Darf ein beliebiger Wolf abgeschossen werden, quasi als Strafe stellvertretend für sein ganzes Rudel, das zuvor mehrere Schafe getötet hat? Diese Frage sorgt aktuell für hitzige Diskussionen. Wolfsschützer sagen: Nein, er darf nicht getötet werden. Die Landesregierung dagegen ist der Auffassung: Ja, ein Wolf muss sterben dürfen, um die anderen Tiere aus dem Rudel abzuschrecken. Der zuständige Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz NLWKN hatte deshalb eine Ausnahmegenehmigung erteilt zur "Entnahme" eines Wolfes, wie es im Fachjargon heißt.
Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat den Wolfsschützern kürzlich Recht gegeben und die Genehmigung wieder einkassiert. Die Landesregierung könnte gegen den Richterspruch Beschwerde einlegen, wird darauf aber verzichten, wie ein Sprecher des Umweltministeriums dem WESER-KURIER jetzt mitgeteilt hat. "Eine Beschwerde hätte im Moment nur einen symbolischen Charakter", heißt es, denn von April bis September sind alle Ausnahmegenehmigungen, die Belange des Tierschutzes betreffen, ohnehin ausgesetzt.
Um diesen Fall geht es konkret: Im Dezember waren in Neuenkirchen im Landkreis Osterholz 30 Schafe von Wölfen getötet worden. Der NLWKN machte dafür Wölfe aus einem Rudel bei Schiffdorf oder aus einem Rudel in Garlstedt verantwortlich und erteilte die Ausnahmegenehmigung zur "Entnahme" eines Tieres. Dagegen hatten die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe und der Freundeskreis freilebender Wölfe einen Eilantrag gestellt.
Nicht glücklich mit dem Urteil der Oldenburger Richter ist das Landvolk Niedersachsen. Vizepräsident Jörn Ehlers sagt: "Wölfe müssen wieder Angst vor dem Menschen bekommen. Das ist schließlich ein Raubtier und kein Schoßhund, wie Wolfsfreunde gern weismachen machen wollen." Fakt sei, dass Weidetiere in bestimmten Gegenden vermehrt gerissen würden. "Welcher Wolf hier öfter zugeschlagen hat, ist mittels DNA-Proben bei den gerissenen Tieren im Nachhinein feststellbar, aber halt nicht vor dem Abschuss", sagt Ehlers. "Letztendlich muss es doch um die Praxistauglichkeit gehen, wenn wir auch künftig noch Schafe, Kühe, Ziegen und Pferde auf der Weide sehen wollen."