Kaum ein Ereignis hat die Osterholzer Fußballszene in diesem Jahr in solche Aufruhr versetzt wie der angekündigte Rückzug des FC Hambergen in der Bezirksliga Lüneburg 3. Er ist eine Reaktion auf die sportliche Misere, in der 1. und 2. Herren stecken. Beide Mannschaften stehen weit abgeschlagen am Tabellenende und waren mit ihren Trainern an den Vorstand herangetreten, eine Lösung in dieser verzwickten Situation zu finden. Gemeinsam entschied man sich nun dazu, die 1. Herren nicht mehr antreten zu lassen und die zweite Mannschaft in der Kreisliga zu verstärken.
Bereits im Sommer war klar, dass beiden Teams wohl eine schwere Saison bevorstehen würde. Beide hatten einen kompletten Umbruch vollzogen, der nach einer nicht geräuschlosen Vorsaison der 1. Herren nötig geworden war. Die Mannschaft war nach dem sang- und klanglosen Abstieg aus der Landesliga Lüneburg in erneute Abstiegsnöte geraten, weshalb der damalige Trainer Julian Gelies bereits zum Ende der Hinrunde seinen Abschied zum Saisonende angekündigt hatte. Der Vorstand forcierte in der Winterpause hingegen einen sofortigen Trainerwechsel, mit dem sich die Mannschaft nicht einverstanden erklärte. Die Folge war ein personeller Aderlass, dem der Verein fast ausschließlich mit Spielern der Zweitvertretung entgegenwirkte. Das dadurch entstandene Vakuum bei der 2. Herren wiederum wurde mit Spielern aus der 3. Mannschaft aufgefüllt.
Schnell zeigte sich, dass beide Mannschaften sportlich überfordert sind. Das Bezirksliga-Team holte in elf Spielen nur einen Zähler, die Kreisliga-Mannschaft noch keinen einzigen. "Aufgrund zahlreicher Verletzungen und anderer Umstände ist die Mannschaft derzeit weder qualitativ noch quantitativ in der Lage, in der Bezirksliga mitzuhalten. Die anhaltend negativen Ergebnisse haben nicht nur die sportliche Performance, sondern auch das Mannschaftsklima stark belastet. Es bestand die Befürchtung, dass sich die Situation weiter zuspitzt und zur nächsten Saison keine spielfähige Mannschaft mehr gestellt werden kann", erklärte der Verein in einer Pressemitteilung. Leicht fiel die Entscheidung mitnichten. „Die aktuelle Situation ist für alle Beteiligten sehr belastend“, sagte Jens Brauns, Vorsitzender des FC Hambergen. Und weiter: "Unser Ziel ist es, den Verein wieder sportlich auf stabile Beine zu stellen."
Die Redakteure Tobias Dohr und Dennis Schott diskutieren: War der Rückzug des FC Hambergen aus der Bezirksliga richtig?
PRO: Warum der Rückzug nachvollziehbare Gründe hat
Es gibt nichts schönzureden. Und das machen die Verantwortlichen auch erst gar nicht. Der Rückzug der 1. Herren des FC Hambergen aus der Fußball-Bezirksliga ist ein Einschnitt. Man muss sich das vor Augen führen: 19 Spieltage vor dem Ende der Saison steht der erste Absteiger bereits fest. Das ist auf dieser Ebene ein bemerkenswerter wie bedenklicher Vorgang. Klar war von vornherein, dass den „Zebras“ nach den vielen Abgängen im Sommer eine sehr schwere Saison bevorstehen würde. Dass sie solche Ausmaße annehmen würde, vor allem so früh, war indes nicht klar. Aber muss man den Verein für seine Maßnahme zwangsläufig kritisieren?
Der Vorstand hat lediglich auf den Hilferuf der Mannschaft reagiert. Die hohen Niederlagen der vergangenen Wochen schlugen verständlicherweise stark aufs Gemüt, und weil eine Besserung ziemlich unrealistisch erschien, musste eine Lösung gefunden werden. Eine Lösung in einer sehr prekären Lage, wohlgemerkt. Keine einfache Angelegenheit. Die Saison einfach so weiterlaufen zu lassen, war jedenfalls keine Option. Die Entscheidung, die der Vorstand nun getroffen hat, ist dabei ein maximales Entgegenkommen der Mannschaft gegenüber.
Das große Unverständnis über den Rückzug ist in diesem Zusammenhang schon fast belustigend. Im Winter musste man den Vorstand noch (zurecht) dafür kritisieren, die Tragweite der Trennung von Ex-Trainer Julian Gelies vor allem bei der Mannschaft nicht richtig erkannt zu haben. Der Vorfall war ja der Grund für die vielen Abgänge im Sommer gewesen. Die Spieler waren nicht einverstanden gewesen, wie ihr Trainer abserviert wurde. Und jetzt, da der Vorstand auf die Sorgen seiner Mannschaft nachhaltig eingeht, soll es auch nicht recht sein? Das kann es doch wohl nicht sein.
