Worpswede. Die Suche nach Wohnplätzen für Geflüchtete hat zumindest in der Gemeinde Worpswede vorerst ein Ende. In einigen Tagen sollen die ersten Neuankömmlinge in der örtlichen Jugendherberge untergebracht werden. Die Gemeinde hat die Einrichtung für längere Zeit gemietet, wie sie jetzt gegenüber Medienvertretern erklärte. Somit steht in Worpswede zusätzlicher Wohnraum für bis zu 130 Flüchtlinge zur Verfügung.
Ab wann werden Geflüchtete in der Jugendherberge wohnen?
Schon sehr bald. Derzeit wird die Anlage für die Ankunft der Geflüchteten vorbereitet. Laut Ingo Kranz, Abteilungsleiter Soziales in der Gemeindeverwaltung, wird Worpswede in den kommenden sechs Monaten gut 70 zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen müssen. 160 Menschen sind bislang schon da. Die Jugendherberge soll ab dem kommenden Montag, 14. November, aufnahmebereit sein. Bis zum Jahresende werden die Herbergsverantwortlichen sowohl touristisch motivierte Gäste als auch Flüchtlinge parallel aufnehmen. Mit dem Jahreswechsel wird die Jugendherberge dann komplett zur Flüchtlingsunterkunft. Maximal 130 Menschen kann die Einrichtung dann fassen, heißt es. Die Kosten trägt der Landkreis Osterholz.
Woher kommen diese Menschen?
Bürgermeister Stefan Schwenke rechnet vor allem mit Menschen aus der Ukraine. Je nach Verlauf des Krieges und der Härte des Winters könne es sein, dass noch mehr Ukrainer das Land verlassen müssen und Zuflucht im Westen suchen. Insofern sei davon auszugehen, dass die meisten Geflüchteten aus dem Kriegsgebiet kommen. Schwenke rechnet aber auch mit Gästen aus anderen Staaten.
Warum fiel die Wahl auf die Jugendherberge?
Die Jugendherberge gilt unter den Beteiligten der Gemeinde, des Landkreises und des Deutschen Roten Kreuzes als Ideallösung. Denn die Suche nach anderen Wohnplätzen in der Gemeinde war in den vergangenen Wochen erfolglos geblieben. Vielfach seien Geflüchtete bei Privatleuten unterkommen, sagt Bürgermeister Schwenke – "aber die Möglichkeiten sind endlich". Schon vor einigen Wochen hatte er das Signal ausgesandt, dass die Gemeinde die Lage nicht mehr bewältigen kann. Die Idee, die Jugendherberge zu nutzen, kam somit wie gerufen: "Wir schaffen es damit", so Schwenke, "eine Sammelunterkunft in einer Turnhalle zu vermeiden." Im Unterschied zur Hallenlösung könne man den Ankommenden mit der Jugendherberge bessere Bedingungen bieten. Anstatt hoher Hallenräume mit Stellwänden bietet sie abgeschlossene Räume und somit eine Privatsphäre. Somit sei eine menschenwürdige Unterbringung möglich.
Was wird aus der Turnhalle?
Über mehrere Wochen war die Sporthalle am Schwimmbad als Flüchtlingsunterkunft im Gespräch. Eine derartige Nutzung hätte vor allem die Aktiven des TSV Worpswede getroffen, die die Anlage nutzen. Die Vereinsspitze zeigte sich in dieser Frage solidarisch mit den notleidenden Menschen. Dennoch wäre der Wegfall der Sportflächen für die Aktiven ein harter Schlag gewesen. Vor allem die Sparten Tischtennis, Volleyball und Badminton hätten keine Halle mehr gehabt. Dieses Szenario ist nun vorerst vom Tisch. Kommen noch mehr Flüchtlinge in die Region als bislang absehbar, könnte die Halle aber wieder zum Thema werden.
Wer kümmert sich um die Geflüchteten?
Das Deutsche Rote Kreuz wird die Bewohnerinnen und Bewohner der Jugendherberge rund um die Uhr betreuen. Die Geflüchteten werden in der Einrichtung eine Vollverpflegung erhalten, in der Turnhalle wäre ein Catering notwendig gewesen. Laut DRK-Kreisgeschäftsführer Patrick Grotheer arbeiten in den Flüchtlingseinrichtungen im Landkreis mehr als 30 DRK-Angestellte. Für Worpswede seien zusätzliche Leute eingestellt worden: "Ich bin sehr froh, dass wir diese Mitarbeiter schnell gewinnen konnten", so Grotheer. Denn allein mit Ehrenamtlichen sei eine solche Aufgabe nicht zu bewältigen. Der Worpsweder Verwaltungsvertreter Ingo Kranz betont, dass auch die Verwaltung mit eigenen Leuten in die Jugendherberge kommen wird, um beispielsweise aufwendige Arbeiten wie die Registrierung oder Anträge für Sozialleistungen zu erledigen.
Was bedeutet die Belegung der Jugendherberge für den Tourismus?
Stefan Schwenke betont, dass man das Interesse der Gemeinde an einer hohen Zahl von Besuchern und die Hilfe für Geflüchtete nicht gegeneinander ausspielen sollte. Er räumt aber ein, dass der Gemeinde mit der Jugendherberge auch eine wichtige Unterkunft für Touristen verloren geht. Nach Angaben des Bürgermeisters hätten etwa 40 Prozent der jährlich rund 50.000 registrierten Übernachtungen in der Jugendherberge am Hammeweg stattgefunden. Darunter waren viele Schulklassen, aber auch Fahrradtouristen oder Wochenendbesucher nutzten die Jugendherberge. Das wird nun mindestens in den kommenden zwei Jahren nicht mehr möglich sein. Der Mietvertrag läuft zunächst bis Ende 2024.