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Redaktions-Zweikampf Braucht es eine Spielplan-Revolution?

Fußball und Winter - das passt oft nur bedingt zusammen. Deshalb
15.03.2023, 18:29 Uhr
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Von Thorin Mentrup Tobias Dohr

Landkreis Osterholz. Die Komplettabsage des vergangenen Wochenendes hat mal wieder gezeigt, wie schwer es ist, in den Wintermonaten einen geregelten Fußball-Spielbetrieb durchzuführen. Wenn das Wetter die Fußballer in die Zwangspause drängt, flammt damit einhergehend auch immer wieder die Diskussion über die Sinnhaftigkeit beziehungsweise Sinnlosigkeit von Fußball im tiefsten Winter auf. Nicht wenige plädieren seit Jahren dafür, das Spieljahr ans Kalenderjahr anzupassen. Andere wiederum sehen eindeutig Vorteile im System, wie es momentan gehandhabt wird. Schlagkräftige Argumente gibt es für beide Seiten.

PRO: Thorin Mentrup über die Vorteile des Status quo

Muss die Saison im Amateurbereich dem Kalenderjahr angepasst werden? Diese Diskussion ist fast so alt wie der Fußball selbst. Doch sie ist, im Gegensatz zum Spiel, alt und muffig. Es bedarf keiner Anpassungen. Warum? Weil es doch seit Jahrzehnten gut funktioniert, wie es ist.

Das jetzige Modell liefert Klarheit. Alle, vom Jugend- bis zum Seniorenbereich, wissen, was sie erwartet. Und dazu gehören eben auch die Spiele im Herbst und die Vorbereitung im Winter. Fußball ist ein Freiluft-Sport. Regen, Sturm und Schnee, und mit ihnen womöglich auch die eine oder andere Absage, sind Teil davon. Was vergessen wird: Spielausfälle sind die Ausnahme, nicht die Regel. Die vergangene Saison kam quasi ohne Absagen aus. Jetzt gab es ein Totalausfall-Wochenende im März. Im neuen Modell wäre der zweite Spieltag also bereis ausgefallen und sofort Termindruck auf dem Kessel. Ein grandioser Start in die Saison. Jetzt haben im Februar etliche Spiele stattgefunden, dazu nahezu alle Matches der Hinserie. Es wären mehr gewesen, wenn alle Vereine akzeptieren würden, dass man auch spielen kann, wenn Leistungsträger ausfallen. Doch fehlende Schlüsselspieler sind immer noch für einige ein Grund, das Wetter für eine Absage zu nutzen. Das ist unsportlich und fadenscheinig. Hier müsste man ansetzen und nicht an einer kompletten Umgestaltung der Saison.

Mal planerisch gedacht: Wie soll denn so eine Saison von Anfang März bis Ende Oktober aussehen? Das entspricht 35 Wochenenden, in die unter anderem Ostern und Pfingsten fallen. Wenn in der Bezirks- und Landesliga wie in dieser Saison 34 Spieltage angesetzt sind, muss an mindestens einem dieser Feiertage gespielt werden. Dann sind diese keine Nachhol-, sondern ab sofort Pflichttermine. Auf Ausfälle, die auch im Frühjahr noch passieren können (siehe das vergangene Wochenende), lässt sich kaum reagieren, gerade auf Bezirksebene, wo Partien unter der Woche teilweise mit einem halben Tag Urlaub für die Beteiligten verbunden sind. Und Englische Wochen? Ein guter Witz, wenn man mittwochabends nach Uelzen reisen muss. Die funktionieren – wenn überhaupt – nur auf Kreisebene mit kurzen Wegen. Und wann sollen die Pokalspiele stattfinden? Das ist Terminstress pur, der nicht einmal eine Sommerpause ermöglicht. Dabei brauchen Hobbykicker auch mal eine Auszeit. Aber die Puffer fehlen beim neuen Plan.

Nicht gut für die Vereine

Auch den Vereinen würde eine Saison im Kalenderjahr schaden. Das Saisonende etwa fände in einer Zeit statt, in der die Wahrscheinlichkeit der Absagen steigt. Wie soll garantiert werden, dass die Partien, in denen es um Auf- oder Abstieg geht, parallel stattfinden? Es droht die Gefahr, das Saisonende immer wieder herausschieben zu müssen. Die ist im Mai oder Juni wesentlich geringer. Diese Monate sind zudem zuschauer-freundlicher. Entscheidende Spiele und gutes Wetter bringen volle Plätze und wichtige Einnahmen. Auch aus Vereinssicht muss die Saison in den schönen Monaten enden.

Dazu kommt: Eine Saison ohne Sommerpause würde das Aus quasi aller Sportwochen bedeuten. Viele Osterholzer Vereine müssten ihre auch finanziell attraktiven Traditionen beerdigen. Aber der SV Bornreihe kann seinen Hans-Hexe-Wendelken-Cup ja auch im Februar austragen. Kommt bestimmt gut an. Eine ans Kalenderjahr angepasste Saison wäre also insbesondere für die Osterholzer Vereine ein Schlag ins Gesicht – und ist auch deshalb nicht zu gebrauchen.

