Worpswede. Zum 100. Geburtstag des Künstlerdorfs Worpswede stellte Alfred Girschner im Jahr 1989 in seiner Galerie 42 Gegenwartskünstler Worpswedes aus. Heute nach 40 Jahren als Galerist staunt er, wenn er die renommierten Namen auf der Ausstellerliste liest. „Das ist aber nicht mehr“, sagt der 74-jährige Galerist ganz offen. Im Laufe der Jahrzehnte richtete Girschner den Fokus auch auf Anderes.
Immer noch sind in den Galerieräumen Worpsweder Künstler der zweiten Generation zu finden, immer noch hat er Druckgrafiken aller Worpsweder Künstler im Portfolio. Aber der Galerist hat die Veredelung von Kunstdrucken, die er in allen gewünschten Größen auf Veredelungsfolie aufzieht und mit Leinwandstruktur prägt, intensiviert. Seine Begründung für den Wechsel vom Original zum Kunstdruck ist einfach. „Junge Leute kaufen keine alten Worpsweder.“ Die von ihm bearbeiteten Kunstdrucke aber sind erschwinglich, Kunst, die sich den Alltagsbedürfnissen der jungen Käuferschaft anpasst.
Denn mithilfe der Digitalisierung kann Girschner sämtliche Motive in allen möglichen Größen innerhalb kürzester Zeit reproduzieren. Auf Wunsch drucke er die Motive der Worpsweder Künstler sogar auf Leinwand und rahme sie in einem Keilrahmen. Es sei ihm aufgefallen, dass mittlerweile wieder wesentlich mehr jüngere Menschen Worpswede besuchen. Die interessieren sich nach wie vor für die alten Worpsweder, kaufen aber vornehmlich Kunstdrucke. Und er, Alfred Girschner, verkaufe das, was die Leute haben wollten, sagt er. Girschner ist mit der Zeit gegangen und hat sich mit einer eigenen Homepage dem veränderten Kaufverhalten der jüngeren Generation angepasst.
Erste Galerie in Bremen
Vor 40 Jahren eröffnete der gelernte Finanzbeamte in Bremen seine erste Galerie mit Werken Worpsweder und Bremer Maler. Während seines Trainings für Radrennen durchquerte er häufiger das Künstlerdorf, das ihm von 1983 an zur Heimat wurde. Bis 1985 führte er im Kunstcentrum Alte Molkerei eine Galerie, bis er am Straßentor 1 Café und Galerie eröffnete.
Er startete mit 50 Grafiken der ersten Künstlergeneration und hatte lange Jahre eine große Sammlung Worpsweder Kunsthandwerks. „Das habe ich alles abgebaut, denn es gibt noch keinen Nachfolger.“ 25 Jahre lang war Girschner am Straßentor Galerist, Konditor und Cafébetreiber in Personalunion. Aufgrund der Arbeitsbelastung und der Tatsache, dass es Worpswede-Besucher selten aus der Bergstraße hinauszog, zog er mit seiner Galerie an die Bergstraße 32.
Trotz der Lage im Untergeschoss der Huyspassage waren die Räume für Girschner ideal. Denn das andere Standbein von Alfred Girschner ist die Rahmung von Bildern aller Art. Er rahmt für Künstler, Malschüler und Museen, nicht nur im Landkreis Osterholz. Dafür geht er in seine Werkstatt im hinteren Teil der Galerie. „Die Bergstraße war ein Glücksgriff“, sagt der Galerist noch heute. Jeden Morgen, wenn er die Treppe hinuntersteigt, habe er das Gefühl, sein Wohnzimmer zu betreten.
Gemeinsam mit der Volksbank Osterholz druckte er in den 1980er Jahren Bücher von Charlotte Zurek-Schenk, deren selbst gestaltete Puppen er noch heute in einer großen Glasvitrine hütet. Im Laufe der Jahre produzierte Girschner Worpsweder Kalender, im Speziellen einen Dauerkalender von Frauke Migge, und kaufte die Nachlässe von Heinz Dodenhoff, Anna Feldhusen und Friederike Michelsen. Zum 30. Geburtstag seiner Galerie hatte Girschner ein Zelt aufgebaut und feierte ein rauschendes Fest. Der 40. Geburtstag aber fällt aufgrund der aktuellen Situation sehr viel stiller aus.