Osterholz-Scharmbeck. Die Firma Koenen hat neue Pläne für das Wulfsküche-Quartier in Scharmbeckstotel vorgelegt. Die geänderten Entwürfe überzeugen aber weder die Verwaltung noch die Kritiker. Damit steckt das umstrittene Großprojekt weiterhin in einer Sackgasse. Deshalb geht der Investor nun andere Wege – und wirbt bei der größten Fraktion im Stadtrat gezielt um Unterstützung für sein Bauvorhaben.
Der Schmuddelwinter hat sich über das Gebiet Auf der Wulfsküche gelegt. Da, wo auf Vorschlag der Firma Koenen maximal gut 170 Wohneinheiten entstehen können, weichen Regenschauer den Ackerboden auf. Hinter den Kulissen geht es bereits handfest zu: Ulrich Koenen hat die Vorweihnachtszeit genutzt, um abgeänderte Pläne für das künftige Quartier im Bauamt der Stadt vorzulegen. Statt für Jubel sorgen diese eher für Gähnen. Aus Sicht der Verwaltung gibt es kaum Unterschiede zu früheren Entwürfen. Die Pläne seien „indiskutabel“, betont Baudezernent Manuel Reichel auf Nachfrage der Redaktion.
Weniger Wohneinheiten
In den Plänen, die beim städtischen Bauamt Mitte Dezember eingereicht wurden, korrigiert Koenen die Anzahl an Wohneinheiten von einst 170 auf nun etwa 150. Ansonsten stellt Reichel nur minimale Änderungen im Vergleich zu den bekannten Skizzen fest. Fest stehe, dass auch 150 Wohneinheiten und die damit zu erwartende Anzahl an Neubürgern für Scharmbeckstotel unverträglich seien. "Das Projekt passt so nicht in den Ort."
Reichel verweist in diesem Zusammenhang auf die Fachausschuss-Sitzung im Oktober 2022. Damals seien die Pläne auch deshalb abgelehnt worden, weil sie „Unmengen an städtebaulicher Qualität“ vermissen lassen (wir berichteten). Die Verwaltung rechne nicht mit 170 oder 150, sondern mit 70 Wohneinheiten für das etwa 70.000 Quadratmeter große Areal. Es könne nicht angehen, dass Investoren Neubaugebiete mit Wohnraum zupflasterten, stellt Reichel klar. Das Wulfsküche-Quartier müsse nicht um jeden Preis realisiert werden, so der Baudezernent.
Keine Bewegung?
Bauunternehmer Ulrich Koenen sieht folgerichtig keine Bewegung in der Sache. "Es gibt überhaupt nichts Neues aus unserer Sicht", sagt der Unternehmer auf Anfrage der Redaktion. Man sei aber dabei, "Gespräche in Gang zu bringen". Mehr möchte er öffentlich nicht dazu sagen. Nur so viel: Mit großer Wahrscheinlichkeit komme 2023 Bewegung in die Sache.
Wie die Redaktion von anderer Stelle erfahren hat, sucht Ulrich Koenen jetzt den direkten Kontakt zur Politik – genauer gesagt zur SPD. Bei einem vertraulichen Treffen mit Vertretern der stimmenstärksten Fraktion im Rat der Kreisstadt hat der Bauunternehmer seine Pläne ein weiteres Mal vorgestellt. In der auserwählten Gesprächsrunde war offenbar nicht von 150 Wohneinheiten, sondern von 135 die Rede, wie nun herauskommt. Damit hätten die SPD-Politiker niedrigere Zahlen unterbreitet bekommen als leitende Kräfte der Stadtverwaltung.
Siegel der Verschwiegenheit
Peter Schnaars, SPD-Ratsherr und Ortsvorsteher von Scharmbeckstotel, möchte diese Zahl nicht bestätigen. Zwar habe er am Treffen mit Ulrich Koenen teilgenommen, so Schnaars auf direkte Nachfrage. Es habe allerdings unter dem "Siegel der Verschwiegenheit" stattgefunden. Das Treffen sei der "richtige Weg" gewesen, sich das Projekt "einmal in Ruhe" vom Investor vorstellen zu lassen, ist Schaars überzeugt. Scharmbeckstotels Ortsvorsteher beurteilt die Angelegenheit nüchtern: Die Stadt habe eine Meinung, der Bauunternehmer Ulrich Koenen teile eben eine andere Einschätzung. Am Ende aber entscheide immer der Rat, gibt Schnaars zu bedenken.
Scharmbeckstotels Ortsvorsteher will ebenso wie Koenen, dass es mit dem Wulfsküche-Quartier 2023 vorangeht. Schließlich habe sich die Politik im Sommer 2022 für das Aufstellen des Bebauungsplanes Nummer 214 „Auf der Wulfsküche“ und einer Änderung des Flächennutzungsplans ausgesprochen. (Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung fiel am 2. Juni 2022 im nicht-öffentlichen Verwaltungsausschuss.) Außerdem gebe es das Stadtentwicklungskonzept und damit den Konsens, mehr Wohnraum zu schaffen. Seit Jahren werde über die Bebauung des Wulfsküche-Quartiers verhandelt und geredet. Nun müssten Taten folgen. „Irgendwann muss es mal zum Schluss kommen“, so Schnaars.
Werkstattgespräch im Februar
Fragen und Details könnten – wie üblich – im Beteiligungsverfahren und zusammen mit den Einwohnern des Ortes sowie mit Kritikern des Bauvorhabens geklärt werden. Für Mitte Februar lädt Peter Schnaars wieder zu einem Werkstattgespräch in die Aula der Grundschule ein. Dann soll in öffentlicher Runde auch über die Pläne für das Wulfsküche-Quartier gesprochen werden. Zudem soll über das Thema in den kommenden Monaten in den Ausschüssen öffentlich beraten werden.
Die Verwaltung will sich derweil nicht vorführen lassen. Auch die Folgekosten eines derartigen Projekts müssten berücksichtigt und fair verteilt werden, macht Baudezernent Manuel Reichel klar. Investoren sollten daher klare Regeln an die Hand bekommen, wenn es an das Entwickeln eines neuen Wohnquartiers gehe. Die Stadt beabsichtigt, Baufelder für Investoren klar zu definieren, um eine aufgelockerte Bebauung zu erreichen. „Es kann nicht der ganze Raum bis zum Letzten ausgereizt werden“, sagt Reichel.