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Sportjahr 2019 Der etwas andere Rückblick

„Schott the Dohr“ - in unserer etwas anderen Rückschau lassen wir die vergangenen Monate Revue passieren und diskutieren über Dinge, für die im redaktionellen Alltag oft kein Platz ist.
30.12.2019, 16:37 Uhr
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Von Dennis Schott und Tobias Dohr
Dennis, Du musst die nächsten Sonntage vermutlich erst mal alleine arbeiten . . .

Nur weil jetzt Winterpause ist und du ohne Fußball nicht kannst?

Nein, weil ich vielleicht doch noch eine zweite Fußball-Laufbahn zu beschreiten habe . . . Jetzt mal ehrlich: Wenn der René Thiel da mit 42 Jahren in Pennigbüttel noch netzt wie ein junger Welpe, dann werde ich das ja eventuell auch noch mal schaffen. Schon irgendwie ein Phänomen, dieser Thiel, oder?

Absolut! Ich musste ja schmunzeln beim letzten Spiel von Pennigbüttel, als sich Thiels Gegenspieler beschwerte, er sei gefoult worden. Daraufhin Thiel: „Du trittst gegen mein Bein und willst einen Freistoß haben?“ Ich glaube einfach, der Mann hat Knochen aus Stahl. Aber René Thiel ist doch nicht die einzige „reifere Rakete“ in unserem Kreis. Wie alt ist der Vladimir Winschu vom TSV Eiche Neu St. Jürgen noch mal?

Da reden wir lieber nicht drüber. Nur so viel: Ich selbst habe noch gegen beide gespielt. Bei den Herren wohlgemerkt . . . aber auch schon bei der Ü32. Ehrlich gesagt weiß ich ja nicht, ob das am Ende ausschließlich für unsere Opis spricht. Ich meine, was sagt das eigentlich aus über eine Mannschaft, wenn ein Ü40-Spieler immer noch so einen Einfluss hat? Da könnte man ja auch beim SV Werder mal drüber nachdenken . . .

Haha, ja genau! Aber was soll das über eine Mannschaft aussagen? Ich zahle ja gerne drei Euro ins Phrasenschwein, aber es ist doch so: Es gibt keine jungen oder alten Spieler, sondern nur gute und schlechte. Da halte ich es wie Otto Rehhagel. In der Bundesliga ist das natürlich schwieriger, merken wir ja gerade. Aber so einen richtigen Knipser, egal wie alt, der fehlt auch dem FC Hagen/Uthlede, finde ich.

Tja, vielleicht sollten sie beim FC lieber in die Abwehr investieren . . . bei 0:9 und 0:10 hätte wohl nicht mal Robert Lewandowski im Sturm geholfen. Ich frag mich da ja: Wie fühlt sich wohl so ein Klassetorwart wie Yannick Becker, wenn er zur Schießbude der Liga mutiert . . . Oliver Kahn hätte seinerzeit wohl alle seine Abwehrspieler einfach aufgefressen. Aber der Yannick ist ja zum Glück nicht so ausgehungert. Und übrigens: Bei uns im Landkreis Osterholz kosten die Phrasen fünf Euro.

Okay, okay. Die zahl ich auch. Der Landkreis ist ja sowieso besonders. Habe ich ziemlich schnell festgestellt. Die Osterholzer Fußballseelen sind – sagen wir mal – recht empfindsam. Erinnere mich noch gut: Ich war gerade ein paar Wochen in der Redaktion und habe lediglich eine Meldung zur Personalplanung des VSK Osterholz-Scharmbeck geschrieben. Dass sich die Grün-Weißen weiter verjüngen wollen und der Nachwuchs daher das „Beuteschema“ darstelle. Schon kam der erste Leserbrief reingeflattert. Beuteschema – gruselige Begrifflichkeit, schrieb einer und wetterte gegen den VSK. Dabei kam die Formulierung von mir. Aber mit Leserbriefen kennst du dich ja auch aus. Stichwort Bornreihe.

