Bereits seit Jahren präsentiert die Bremer Künstleragentur „Art-Genossen“ zur Neujahrsbegrüßung wechselnde, zum Teil internationale Künstler in der Klosterkirche St. Marien, welche jeweils von der agentureigenen Hausband begleitet werden. So gab es an selber Stelle in den Vorjahren unter vielen anderen bereits Konzerte der schwedischen Wahlberlinerin Siri Svegler, des Bob-Dylan-Tributanten Bernd Sternberg und der Wahlbremer Countrylady Ann Doka zu lauschen.
Auch der Norweger Bent Ivar Depui Tversland zählte bereits zuvor zu diesem Künstlerreigen. Somit gab es an diesem Neujahrsabend für nicht wenige Gäste der gut besuchten St. Marienkirche nach langen Jahren ein Wiederhören mit dem melancholischen Norweger, dessen markante Reibeisenstimme sich nach wie vor mühelos in eine Riege mit Tom Waits, Joe Cocker oder auch Hans Hartz einreiht.
Längere Zusammenarbeit
Im Falle des Osloer Songschreibers sind die Art-Genossen über die bereits zehnjährige Zusammenarbeit jedoch mehr geworden als eine bloße Projektband für gelegentliche Deutschlandtourneen: „Im Wesentlichen hat sich Depui von einer norwegischen Band über eine norwegische Band mit deutschen Musikern ausschließlich auf Deutschlandkonzerten hin zu einer Band mit deutschen Musikern und norwegischem Sänger entwickelt“, erklärt Bassist Martin Zemke die seither vollzogene Entwicklung. Zusammen mit Agenturchefin Regina Mudrich an der Geige bildet Zemke den Kern der Art-Genossen-Band.
So arbeitete der Sänger und Songschreiber bereits bei vergangenen Albumveröffentlichungen mit seiner musikalischen Bremer Konzertagentur zusammen und veröffentlichte gemeinsam mit dieser unlängst auch das Album „Long Road Ahead“, das im Vorjahr gemeinsam mit dem Schwaneweder Toningenieur Horst Siegert aufgenommen wurde.
Die darauf enthaltenen Songs nahmen nicht nur einen guten Teil des Konzertprogramms ein, sondern bleiben auch in konservierter Form ausschließlich Konzertbesuchern vorbehalten: „Dieses Album ist auf 200 CDs limitiert und wird nicht nachgepresst“, informierte Regina Mudrich die zahlreichen Zuhörer.
Verschluckte Münze
Die darauf enthaltenen neuen Songs fügen sich im Konzertrahmen indes nahtlos in das bisherige Depui-Oeuvre ein; schließlich kaprizierte sich der Norweger noch nie auf ein bestimmtes Genre. So treten Depui einmal mehr den Beweis an, dass Oslo-Polka, von norddeutschen Musikern interpretiert, einen gewissen Balkan-Flair aufweist; unternehmen jedoch gleichermaßen Ausflüge in Richtung Country, Blues, Chanson oder auch einfach Poprock.
Der rote Faden dieser stilistischen Mixtur besteht neben Mudrichs Geigenarbeit und Tverslands Reibeisenstimme, welche er sich einhandelte, nachdem er im Kindesalter einst versehentlich eine Öre-Münze verschluckte, auch aus einem nahezu durchgehend melancholischen Grundtenor. Schließlich verhält es sich bei Tversland ähnlich wie bei seinen eingangs benannten „Stimmzwillingen“, deren kratzige Timbres ihre volle Intensität am ehesten bei eindringlichen, balladesken Klängen entfalten.
Wer also nach einer beschwingten, positiv-optimistischen musikalischen Neujahrsbegrüßung suchte, dürfte mit dem Konzert dieser norwegisch-deutschen Musikerfreundschaft allenfalls partiell auf seine Kosten gekommen sein. Da es sich sowohl bei den Art-Genossen als auch ihrem norwegischen Frontmann keinesfalls um Unbekannte in der Klosterkirche handelt, darf zumindest vermutet werden, dass die Zuhörenden eher nach einem besonderen und in vielerlei Hinsicht recht exklusiven Konzerterlebnis dürsteten – und in dieser Hinsicht ließen Depui wie gewohnt keine Wünsche offen.