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Music Hall Worpswede "Wir sind wie eine große Familie"

Die Irish-Folk-Band Cara hat sich national und international einen Namen gemacht. Im Interview spricht Bandgründerin Gudrun Walther über ihr neues Album, die Corona-Pandemie und das anstehende Band-Jubiläum.
18.07.2022, 16:55 Uhr
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Von Thorsten Hengst

Frau Walther, Ihr neues Album trägt den Titel 'Grounded'. Wollen Sie damit Ihre Bodenständigkeit dokumentieren?

Gudrun Walther: 'Grounded' bedeutet ja sowohl geerdet als auch verwurzelt, aber man verwendet den Begriff auch, wenn beispielsweise Flugzeugen ein Startverbot erteilt wird oder jemand unter Hausarrest steht. In diesem Doppelsinn haben wir das Album 'Grounded'  genannt, weil es während der Pandemiejahre 2020 und 2021 entstand.

Ist die Corona-Pandemie auch ein Grund, warum es seit Ihrem letzten Studioalbum 'Yet we sing' so lange gedauert hat?

Ja, denn eigentlich sollte das jetzt vorliegende Album bereits 2020 erscheinen. Wir hatten aber zuvor noch ein Live-Album veröffentlicht, auf dem unter anderem auch fünf neue Songs drauf sind – wir waren also nicht ganz so untätig seit 2016.

Inwiefern unterscheidet sich 'Grounded' von 'Yet we sing'?

Ein Album ist immer ein Schnappschuss dessen, was die beteiligten Musiker zu der Zeit der Entstehung bewegt. Auf 'Grounded' hört man so natürlich deutlich, wie wir einige der Erfahrungen der Corona-Pandemie verarbeiten.

Apropos: Wie sind Sie durch die Corona-Pandemie gekommen?

Dank viel Eigeninitiative eigentlich ganz gut: Wir hatten bereits im Sommer 2020 eine ansehnliche Anzahl von Konzerten realisieren können und haben natürlich auch gestreamte Konzerte gespielt. Dazu haben wir verschiedene Stipendien und Förderprogramme beantragt und bekommen, wodurch wir einige sehr spannende künstlerische Projekte realisieren konnten. Trotzdem war und ist es eine wahnsinnig anstrengende Zeit, in der uns wirklich sehr viele Konzerte ausgefallen sind.    

Und persönlich?

Ich erhole mich gerade von meiner ersten Covid-Infektion, die außer mir auch noch zwei andere Bandmitglieder ereilt hat – zum Glück erst nach dem Abschlusskonzert der letzten Juni-Tournee. Es wird wohl auf absehbare Zeit sehr schwierig bleiben.

Gab es Ihrer Meinung nach genügend Wertschätzung für freie Kulturschaffende seitens der Politik und Gesellschaft?

Da hat ein langer Lernprozess stattgefunden, der auch noch nicht abgeschlossen ist. Es ist gut, dass aus der Initiative '#Alarmstuferot' die Initiative 'Pro Musik' hervorgegangen ist, denn die Gründung einer Gewerkschaft oder Interessenvertretung für Kulturschaffende war lange überfällig, um unsere Branche geschlossen vor der Politik vertreten zu können.

Sie vertreiben Ihre Alben auf dem eigenen Label namens Artes records. Wie wichtig ist Ihnen trotz der aktuellen Schwierigkeiten die künstlerische Unabhängigkeit?

Diese Unabhängigkeit ist uns sehr wichtig. Zusammen mit meinem Mann und Bandkollegen Jürgen Treyz betreibe ich ein eigenes Tonstudio, unsere eigene Konzertagentur und das gleichnamige Label. Das sind die Grundbausteine für unsere Selbstständigkeit und damit fahren wir seit nun beinahe 20 Jahren sehr gut.

Und wie sieht das beim Songwriting aus?

Da gab und gibt es von Anfang an alle Kombinationen: Manche Songs entstehen gemeinsam, bei anderen Liedern bringt einer von uns einen entscheidenden Grundbaustein mit, und wir bauen gemeinsam darauf auf. Manche wieder sind ja schon komplett fertig, und wir müssen sie nur noch arrangieren...

...wie zum Beispiel das Eröffnungsstück 'The cockle gatherer'?

Ja, das Lied gehört zu einer Kollektion keltischer Songs, die die schottische Musikerin Marjory Kennedy-Fraser zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf den Hebriden-Inseln sammelte und davor bewahrte, in Vergessenheit zu geraten. Die von ihr adaptierten Lieder wurden von Kenneth MacLeod ins Englische übertragen. Unsere Pianistin und Sängerin Kim Edgar hat diese Version schon als Kind in Schottland gelernt. Die poetischen Bilder entführen in die Küstenlandschaft der schottischen Inseln, wo die Muschelsammlerinnen diesen Song vielleicht schon bei der Arbeit gesungen haben.

Dagegen ist der frühe Bob Dylan-Song 'Lay down your weary tune' aus den 1960er-Jahren fast aktuell?

Ja, weil dieser Song, den Bob Dylan ursprünglich für das Album 'The times they are a-changin' geschrieben hat, erst 1985 in der Original-Version veröffentlicht wurde. In dem Lied, das stilistisch stark an die Ära des Folk-Revivals erinnert, malt der damals erst 22-jährige Dylan ein schmerzlich-schönes und synästhetisches Universum klingender Naturgewalten eines sich neigenden Jahres. Dieses Lied hat in der Zeit der erzwungenen Stille während der Corona-Pandemie zu uns gesprochen.

Wann und wie haben Sie sich 2003 kennengelernt?

Die Gründungsmitglieder waren damals alle in einem Freundeskreis von Musikern. Alle späteren Bandmitglieder haben wir über die sehr familiär vernetzte internationale Folkszene kennengelernt. Unsere Band ist wie eine Familie – man kann da nicht einfach austreten. Wir sind alle noch in Kontakt, aber das unterliegt den ganz normalen Schwankungen des Lebens.

Wie wollen Sie Ihren anstehenden 20. Bandgeburtstag feiern?

Wir haben schon ein großes Jubiläumskonzert im Januar 2023 in Bielefeld geplant, für das wir noch einige Gastmusiker einladen werden. Außerdem werden wir 2023 sehr viel auf Tournee sein, und dabei hoffentlich in vielen unserer Lieblingsvenues spielen. Darauf freuen wir uns jetzt schon.

Und worauf dürfen sich Ihre Fans freuen?

Unsere Spielfreude ist ungebrochen. Die Erfahrungen der Corona-Pandemie haben uns Dankbarkeit gelehrt – für unsere treuen Fans, unser Publikum und die wunderbaren Veranstalter. Wir freuen uns auf alles, und jedes einzelne Konzert ist für uns ein Fest.

Das Gespräch führte Thorsten Hengst.

Zur Person

Cara,

ist eine Irish-Folk-Band und besteht aus den vier Musikern Gudrun Walther, Kim Edgar, Simon Pfisterer und Jürgen Treyz. Seit 2003 ist das Quartett immer wieder mit wechselnder Besetzung aktiv. Auf der Bühne wird die Band zumeist noch durch einen oder mehrere Gastmusiker erweitert. Mit der Zeit hat sich Cara auch international einen Namen gemacht. Ende vergangenen Jahres haben sie mit einiger Verspätung ihr mittlerweile achtes Album namens "Grounded" veröffentlicht.

Info

Am Donnerstag, 21. Juli, gastiert Cara ab 20 Uhr (Einlass: 19 Uhr) in der Music Hall Worpswede. Weitere Informationen zu der Band und zu den Tickets gibt es im Internet unter www.musichall-worpswede.eu.

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