Das stimmt, da gab es Lack aus dem Teufelsmoor – wenngleich mein Szenario in Sachen Landesliga-Abstieg natürlich nie und nimmer ernst gemeint war. Natürlich sollen wir neutral sein, aber so viel kann man wohl verraten: Über einen Abstieg „unserer“ Teams freuen wir uns definitiv nie. Ich denke, da spreche ich für Dich mit. Aber noch mal zum Thema Leserbriefe: Das ist doch genau das, was wir uns als Redakteure wünschen. Dass die Leser über unsere Texte reden und sich an der Diskussion im besten Fall sogar aktiv beteiligen. Dass man nicht immer einer Meinung ist, gehört dazu. Das müssen wir aushalten – und unsere Leser auch.

Ganz ehrlich: Ich war ja schon ein bisschen in Sorge, als Du danach das erste Mal wieder nach Bornreihe gefahren bist. Teeren und federn werden sie ihn, dachte ich. Ist ja glücklicherweise nicht so gekommen. Hätte es (gefühlt) aber, so groß wie die Aufregung war. Aber die Geschichte hat gezeigt: Der SV Blau-Weiß Bornreihe treibt die Leute um. Diese Saison ist aber auch bemerkenswert. Und mir stellt sich die Frage: Was muss eigentlich Michael Rickers denken? Der tritt nach nur einem Sieg aus neun Spielen als Trainer zurück und aus den anschließenden acht Begegnungen holt das Team 14 Punkte.

Manchmal ist Fußball einfach nicht logisch zu erklären. Dass der SV Löhnhorst beispielsweise in der Kreisliga Osterholz 14 von 15 Spielen gewonnen hat, hätte doch auch kein Mensch vor der Saison erwartet. Und das macht den Sport ja auch so unterhaltsam. Selbst in den unteren Ligen. Aber sag mal Dennis, was war denn eigentlich dein persönliches Highlight in den ersten Monaten hier im Landkreis Osterholz?

Highlight? Puh, gar nicht so einfach. Natürlich ist mir dieses 0:9 von Hagen/Uthlede nachhaltig in Erinnerung geblieben, ich war ja vor Ort. Das war allerdings ja eher ein Negativ-Highlight. Aber wenn ich etwas herausheben möchte, dann ist das der Osterholzer Fußballkreis selbst und die große Identifikation der Spieler und Vereine mit unserem Blatt. Das habe ich in den drei Sportredaktionen, in denen ich vorher gearbeitet habe, nicht so gemerkt. Das ist toll! Und deshalb finde ich es auch gut, wenn uns Leser ihre Meinungen zusenden. Du bist ja schon etwas länger hier und ist für dich nicht mehr ganz so etwas Besonderes, oder?

Da hast Du recht. Aber es ist etwas, was ich immer noch über alle Maßen schätze. Oftmals wird der kleine Osterholzer Fußballkreis ja etwas belächelt von den umliegenden großen Kreisen. Aber bei so etwas wie dem früheren „El Clasico“ zwischen dem SV Bornreihe und dem VSK, der den ganzen Landkreis elektrisiert hat und zu dem dann an die 1500 Zuschauer kamen (selbst in der Landesliga wohlgemerkt), haben sie dann alle neidvoll zu uns rübergeschaut. Wir sind hier ein kleines gallisches Dorf – aber der Landkreisfußball muss aufpassen, dass er nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Wäre die Saison jetzt vorbei, dann wäre Bornreihe aus der Landesliga abgestiegen und der VSK aus der Bezirksliga.

Mein lieber Herr Dohr, jetzt fangen Sie bitte nicht wieder an, irgendwelche Horroszenarien heraufzubeschwören. Nein, Bornreihe steigt nicht ab, und nein, auch der VSK kriegt noch die Kurve. Sage ich jetzt einfach mal. Beiden muss aber klar sein, dass es bis zum Ende um den Klassenerhalt gehen wird und sie in jedem Spiel alles abrufen müssen.

