In der kleinen Postfiliale an der Hembergstraße 20 in Worpswede gehen die Kunden ein und aus. Mal soll es eine Postkarte sein, mal Briefmarken oder es werden Pakete verschickt. Ein kurzer Plausch gehört fast immer dazu. Doch damit ist zum Jahresende Schluss: Der kleine, beliebte Laden macht dicht. Die Postfiliale, die mit einem Schreibwarenladen und einem Reisebüro verbunden ist, schließt zum 31. Dezember. Das bestätigt Thorsten Kampe der Redaktion auf Nachfrage. Er habe sich entschieden, den Pachtvertrag für die Räumlichkeiten nach 21 Jahren zu kündigen.
Thorsten Kampe hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten so einiges in seiner kleinen Postfiliale erlebt. Wie viele Briefe und Pakete er in diesem Zeitraum in der Hand hatte und wie viele Gespräche er mit den Kundinnen und Kunden geführt hat, lässt sich nur schwer schätzen. „Es war eine schöne Zeit“, sagt Kampe. Dennoch wolle er nun das Kapitel Post beenden. Ausschlaggebend sei für ihn die sinkende Nachfrage. „Angefangen hat das alles während der Corona-Pandemie. Die Leute brauchen eigentlich nur einen Online-Handel, bestellen alles nur noch im Internet“, sagt Kampe und betont: „Das hat natürlich Auswirkungen auf die Postfiliale. Aus wirtschaftlichen Gründen rentiert es sich für uns einfach nicht mehr. Die Ausgaben steigen von Jahr zu Jahr, doch die Einnahmen sinken.“
Die zunehmende Zahl an Schließungen von Postfilialen im ländlichen Raum ist die Folge eines tiefgreifenden Strukturwandels, der durch mehrere Faktoren beeinflusst wird – darunter auch der Online-Handel. Viele Filialen befinden sich in kleinen Geschäften wie Supermärkten, Bäckereien oder Kiosken. Wenn diese aus wirtschaftlichen Gründen schließen, fällt auch die Postfiliale weg. Neue Partner zu finden, gestaltet sich in dünn besiedelten Regionen oft schwierig. Gleichzeitig sinkt die Zahl der verschickten Briefe nach Angaben der Bundesnetzagentur seit Jahren drastisch – von täglich rund 50 Millionen im Jahr 2016 auf etwa 36 Millionen im Jahr 2024. Diese Entwicklung macht viele Filialen unrentabel. Hinzu kommt die fortschreitende Digitalisierung: Immer mehr Menschen erledigen ihre Kommunikation, Bankgeschäfte und Behördengänge online, was den Bedarf an klassischen Postdienstleistungen weiter reduziert. „Seit Corona hat das wirklich stark zugenommen“, sagt Thorsten Kampe.
Die Deutsche Post selbst bestätigt auf ihrer Website, dass sich das Angebot an klassischen Postfilialen im Zuge des Strukturwandels verändert – insbesondere durch den Ausbau automatisierter Lösungen wie Poststationen. Laut Angaben der Post gibt es heute insgesamt rund 39.000 Filialen und Automaten in Deutschland. Allerdings zählen dazu auch viele automatisierte Poststationen, die klassische Filialen mit Personal zunehmend ersetzen. Die Deutsche Post nennt zwar keine konkreten Zahlen zu Filialschließungen im ländlichen Raum, macht aber deutlich, dass sich das Angebot an die veränderten Bedürfnisse und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anpasst. Der Online-Handel wird dabei nicht direkt als Ursache genannt, spielt aber indirekt eine Rolle: Durch die Zunahme von Paketversand und die gleichzeitige Abnahme von Briefsendungen verschieben sich die Anforderungen an die Infrastruktur – weg von voll ausgestatteten Filialen hin zu Paketstationen und digitalen Services. „Man darf auch nicht vergessen, dass wir hier monatlich eine Miete für die Räume zahlen müssen. In den vergangenen Jahren konnte das Reisebüro einen Großteil der anfallenden Kosten decken, doch irgendwann ist dann eben ein Punkt erreicht, an dem das nicht mehr geht“, sagt Kampe.
Gespräche mit Nachfolgern
Ob es im Worpsweder Ortskern auch im kommenden Jahr eine Postfiliale geben wird, ist noch unklar. Auf Nachfrage heißt es von der Deutschen Post aber, dass die Suche nach einem neuen Filialpartner in Worpswede laufe und man bereits vielversprechende Gespräche führe. „Die zukünftige Filiale wird alle gängigen Dienstleistungen von Deutsche Post und DHL anbieten. Ergänzend steht unseren Kundinnen und Kunden in Worpswede eine DHL-Packstation in der Ostendorfer Straße 1 zur Verfügung“, heißt es weiter.
Thorsten Kampe hofft, dass es der Deutschen Post gelingt, einen Nachfolger zu finden, damit die Worpsweder Bürgerinnen und Bürger auch zukünftig auf die Dienstleistungen einer Postfiliale zurückgreifen können. Für sein Reisebüro habe er bereits neue Räumlichkeiten in Worpswede gefunden, berichtet Kampe. Wo genau, möchte er noch nicht verraten, denn der Mietvertrag sei noch nicht unterschrieben. „Da wird es aber auf jeden Fall weitergehen, das kann ich versprechen“, sagt er.