem bis heute bekannten würdevollen Outfit.
Seitdem geht die Gesellschaft alljährlich am letzten Freitag im April in einem schmucken Gefährt auf Tour. Per Pferdekutsche und Schiff, auch mal in Oldtimer-Cabrios, haben sie den Gerstensaft schon aus der Innenstadt nach Bremen-Nord transportiert. Über 30 Jahre erfolgte der Anstich in der Strandlust, seit zwei Jahren nun in „Bruns Garten“ in Leuchtenburg. Am 26. April macht sich die Vereinigung in einem besonderen historischen Gefährt auf den Weg: einem 67 Jahre alten Borgward-Bus der Bremer Straßenbahn AG, laut Kloss der weltweit einzige noch vorhandene seiner Art.
Zwischenstopps in Gaststätten
Auf ihrem Weg nach Leuchtenburg mit 50 Litern Fassbier, gesponsert von der Inbev-Brauerei, werden die Herren traditionell Zwischenstopps in verschiedenen Gaststätten einlegen. „Das sind Kunden der Brauerei, denen wir einen Gutschein für ein 30-Liter-Fass Bier überbringen“, sagt Kloss. Das eine und andere Glas Gerstensaft wird der Ehrenwerten Gesellschaft dabei von den Wirten kredenzt. Früher sei es schon mal vorgekommen, dass die Herren schwankenden Schrittes am Ziel ihrer Tour eintrafen, erzählt Kloss. Das hat sich nach seinen Worten geändert. Inzwischen halten die Herren maß.
Ihren Zug durch die Gemeinde startet die EWG diesmal um 12.40 Uhr in St. Magnus, Unter den Linden 35. Von dort geht es zunächst nach Burglesum zu Smidt's Restaurant & Café beim Golf-Club Lesmona (13 Uhr). Die weiteren Stationen: Stagges in Osterholz-Scharmbeck (14.20 Uhr), der Hafenwirt Vegesacker Junge an der Straße Am Vegesacker Hafen (15.40 Uhr), die Gaststätte Zum Alois in der Breiten Straße (16.45 Uhr) und die Waldgaststätte Brunnenhof in Leuchtenburg. (18 Uhr). Um 19 Uhr wollen die Herren in Bruns Garten am Mühlenweg 14 einziehen.
Der Osterholzer Landrat Bernd Lütjen wird den Zapfhahn ins Fass schlagen, die Showband Centerfield sorgt mit Musik für Stimmung. Lütjen reiht sich ein in eine illustre Runde von Bürgermeistern, Senatoren und weiteren Honoratioren, denen in der Vergangenheit die Ehre des Fassbieranstichs zuteilwurde.
Neben ihrer vornehmsten Aufgabe, ein Mal im Jahr ein Fass Bier durch die Gegend zu kutschieren, tritt die Ehrenwerte Gesellschaft auch zu anderen Anlässen in Erscheinung. Zur alljährlichen Eröffnung der Matjessaison auf dem Bremer Marktplatz schlüpfen sie in ihre Smokings, ebenso zum Vegesacker Herbstmarkt, den sie mit eröffnen und zum Abschluss auch die Marktgesche zu Grabe tragen. „Wir begleiten im Jahr fünf bis sechs große Veranstaltungen“, so Kloss. Bei Schiffstaufen stehen die Herren Spalier, 2016 waren sie bei der Eröffnung des Borgward-Welt-Treffens in Bremen mit von der Partie.
Acht Herren zählt die Gesellschaft derzeit in ihren Reihen. Einfach bewerben geht nicht. „Die Mitglieder schlagen einen Kandidaten vor, der dann Gelegenheit bekommt, sich vorzustellen. Wenn wir das Gefühl haben, dass der Betreffende in die Gruppe passt, wird er zu einem Treffen der Ehrenwerten Gesellschaft eingeladen. Die Aufnahme muss am Ende einstimmig erfolgen“, erklärt Kloss, der seit 13 Jahren Mitglied ist. Der Beruf spiele keine Rolle. „Bei uns gibt es Akademiker ebenso wie Handwerker.“ Eine Voraussetzung gebe es: „Die Ehrenwerte Gesellschaft ist in Bremen-Nord gegründet worden. Deshalb legen wir Wert darauf, dass neue Mitglieder aus der Region kommen.“