Das befürchte ich auch. Aber ich sehe darüber hinaus eben auch die große Gefahr, dass es in unserem kleinen Landkreis, der so eine großartige Fußballvergangenheit hat, bald keine Klubs mehr mit großen Visionen gibt. Man hört ja jetzt schon sehr oft: Diese und jene Liga ist viel zu groß für unseren Verein. Oder: Wir sind zufrieden, wo wir sind. Ernsthafte Ambitionen, sich mal eine oder zwei Ligen höher zu etablieren, scheint kaum noch jemand zu haben. Da bleibt leider momentan nur der neidische Blick zum FC Hagen/Uthlede. Naja, vielleicht liegt das ja auch an einem grundsätzlichen gesellschaftlichen Problem . . . Stichwort Ehrgeiz der jungen Spieler. Und da fällt mir übrigens gleich noch etwas ein: Was sagst Du eigentlich zum Thema eSoccer? Das ist ja für viele der älteren Generation ein rotes Tuch . . . und Du gehörst mit Deinen 40 Jahren ja auch schon fast zur älteren Generation.

Aber ich sehe nicht so alt aus. So! Abgesehen davon fühle ich mich immer noch jung genug, um mit den Jungen mitzufühlen. Warum soll man eSoccer verteufeln? Es scheint sich bislang ja auch nur diese eine Variante im „eSport“ durchzusetzen. Und die ist offensichtlich so gut, dass sie viele spielen wollen. Also solange es kein eTennis, eHockey, eBasketball gibt etc. sehe ich das Ganze noch recht entspannt. Ich frage mich nur: Wie wollen wir darüber berichten, wenn der eSport doch mehr werden sollte? Nach dem Motto: „Und dann drückte Gamer xy die Dreieck- und Kreistaste in so atemberaubender Schnelligkeit, dass sein Gegner keine Chance hatte?“

Sehr gut, mal gucken, wann der erste Journalist dafür einen Preis gewinnt . . . Nein, Spaß beiseite, ich sehe mich da durchaus als Traditionalist. Aber am Ende ist wichtig, dass die Menschen sich überhaupt in der „echten Welt“ treffen. Im optimalen Fall spielen sie dann „echten“ Fußball auf dem „echten“ Rasen. Aber wenn Sie davor oder danach noch ne Runde an der Konsole zocken und dabei ein Kaltgetränk im Vereinsheim zu sich nehmen, ist das doch allemal besser, als sich gar nicht mehr zusammenzusetzen. Nur in Sachen Berichterstattung habe ich eine ganz klare Meinung: Wir werden in der Zeitung verkünden, wer gewonnen hat, das auf jeden Fall. Aber nicht, wie die Spiele gelaufen oder wie die Tore gefallen sind. Das wäre dann wirklich eine Nummer zu viel „virtuelle Welt“.

Einverstanden! Aber wo wir schon über Zukünftiges gerade sprechen: Was wünscht du dir eigentlich für das Jahr 2020?

Vielleicht eine eSoccer-Edition „Osterholzer Fußball“. Da gibt es dann auch endlich wieder einen „El Clasico“, dann sogar vor 10 000 Zuschauern. Und am Ende wird Bornreihe Landesliga-Meister und hält die Klasse in der Oberliga. Der FC Hambergen steigt gemeinsam mit dem SV Löhnhorst in die Landesliga auf. Und beim SV Komet Pennigbüttel wird René Thiel mit exakt 44 Saisontoren und 44 Jahren Bezirksliga-Torschützenkönig. Und ein gewisser Tobias Dohr wird mit 42 direkten Torvorlagen zum besten Vorlagengeber. Man wird ja noch träumen dürfen.

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schließt das Jahr 2019 ab. In unserer etwas anderen Rückschau lassen wir die vergangenen Monate Revue passieren und diskutieren dabei auch über die Dinge, für die im redaktionellen Alltag oftmals kein Platz in der Zeitung ist. Nicht immer einer Meinung, aber meinungsstark. Nicht immer bierernst, aber mit voller Überzeugung für den hiesigen Amateursport. „Schott the Dohr“ – die Redakteure Tobias Dohr (oben) und Dennis Schott schließen die Tür.

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