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KONTRA: Tobias Dohr über die Vorteile einer neuen Saisonplanung

Jahr für Jahr ist es dasselbe Trauerspiel: Trainer beklagen die schlechten Rahmenbedingungen, eine kaum mögliche geschweige denn sinnvolle inhaltliche Gestaltung und in Folge dessen eine immer schlechter werdende Trainingsbeteiligung. Und Schuld daran ist nur eine Sache: die Jahreszeit. Wo Fußballer an warmen und hellen Juli-Tagen gerne zum Training gehen, sind der dunkle Januar und der kaltnasse Februar eine einzige Zumutung für Gemüt und Motivation.

Wenn dann bereits Mitte/Ende Februar die Punktspiele wieder starten sollen, aber reihenweise ausfallen, ist die Stimmung vielerorts bereits am Tiefpunkt. Im Nu türmen sich die Nachholspiele im April und Mai, die Trainingsgestaltung wird deshalb weiterhin nicht konstruktiver – und die Teams landen in einer Spirale, die sich jedes Jahr aufs Neue dreht und für wenig Freude an der schönsten Nebensache der Welt sorgt. Dabei könnte es so einfach sein.

Die Punktspielsaison startet Ende März und läuft bis Anfang November, das sind in etwa 35 Wochenenden. Ausreichend Zeit also, um bei 30 Spieltagen im Sommer sogar eine vier- oder fünfwöchige Pause einzulegen. Schiebt man in den Monaten vor und nach den Sommerferien jeweils nur eine englische Woche pro Monat ein (was bei umsichtiger Planung übrigens problemlos  auch in Bezirks- und Landesliga geht) hätte man sogar noch mehr Puffer. Wer möchte, gönnt seinem Rasenplatz in den Sommermonaten also vier bis sechs Wochen Regenerationszeit. Andere Vereine könnten in besagter Sommerpause sogar problemlos die im Landkreis Osterholz so beliebten Sportwochen durchführen. Der perfekte Pausenfüller für die warme Jahreszeit. Besser geht es nicht. Doch es geht sogar noch weiter mit den Vorteilen.

Keine lästigen Nachholspiele vor Weihnachten

Die lästigen Nachholspiele kurz vor Weihnachten fallen weg, die Spieler könnten stattdessen im Dezember und Januar komplett pausieren, in dieser Zeit für die Grundlagenausdauer sorgen, oder aber bei den in dieser Zeit stattfindenden Hallenturnieren mitmachen, die dann endlich auch viel besser zur Geltung kommen, weil sie nicht mit irgendwelchen Testspielen in Konkurrenz stehen. Die eigentliche Vorbereitungszeit beginnt dann im Februar, die Pause im Sommer wäre im Gegensatz zur jetzigen – oftmals mehrmonatigen – Saisonunterbrechung im Winter eine wirklich regenerative Pause, in der die Trainer verlässlich und individuell einen Plan entwerfen können, um ihre Spieler fit zuhalten für die zweite Saisonhälfte. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Die Saison von März bis Oktober wäre endlich zuschauerfreundlich.

Wer hat schon Lust, sich Anfang Februar oder Ende November bei 3 Grad und Nieselregen ein Bezirksliga-Spiel anzuschauen? Wenn man aber bei 23 Grad mit dem Fahrrad zum Platz fahren kann, wird sich das auch positiv auf die Zuschauerzahlen – und infolge dessen auch auf die Einnahmen und Umsätze der Vereine auswirken.

"Und was ist mit der Abschlussfahrt nach Mallorca?", werden jetzt einige Kicker fragen. Nun, die kann in unteren Ligen ja trotzdem problemlos in der Sommerpause stattfinden und hätte sogar den Vorteil, dass niemand als Absteiger oder mausgrauer Tabellenzwölfter nach Mallorca fliegen muss. Die besonders erfolgreichen Teams hängen dann Ende November einfach noch eine Woche Skifahren dran. Und wer sich dort verletzt, hat dann bis zur neuen Spielzeit sogar zweieinhalb Monate Zeit, um die Verletzung auszukurieren. Wie gesagt: eine Neuordnung des Spieljahres hätte ausschließlich Vorteile. 

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Info

In unserer Rubrik „Redaktions-Zweikampf“ nehmen zwei Sportredakteure ganz bewusst gegensätzliche Standpunkte ein. Ziel ist es, ein aktuelles Thema aus zwei unterschiedlichen Blickrichtungen zu betrachten – um damit zu verdeutlichen, wie kontrovers gewisse Themen diskutiert werden können und wie wichtig es ist, beide Seiten einer Medaille zu betrachten. In der aktuellen Ausgabe setzen sich Thorin Mentrup und Tobias Dohr mit der Frage auseinander, ob Fußball im Winter Sinn macht, oder ob man die Saison vielleicht besser verschieben sollte. Wie immer an dieser Stelle der Hinweis: Die hier geäußerten Sichtweisen der Sportredakteure decken sich mitunter nicht mit der tatsächlichen Meinung der Autoren.

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