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Ausbaupläne im Kreis Osterholz Neue Sonderflächen für weitere Windparks

Neue Vorranggebiete für den Windkraft-Ausbau sollen nach dem Willen von Bund und Land beim Erreichen der Klimaziele helfen. Die Osterholzer Kreisverwaltung schlägt der Politik jetzt 14 sogenannte Suchräume vor.
14.09.2023, 05:00 Uhr
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Neue Sonderflächen für weitere Windparks
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Auf Drängen von Bund und Land muss der Landkreis Osterholz bis Ende 2026 sogenannte Suchräume für den Bau weiterer Windkraftanlagen festlegen. Netto sollen demnach mindestens 1,23 Prozent des Kreisgebiets zusätzlich als Vorranggebiete definiert werden. Ein erster Konzeptentwurf geht am Mittwoch, 20. September, in die politischen Beratungen. Der Umweltausschuss befasst sich ab 14.30 Uhr in öffentlicher Sitzung mit dem Papier. Es sieht Potenziale für einen Windkraft-Ausbau in 14 Bereichen des Kreisgebiets.

Um der Landesvorgabe zu entsprechen, überplant der Landkreis einstweilen 2,69 Prozent der Landkreis-Bruttofläche. Damit wird garantiert, dass das äußerste Ende eines Mühlenflügels nicht über die Rand eines Suchraums hinausragen kann (sogenannte Rotor-in-Planung). Bei alledem handelt es sich bislang um theoretische Überlegungen; der Beschluss bleibt Sache der Kreistagsabgeordneten, die nun zunächst über die Fortsetzung der Planungen zu entscheiden haben.

Was spricht für das Konzept?

Das Osterholzer Planungsamt hat den Politikern eine umfangreiche Beschlussvorlage vorgelegt. Darin warnt die Behörde vor einem Verzicht auf jegliche Windkraftkonzeption, denn nur so bleibe eine Lenkung der Standorte möglich. Ob und wann tatsächlich dort gebaut wird, ist damit nicht gesagt. Doch ohne einen solchen Plan wären weitere Windanlagen "ungesteuert grundsätzlich im gesamten baulichen Außenbereich des Landkreises Osterholz" privilegiert und zulässig.

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Politik und Verwaltung haben in den vergangenen Wochen und Monaten bereits erklärt, sie rechneten mit allerhand Gegenwind aus der Bevölkerung. Gegen neue Windparks formieren sich auch bereits erste Bürgerinitiativen (wir berichteten). Die Energiewende brauche aber weitere Standorte, hatte die Verwaltung dazu stets erklärt. Am Ende werde es um das kleinere Übel und um eine möglichst faire Lastenverteilung gehen. Der Konzeptentwurf macht nun auf rund 40 Seiten und anhand von 15 Karten deutlich, wie die Kreisbehörde zu ihren Vorschlägen gekommen ist.

Wie ist die Behörde vorgegangen?

Im gegenwärtigen Stadium handelt es sich um einen automatisierten Vorgang, bei dem vorhandene Karten und Planungsdaten übereinander gelegt und miteinander verschnitten werden. Unter Beteiligung weiterer Landkreis-Ämter durchlief der Entwurf eine Filterung in mehreren Schritten. Außen vor blieben zunächst die Bereiche, in denen aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen keine Windräder möglich sind, sodass laut Verwaltung kein Ermessensspielraum besteht. Vor allem die Mindestabstände zu Infrastruktur, Siedlungs- und Schutzgebieten waren zu berücksichtigen.

Zweitens wurden Gebiete ermittelt, die nur theoretisch in Betracht kommen, aber "aufgrund eigener fachlicher Erwägungen für die Windenergienutzung" zumindest vorläufig ausgeschlossen werden sollten. Die Verwaltung betont, dabei seien kreisweit einheitliche Kriterien sowie eine sogenannte Referenzanlage von 250 Metern Gesamthöhe zugrunde gelegt worden. Die 14 Suchräume, die verblieben sind und mit denen die Diskussion nun eröffnet wird, halten allesamt mindestens 800 Meter Siedlungsabstand sowie 500 Meter Abstand zu Natur- und Landschaftsschutzgebieten ein.

Welche Prioritäten gelten außerdem?

Der Landkreis hat die verbliebenen Kann-Flächen bereits um jene Gebiete bereinigt, die bei einem Rotordurchmesser von 165 Metern nur Platz für ein oder zwei Windräder bieten würden. Andererseits hat er die Suchgebiete auch arrondiert, wenn eine darin befindliche Fläche kleiner als drei Hektar war: kleinere Waldflächen, Kompensationsflächen, Flächen der landesweiten Biotopkartierung oder des Moorschutzprogrammes gelangten damit wieder mit ins Rennen. Weitere artenschutzrechtliche Ausnahmen zugunsten der Windkraft wurden, zunächst ohne Detailprüfung, als prinzipiell möglich angenommen. 

