Bei der Reform der Grundsteuer legt die Stadtverwaltung Osterholz-Scharmbeck nun erstmals einen neuen Richtwert für die nähere Zukunft vor: Die Stadt peilt einen Hebesatz von 585 Prozent an. Er soll sowohl für die Grundsteuer A (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) als auch für die Grundsteuer B (bebaute und unbebaute Grundstücke) gelten. Derzeit liegt der Hebesatz bei jeweils 550 Prozent.
Die Stadt schlägt vor, für Grundsteuer A und B weiterhin den identischen Satz anzuwenden. Aus Sicht der Verwaltung wäre es nicht richtig, den Hebesatz für die Grundsteuer A übermäßig anzuheben, da mit der Grundsteuerreform zugleich auch Bestandteile der Grundsteuer A zur Grundsteuer B verlagert werden. Hintergrund ist, dass vor der Reform die Wohnteile eines Betriebs zur Land- und Forstwirtschaft zählten, die nach der Reform nun zum Grundvermögen gerechnet werden, also mit der Grundsteuer B zu besteuern seien. Die Folge: sinkende Messbeträge in der Grundsteuer A und eine Verschiebung zugunsten der Grundsteuer B. „Es wird daher vorgeschlagen, einen einheitlichen Hebesatz für die Grundsteuer A und B zu beschließen“, heißt es seitens der Stadtverwaltung.
Messbescheide nicht komplett
Wie hoch der künftige Hebesatz genau liege, ohne dass dadurch die städtischen Gesamteinnahmen steigen, werde erst in den kommenden Wochen feststehen, erläutert Melina Köhnken von der Kämmerei der Stadt. Derzeit lägen noch nicht alle Messbescheide vor. Bei der Grundsteuer A fehlten circa 1,6 Prozent und bei der Grundsteuer B sind knapp zwei Prozent der Bescheide noch offen. Zudem könnten etwa zehn Prozent der Berechnungen fehlerhaft sein, wie sich bei der Eingabe der vom Finanzamt übermittelten Daten gezeigt habe. Als Beispiel nannte Köhnken, dass Wohnfläche und Grundstücksfläche dieselben Werte aufwiesen. Sämtliche Korrekturen lägen vermutlich erst Anfang 2025 vor.
Im zweiten Quartal 2025 soll der Datenbestand besser ausfallen, große Fehler dürften bis dahin bereinigt sein. „Sollte der Hebesatz im Jahr 2026 aufgrund von Fehlerbereinigungen erheblich nach oben oder unten abweichen, muss der Hebesatz im Nachgang noch mal angepasst werden“, stellt Köhnken in Aussicht. Versteckte Erhöhungen im Schlepptau der Reform sind nicht gewollt. Schon jetzt stehe aber fest, dass es zu Verschiebungen für einige Bürger kommen werden. „Es wird Gewinner und Verlieren geben“, sagt die stellvertretende Fachbereichsleiterin.
Bürgermeister Torsten Rohde sieht sich gleichwohl im Wort bei den Bürgern. Der Hebesatz werde aufkommensneutral berechnet, verspricht Rohde. Im Finanzausschuss wies er darauf hin, die Stadt wolle eine Methode anwenden, die „wirklich praktikabel“ sei. Aus seiner Sicht ergebe es keinen Sinn, schon jetzt über „das letzte Prozent“ zu sprechen, betonte der Bürgermeister. Der Hebesatz könne sich vielmehr nochmal leicht nach unten oder nach oben entwickeln. Aber: „Es werden um die 585 Prozent sein.“ Grundlage bleibe in jedem Fall das Ziel eines aufkommensneutralen Hebesatzes. Im Fokus stehe die im Haushalt verbuchte Gesamtsumme von 7,68 Millionen Euro Grundsteuereinnahmen.
Zustimmung aus der Politik
Mehrere Ratsfraktionen haben Zustimmung für den Vorschlag der Stadtverwaltung signalisiert. Ulrich Messerschmidt (CDU) hebt hervor: „Es ist keine Steuererhöhung.“ Seitens der Politik liege der Wille vor, im Bedarfsfall nachzubessern, betonte er im Finanzausschuss. Messerschmidts Parteikollege, Harry Laube, hatte Lob für die Kämmerei parat. Laube zeigte sich „begeistert über die Stadtverwaltung“. Auch die SPD will dem Vorschlag der Verwaltung folgen, wie Sozialdemokrat Peter Schnaars betonte.
Jörg Fanelli-Falcke (Bündnis90/Die Grünen) hält den Vorschlag der Verwaltung für „nachvollziehbar“. „Es geht um eine neue Gerechtigkeit“, betonte Fanelli-Falcke. Er stellt klar, dass bei den Bürgern durchaus „Zähneknirschen“ entstehen könne. Aber es sei richtig, das Thema anzupacken und den Menschen klarzumachen, dass „wir dies gemeinsam zu tragen haben.“ Er halte es zudem für gerecht, am Ende „eher zu einem Aufrunden zu kommen“, so Fanelli-Falcke.
Rein rechnerisch wäre derzeit ein einheitlicher Hebesatz (für Grundsteuer A und B) von exakt 587,6 Prozent nötig, um auf die Summe von 7.680.000 Euro zu kommen, wie Melina Köhnken erläutert. Köhnken machte anlässlich der Sitzung des Finanzausschusses – in Namen der Verwaltung – den Vorschlag, einstweilen auf 585 Prozent abzurunden.
Feinabstimmung erfolgt noch
Eventuelle Verschiebungen sollen noch bis zur entscheidenden Ratssitzung am Donnerstag, 19. Dezember, eingearbeitet werden. Weitere mögliche Abweichungen, die sich im Laufe des Jahres 2025 abzeichnen könnten, sollen ebenfalls noch in die endgültige Bemessung des Hebesatzes einfließen.