Landkreis Osterholz. Wer momentan im Landkreis Osterholz oder in anderen Regionen in eine Apotheke geht und bestimmte Medikamente haben möchte, der wird in vielen Fällen vertröstet. "Derzeit nicht lieferbar" heißt es bei vielen Präparaten. Die Situation betrifft vor allem bestimmte Antibiotika, die bei zahlreichen Indikationen zum Einsatz kommen, aber auch viele gängige Medikamente, Fiebersäfte, flüssige Schmerzmittel oder auch Mittel gegen Bluthochdruck.
Am auffälligsten sei der Engpass bei Antibiotika für Kinder, sagt Bughard Nohns. Er ist Betreiber der Alten Apotheke und der Avie-Apotheke in Osterholz-Scharmbeck. "Der Mangel geht aber kreuz und quer durch die Medikamente", erzählt er weiter. Gründe dafür sieht er zum einen in der Abhängigkeit von China und Indien, wenn es um die Herstellung von Arzneimitteln gehe. "Durch Corona wurden viele Lieferketten unterbrochen." Aber auch das Verhältnis zwischen den Herstellern und den Krankenkassen sei ein Faktor. "Für viele Hersteller ist die Produktion ohne feste Lieferverträge mit den Kassen nicht mehr lukrativ", meint Nohns. Als dritten Aspekt sieht er die momentanen Preissteigerungen. "Wenn das Papier für die Beipackzettel teurer wird oder Glasfläschen nicht mehr zu bekommen sind, lohnt sich die Herstellung und der Verkauf in Deutschland nicht mehr." So komme es, dass beispielsweise in den Niederlanden Medikamente problemlos zu bekommen sind, die in Deutschland wiederum Mangelware sind.
Um der Situation zu begegnen, greift Nohns auf andere Packungsgrößen oder Hersteller zurück. Diese Strategie verfolgt auch Michael Krafft, Apotheker in der Stern-Apotheke. In einigen Fällen würde er die doppelte Dosis abgeben, die geteilt werden müsse, in anderen Fällen die halbe, die dann doppelt eingenommen werden müsste. Krafft betont: "Die Patienten beziehungsweise Kunden leiden nicht unter dem momentanen Mangel. Wir improvisieren, wo es geht." Nohns schränkt hier allerdings ein: "Wir sind durch die Verträge mit den Krankenkassen ebenfalls eingeengt." Die Kunden reagierten oft betroffen, dramatisierten die Situation zum Teil oder seien entsetzt, erzählt Michael Krafft. "Die Lage ist nicht unbedingt dramatisch, aber sie nervt", meint der Apotheker.
Barbara Blum, Betreiberin der Koppel-Apotheke in Osterholz-Scharmbeck, sagt: "Wir freuen uns, wenn wir die Deckel unserer Bestellung aufmachen und zumindest ein Teil davon in der Kiste ist." Sie stehe bei Herstellern und Großhändlern derzeit bei vielen Dingen auf der Warteliste, und die Ware, die sie bekommt, sei oft Kontingentware. Um die Kunden dennoch versorgen zu können, stehe sie in Kontakt mit Partner-Apotheken. Einige Kunden kämen von weit her, in der Hoffnung, dass es zumindest bei ihr noch Fiebermedikamente für Kinder gibt. "Manche kommen aus der Kinderklinik in Bremen, haben es dort schon versucht und klappern dann die Apotheken in der weiteren Umgebung ab."
Fiebersaft aus eigener Herstellung
Manche Präparate können Apotheken aber auch selbst herstellen. Blum berichtet, dass sie beispielsweise schon Fiebersäfte für Kinder selbst hergestellt hätte. "Das ist mit der Dokumentation und den Plausibilitätsnachweisen aber ein großer Aufwand." Und auch geschmacklich kämen diese Eigenprodukte nicht gut an. "Der bittere Geschmack des Ibuprofen ist so präsent, so viel Himbeersirup können wir da gar nicht reinmachen." Apotheker Krafft sagt, dass die Eigenherstellung solcher Fiebersäfte eigentlich nur im Notfall sinnvoll sei, im normalen Tagesgeschäft fehlten dafür oft die Kapazitäten.

Apothekerin Ursula Frerker-Müller schaut auf die Lücke in ihrem Regal. Dort sollte eigentlich ein Hustensaft für Kinder stehen.
Eine solche Mangelsituation hat auch Ursula Frerker-Müller in 36 Jahren als Apothekerin nicht erlebt. "Es war sonst eigentlich alles bestellbar", sagt die Inhaberin der Lilien-Apotheke im Lilienthaler Zentrum. Ihr Kollege Otto Wilken bestätigt diese Erfahrung. "Diese monatelangen Engpässe kenne ich nicht", erinnert sich der 63-Jährige, der seit 1987 die Rats-Apotheke in Lilienthal betreibt. Wenn die Kundschaft ein Medikament nicht gleich bekommen kann, führt das nach Angaben von Wilken immer wieder zu Enttäuschung. Den Patientinnen und Patienten raten daher alle pharmazeutischen Experten aus der Region, sich frühzeitig um ein neues Rezept zu bemühen, wenn Medikamente zur Neige gehen, und es schnell in der Apotheke vorzulegen.
- Lesen Sie außerdem: Apotheken in der Region klagen über Engpässe bei Medikamenten