Schwanewede. Ob in der Region oder in ganz Europa: Die Busse des Reisedienstes von Rahden sind überall unterwegs. Vor fast 75 Jahren wurde das Unternehmen mit Sitz in Schwanewede gegründet. Zwar hat der Familienbetrieb mittlerweile auch Busse in den Landkreisen Verden und Cuxhaven sowie in Kaliningrad stationiert, der Hauptsitz des Unternehmens ist aber Schwanewede. Hierherkommen auch alle Fahrzeuge, wenn sie gewartet oder repariert werden müssen.
Die Tätigkeitsfelder des Reisedienstes sind vielfältig. „Wir befördern täglich etwa 2200 Schüler“, sagt Hinrich von Rahden, Geschäftsführer des Unternehmens. „Außerdem fahren wir im Auftrag der Weser-Ems-Bus im Bereich Schwanewede/Heilshorn. Im Kreis Cuxhaven sind wir im Bereich Bederkesa und Hagen unterwegs. Und wir fahren im Auftrag des Zweckverbandes Bremen/Niedersachsen im südlichen Landkreis Verden.“
Daneben sind die Busse des Schwaneweder Unternehmens täglich bei Stadtrundfahrten in Bremen unterwegs. Seit mittlerweile drei Jahren fährt von Rahden für die Bremer Touristikzentrale und übernimmt unter anderem auch den Transfer für die Raumfahrtführungen, die regelmäßig in der Hansestadt stattfinden.
Bustouren bietet das Unternehmen unter dem Namen „Urlaub und Reisen“ an. Von Schwanewede und Bremen aus steuert der Reisedienst ganz Europa an. Ein Programm zusammenzustellen, das das Interesse der Menschen weckt, erfordert viel Fingerspitzengefühl. „Man muss ungefähr wissen, was im Trend ist. Wir sind jetzt schon dabei, den Sommerkatalog für 2021 zu erarbeiten. Bestimmte Termine haben wir sogar schon für 2022 geblockt“, erklärt von Rahden.
Aktuelle politische Ereignisse können allerdings dazu führen, dass sich die Reiseinteressen der Menschen kurzfristig wieder ändern. „Als in Brüssel die Anschläge verübt wurden, wollte kaum noch jemand dorthin fahren. Teilweise mussten wir die Reisen deshalb wieder stornieren“, erklärt der Geschäftsführer. Auch der Brexit wirkt sich negativ auf den Reisemarkt aus. Die Nachfrage nach Fahrten in die britische Metropole sind bei von Rahden rückläufig, seitdem die Briten dafür gestimmt haben, die Europäische Union zu verlassen.
Ganz anders sieht es bei den Tagesfahrten nach Groningen aus, insbesondere zum Blumenmarkt an Karfreitag. „Da sind wir mit 15 bis 18 Bussen zwischen Bremen und Groningen unterwegs“, erzählt von Rahden. „Mit den Verkehrsbetrieben in Groningen haben wir mittlerweile eine gute Beziehung. Die Kollegen ermöglichen uns, unsere Busse dort auf dem Betriebshof abzustellen, während die Menschen über den Blumenmarkt und durch die Innenstadt bummeln.“
24 Stunden erreichbar
Da die Busse rund um die Uhr im Einsatz sind, herrscht auch in der Firmenzentrale am Heidkamp Tag und Nacht Betrieb. Dazu zählt etwa die Werkstatt, die 24 Stunden am Tag für die Fahrer erreichbar ist. „Wenn es ein Problem mit einem Bus gibt, wenden sich die Mitarbeiter an die Kollegen in der Werkstatt. In 90 Prozent aller Fälle kann das Problem am Telefon gelöst werden“, sagt von Rahden. Ebenfalls jeder Zeit erreichbar ist die Leitstelle, die bei Problemen jeglicher Art weiterhelfen kann. „Dank der modernen Technik können wir im Grunde genommen von jedem Ort der Welt auf die Leitstelle zugreifen. Da muss heute niemand mehr 24 Stunden in einem Büro zu sitzen. Ein Blick von zu Hause aus ist völlig ausreichend. In gravierenden Fällen kommen wir allerdings sofort in die Leitstelle“, sagt der Geschäftsführer.
Gut ein Jahr lang war von Rahden auch für Flixbus unterwegs und fuhr regelmäßig von Bremen nach Sachsen. Aber: „Flixbus hatte andere Abrechnungsmodelle und einige Vorgaben, mit denen wir uns nicht einverstanden erklären konnten. Dann haben wir im gegenseitigen Einvernehmen den Vertrag gekündigt“, erzählt der Geschäftsführer.