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Am Ende blieben für die Suchräume insgesamt 4,9 Prozent der Landkreis-Fläche oder 31,71 Quadratkilometer übrig. Die "Rotor-in-Planung" führt dazu, dass davon 17,54 Quadratkilometer angerechnet werden dürfen. Das wären 2,69 Prozent der Landkreisfläche, was aus Verwaltungssicht auch angemessen erscheint. Schließlich habe der Kreistag mit dem Klimaschutzkonzept ein ehrgeizigeres Ausbauziel beschlossen, welches auf umgerechnet 20 Quadratkilometer hinauslaufe.

Wie geht es nun weiter?

Für die Ausschussberatung am Mittwoch listet die Verwaltung einige heikle Punkte und Merkposten auf, allen voran den Umstand, dass die Gemeinde Schwanewede die Hauptlast des möglichen Ausbaus trägt. Auch den Ausbau der Stromnetze und die Überschwemmungsgebiete müsse man sich genauer ansehen, desgleichen mögliche Höhenbegrenzungen durch die Nähe zu militärische Anlagen. Vereinzelt sei auch die tatsächliche Wohnraumnutzung am Rande der Suchräume zu überprüfen, desgleichen die Auswirkungen auf Agrarförderprogramme und Vernässungspotenziale. Wälder, Wallhecken, Wiesenvögel- und Fledermausvorkommen seien bei der Konkretisierung ebenso zu berücksichtigen wie ökologisch wertvolle Biotopverbund-Korridore ohne formelle Sicherung.

Stimmen der Umweltausschuss am 20. September und der Verwaltungsausschuss (nichtöffentlich) am 26. September zu, dann untersucht und bewertet die Verwaltung die 14 Suchräume genauer. "Dabei können ungeeignete Bereiche entfallen oder geeignete Arrondierungen hinzukommen", so die Verwaltung. Bei der Neuauflage des Regionalen Raumordnungsprogramms, die nun erneut verschoben wird, könnte sich die Gebietskulisse dann abermals verändern.

Zur Sache

Raumordnungsprogramm verzögert sich weiter

Fünf Jahre nach dem Kreistagsbeschluss, ein neues Regionales Raumordnungsprogramm (RROP) aufzulegen, lässt die Novelle der kommunalen Planungsbibel von 2011 weiter auf sich warten. Zunächst wollte der Landkreis Osterholz auf die Vorgaben von Bund und Land zu Windkraft-Sondergebieten warten, die Teil des RROP sind. Doch dann kamen Bundes- und Landtagswahlen mit neuen Regierungsbildungen dazwischen. Und nachdem Umweltminister Christian Meyer (Grüne) im Februar in Hannover erstmalig Flächenbedarfs-Zahlen vorstellte, liegt dem Landtag nun zumindest ein halbwegs belastbarer Gesetzentwurf dazu vor. Er läuft auf ein Ausbauziel von 1,23 Prozent der Landkreis-Fläche bei Rotor-out-Planung hinaus, aber auch das ist noch nicht kommagenau beschlossen.

Für den Landkreis Osterholz heißt das: Das Windenergiekonzept als ein wesentliches Kapitel im RROP muss Vorrang vor dem gesamten Raumordnungsprogramm bekommen. Andernfalls würde das Pferd von hinten aufgezäumt, denn es existiert ja ein gültiges – freilich in die Jahre gekommenes – RROP mit eigenen, kleineren Windkraft-Vorrangflächen. Beide Verfahren sind in den Osterholzer Amtsstuben fristgerecht bis 2026 nun nicht mehr abzuschließen, teilt die Kreisbehörde mit. Die jeweiligen Beteiligungs- und Abstimmungsverfahren seien umfangreich und zeitraubend.

Will nun also eine kreisangehörige Gemeinde ihren Flächennutzungsplan in den nächsten Monaten so ändern, dass er nicht mehr mit dem RROP in Einklang steht, müssen im Kreistag jeweils Ausnahmebeschlüsse gefasst werden. So geschehen zuletzt bei den Eickedorfer Vorweiden in der Gemeinde Grasberg. Auch viele andere Kommunen drängen darauf, das RROP endlich zu novellieren, um neue Siedlungs- und Gewerbeflächen oder auch Solarparks zu ermöglichen.

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