„Wo können wir Karten für die Torfkahnfahrt bekommen? Ich habe in der Zeitung gelesen, dass heute hier die Hammenacht stattfindet.“ Die Dame, die ihren Besuch aus Süddeutschland mit einer Torfkahnfahrt bei Lampenschein auf der abendlichen Hamme verwöhnen wollte, wurde enttäuscht. „Die Karten sind leider alle schon im Vorverkauf weggegangen“, bedauerte Richard Henning, Vorsitzender der Torfkahnschiffer „Findorffs Erben vom Kolbecksmoor“. Kurz darauf wollte er mit dem neuesten Torfkahn, dem im April in Dienst gestellten „Sonnentau“, vom Torfkahnhafen Kreuzkuhle über das letzte Stück des Oste-Hamme-Kanals, über den Kollbeck bis zur Einmündung in die Hamme bei Viehspecken fahren, wo dann gewendet werden sollte, um zurück zum Torfkahnhafen Kreuzkuhle zu steuern.
Alle Fahrten waren ausverkauft
Die Chancen, dass vielleicht einige der Kartenbesitzer nicht zu einer gebuchten Fahrt antreten würden, war ebenfalls gering – rund um das urige Hafenbecken nahe Kuhstedter Moor und rund um die Gaststätte „Zur Kreuzkuhle“ saßen die Menschen auf Bänken und an gemütlichen Tischen um Feuerschalen und beobachteten das Treiben am Torfkahn-Anleger.

Nicht nur Torfkähne sind unterwegs.
Henning hatte jedoch noch einen guten Rat für die diesmal verhinderten Hammenacht-Fahrer: „Hier ist der Flyer. Entlang der Hamme bieten elf Gaststätten ein buntes Programm mit Musik und leckeren Speisen – und einen guten Blick auf die Hamme mit den beleuchteten Booten und Torfkähnen. Schauen Sie doch mal, ob Sie da nicht einen schönen Platz finden.“
Währenddessen hatten sich die gebuchten Gäste – vollständig – auf dem „Sonnentau“ eingefunden. Als letzte stieg Ulrike Dommer ein, die mit ihrem Akkordeon für die musikalische Unterhaltung auf der 75-minütigen Fahrt sorgen würde.
Doch zuerst wies Skipper Richard Hennig seine 16 Gäste in die Sicherheitsvorschriften ein: „Sollten Sie ins Wasser fallen, versuchen Sie bloß nicht, zu schwimmen. Das sähe ziemlich blöd aus, denn das Wasser ist nur etwa 50 Zentimeter tief.“

Auf allen Kähnen gibt es Musik, die für Stimmung sorgt.
Und dann erzählte Henning, warum die Kreuzkuhle überhaupt Kreuzkuhle hieß – der Moorkommissar Jürgen Christian Findorff hatte hier einen Messpunkt eingerichtet, von dem aus man mittels eines Holzturms eine Sichtverbindung zum Weyerberg hatte, ebenso nach Brillit sowie zu den Geestrücken Hambergens und Zevens. „Hier kreuzten sich die Messpunkte, von dem aus die Siedlungen eingemessen wurden. Auf diesem Messpunkt liefen die Grenzpunkte von sieben Ortschaften zusammen“, berichtete Henning seinen Fahrgästen. „Wenn man damals um diesen Punkt herumging, lief man durch sieben Ortschaften“, so Henning. Später trafen hier die Grenzen der Landkreise Zeven, Osterholz und Bremervörde zusammen, heute treffen hier die Landkreise Rotenburg/Wümme und Osterholz aufeinander. „Ich weiß sogar, wo sich dieser Messstein befindet – aber ich verrate es nicht!“, meinte Henning launig.
Tour unter dem Vollmond
Währenddessen war auf der Westseite des Kollbecks die Sonne spektakulär in den Wiesen versunken, während gleichzeitig auf der Ostseite ein orangefarbener Vollmond seinen Weg über den Himmel antrat. Ulrike Dommer fand die passenden Lieder, und die Gäste auf dem „Sonnentau“ stimmten fröhlich und mehr oder weniger textsicher in „What shall we do with the drunken sailor“ oder „Der Mond ist aufgegangen“ ein.

An den Stationen warteten verschieden Aktionen auf Besucher.
Vom Hafen Osterholz, wo die Torfkahnschiffer Osterholz ihre Gäste nicht nur mit einer Tour über die Hamme, sondern auch mit kühlen Getränken und Köstlichkeiten vom Grill verwöhnten, konnten sich erfahrene Hammenacht-Besucher bei Tietjens Hütte an kross gebratenem Knipp und Smutje-Kartoffeln erfreuen oder an Melchers Hütte Bratwurst vom Grill und Fischbrötchen genießen. Dazu unterhielt hier Detlef Gödicke die Gäste mit mitreißenden Akkordeon-Klängen.
Nachdem im vergangenen Jahr die Hammenacht in das sprichwörtliche Wasser gefallen war, hatte es Wirt Marc Imme an der Teufelsmoorschleuse seinen Gästen in diesem Jahr besonders gemütlich gemacht. An überdachten Sitzplätzen konnten sich die vielen Gäste an Spanferkel vom Spieß, Nackensteak, Knipp, Schaschlik und diversen Würsten vom Grill erfreuen. Auch eine leckere Auswahl an Fischbrötchen sorgte für die Zufriedenheit der Gäste. Dazu hatte Marc Imme DJ Dennis Karat engagiert, der Tanzbares aus allen Jahrzehnten präsentierte und die Gäste auf die Tanzfläche lockte.

Die Torfkähne kreuzen auf der Hamme.
Martina Morris, Harald Stelljes und Ingrid Bremert hatten es sich als erfahrene Hammenacht-Besucher am Hammeufer gemütlich gemacht und ihre eigenen Sitzgelegenheiten und Verpflegung mitgebracht. „Das machen wir immer so“, sagten die drei vergnügt, naschten von der Chorizo, verschiedenen edlen Käsen und Baguette. Einmal seien sie bei Hüttenbusch an einem idyllischen Fleckchen am Hammeufer gewesen – „da mussten wir sogar unsere eigene Beleuchtung mitbringen, als es dann stockdunkel wurde“, erinnerten sich die Drei lachend.