Trotzdem ist das Unternehmen nach wie vor im Fernbusmarkt aktiv, mit einer eigenen Linie ins russische Kaliningrad. Bis zu drei Mal in der Woche sind die Busse unterwegs. Für die etwa 1000 Kilometer lange Strecke brauchen die Fahrzeuge gut 18 Stunden.
Viel Wert legen Hinrich von Rahden, seine Frau Cornelia von Rahden sowie seine Söhne, die ebenfalls in der Geschäftsführung tätig sind, auf ihre Mitarbeiter. Manche Angestellte arbeiten seit 45 Jahren für den Reisedienst von Rahden. Dennoch leidet der Betrieb genauso wie viele andere Unternehmen der Branche unter dem Fachkräftemangel. „Qualifizierte Leute zu bekommen, die wie unsere langjährigen Mitarbeiter auch ein Firmeninteresse haben und sagen, wenn es der Firma gut geht, geht es mir auch gut, sind heute sehr schwer zu bekommen“, sagt von Rahden.
Deshalb geht der Betrieb neue Wege und setzt unter anderem auf Mitarbeiter aus dem Ausland. „Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Viele Kollegen sind mittlerweile schon viele Jahre bei uns“, sagt der Geschäftsführer. Ganz ohne Anstrengungen funktioniert die Integration dieser Mitarbeiter allerdings nicht. „Wir bilden die Menschen mit aus und beschäftigen deshalb auch eine Deutschlehrerin. Aber das gehört einfach dazu. Wenn man gutes Personal haben will, dann muss man sich darum auch kümmern“, erklärt von Rahden.
Doch zählt nicht nur die Ausbildung. „Wenn die Menschen zu uns kommen, haben sie vielfach nicht mehr als einen Koffer mit Bekleidung. Dann besorgen wir ihnen teilweise Wohnungen mit allem Drum und Dran“, sagt von Rahden. Wie er sich um seine Mitarbeiter kümmert, kümmert er sich auch um seine Kunden. „Wenn sich bei uns ein Stammkunde abends um zehn Uhr meldet und sagt, ich muss morgen um sechs Uhr einen Bus haben, dann bekommt er am nächsten Morgen um sechs Uhr einen Bus“, erzählt er. In solchen Situationen ist der Chef genauso gefragt wie seine Mitarbeiter, die Fahrt zu übernehmen, betont von Rahden.
Gegründet wurde das Unternehmen am 1. Oktober 1947 von Hinrich und Erika von Rahden, den Eltern des heutigen Geschäftsführers. „Mein Vater hatte zuerst eine Linie nach Osterholz-Scharmbeck sowie zum Bremer Vulkan“, erzählt von Rahden. Anschließend kamen Tagesfahrten und der Reiseverkehr hinzu.
Heute hat die Unternehmensgruppe rund 120 Mitarbeiter und 85 große Busse sowie acht kleine. Davon sind 20 Fahrzeuge im Reiseverkehr unterwegs, acht bis zehn fahren im Mietwagenverkehr, die übrigen Busse sind im Linien- beziehungsweise Schulverkehr unterwegs.
Genügend Stellflächen für seine Busse hat von Rahden allerdings nicht. „Wir platzen aus allen Nähten“, sagt er. Deshalb ist der Unternehmer auf der Suche nach weiteren Gewerbeflächen in Schwanewede. „Das ist hier sehr, sehr schwierig. Da wo wir gerne hinwollen, da heißt es vonseiten der Gemeinde, das geht nicht. Stattdessen sollen wir nach Brundorf“, sagt er. Doch ein Standort dort würde zusätzliche Fahrten bedeuten und sei damit unattraktiv.
Während die Busse heute noch dieselbetrieben sind, will der Geschäftsführer in Zukunft auf Wasserstoff setzen. „Viele sagen, Strom ist die Zukunft. Das sehen wir bei Großfahrzeugen ein bisschen anders. Wasserstoffbusse können deutlich weiter fahren und die Ausstattung der Fahrzeuge ändert sich nicht“, sagt von Rahden. Das Hauptproblem bei Elektrobussen ist aus Sicht des Geschäftsführers, dass die Fahrzeuge im Brandfall nicht zu löschen sind. „Würden wir sieben Elektrobusse haben, dann hätte halb Schwanewede außerdem kein Licht mehr“, sagt von Rahden. All das spricht für ihn für Wasserstoff als Antriebsart der Zukunft. „Spätestens in fünf Jahren haben wir das erste Exemplar auf dem Betriebshof“, prognostiziert von Rahden.