Es blieb kaum eine Alternative zum Rückzug. Wie hätte sie aussehen sollen? Die 1. Herren ins sportliche Elend laufen lassen? Und mit ihr die zweite Mannschaft, die ebenfalls abgeschlagen am Ende der Kreisliga-Tabelle steht? Welche Spuren hätte das wohl bei den Mannschaften hinterlassen, wenn sie schon jetzt deutlich spürbar sind? Der Scherbenhaufen wäre vermutlich noch größer, als er im vergangenen Sommer war. Die Spieler hätten nur eines im Sinn: weg aus Hambergen.
Vor allem macht der Rückzug sportlich durchaus Sinn. Anstatt sich Woche für Woche hohe Niederlagen einzuholen und sang- und klanglos abzusteigen, werden nun gemeinsam mit der zweiten Mannschaft eine Liga tiefer die Kräfte gebündelt. Abgestiegen wäre die 1. Herren so oder so, die "Kröte" Kreisliga musste sie also schlucken. Nun haben die Hamberger einen gesunden Grundstock, um eine Liga tiefer eine gute Rolle zu spielen. Um wieder etwas aufzubauen. Um wieder Spaß am Fußball zu haben. Und vor allem, um dann wieder eines zu sein: konkurrenzfähig.
KONTRA: Warum der Rückzug eine katastrophale Wirkung hat
Der Rückzug der ersten Herrenmannschaft aus dem Spielbetrieb der Fußball-Bezirksliga Lüneburg 3 nach nur elf absolvierten Partien kommt einer sportlichen Bankrotterklärung gleich. Der FC Hambergen hat mit dieser Entscheidung für ein Erdbeben gesorgt, die Reaktionen sind entsprechend: Entsetzen und Unverständnis haben sich seit der offiziellen Verkündung großflächig Bahn gebrochen. Aber nicht nur deshalb gibt es keine andere Meinung: Dieser Rückzug hätte um jeden Preis verhindert werden müssen.
Vor allem die Begründung lässt einen ratlos zurück: Alle sollen wieder mehr Spaß und Freude an ihrem Hobby haben, deshalb mache es mehr Sinn, fortan mit vereinten Kräften in der Kreisliga zu spielen. Das mag allerhöchstens auf den ersten Blick nachvollziehbar sein, zwischen den Zeilen bedeutet es nichts anderes als: Sobald ich mal eine etwas längere Durststrecke durchlebe, ziehe ich mich zurück, haue ab, ziehe den Schwanz ein und suche mir eine neue Komfortzone. Getreu dem Motto: Bloß keine Widerstände und Negativerlebnisse. Ist es nicht genau das, was gerade viele ältere Menschen an der sogenannten Generation Z ständig bemängeln? Bei den "Zebras" haben nun aber auch die erfahrenen Spieler, das Trainerteam und der Vorstand die Entscheidung mitgetragen, zum Teil sogar initiiert. Und das schon nach elf Spieltagen.
In der Startaufstellung beim vorerst letzten Bezirksligaspiel gegen Oyten standen zehn (!) Akteure in der Startelf, die viele Jahre höherklassig gespielt haben, ein Großteil war mit den Rot-Weißen sogar in der Landesliga aktiv. Diesbezüglich mutet es geradezu lächerlich an, von einer Bezirksligauntauglichkeit zu sprechen. Die Außenwirkung ist deshalb umso verheerender, zumal die Hamberger den sportlichen Wettbewerb mit Füßen treten. Wenn diese Entscheidung Schule macht, dann kann man den Ligabetrieb gleich einstellen, dann werden sich bald die sportlich erfolglosen Teams in Serie vom Spielbetrieb abmelden. Eine Liga weiter unten macht es doch viel mehr Spaß. Nein, so funktioniert Sport nicht. Und so etwas gehört sich einfach nicht. Nicht in der Kreisklasse und schon gar nicht in der Bezirksliga.
Wo es Gewinner gibt, da muss es auch Verlierer geben, manchmal auch Serienverlierer. Das ist nicht schön, aber das muss man aushalten – vor allem, wenn man zuvor viele Jahre lang erfolgreich war. Ja, es ist viel schiefgelaufen in den vergangenen Monaten beim FC Hambergen. Aber gemessen an den Jahren zuvor ist die aktuelle Phase immer noch eine kürzere Episode. Auch vor diesem Hintergrund ist es erschreckend, dass der Verein nicht in der Lage war, die Situation anders zu lösen. Und letztlich: Dass die jetzige Entscheidung nun automatisch zu einer besseren internen Konstellation führt, ist zum jetzigen Zeitpunkt wohl eher Wunschdenken als feststehende Realität.