Eckes Hus liegt am Rande von Ostereistedt. An einer Ecke des alten Dorfes also, vielleicht geht darauf auch der Name des Anwesens zurück. So genau könne man das nicht sagen, meint Wolfgang Dörfler, der sonst aber ziemlich viel über das älteste Bauernhaus des Landkreises Rotenburg weiß. Der pensionierte Landarzt gehört zur Interessengemeinschaft Bauernhaus und damit zu den Rettern des Gebäudes, das Mitte der 1990er-Jahre kurz vor dem Abriss stand.

In Ostereistedt steht das älteste Bauernhaus im Kreis Rotenburg: Eckes Hus.
25 Jahre, nachdem ein Teil des Daches eingestürzt und der letzte Bewohner ausgezogen war, steht Dörfler mit dem Möbeltischler und Innenarchitekt Hans-Hermann Bohling und dem Zimmerermeister Friedhelm Dreyer im Flett von Eckes Hus. Tausende von ehrenamtlichen Arbeitsstunden haben sie und viele weitere Mitstreiter in das Haus investiert, mehr als 200 000 Euro haben sie aufgetrieben, eingeworben bei Stiftungen, beim Land und bei der Gemeinde. Es ist ein kühler Mittwochvormittag im November 2020, es ist staubig und dunkel, und beim Blick auf die dünnen Wände und die einfach verglasten Fenster kann man sich gut vorstellen, wie einst an frostigen Wintertagen das offene Feuer in der Mitte des Fletts kaum gegen die Kälte ankam, die ins Haus gekrochen kam. Und weil es ein Rauchhaus ist, hat es bis heute keinen Schornstein, der die Rauchgase nach außen führen würde. Stattdessen wird der Rauch in die Diele geleitet, wo einst Schinken und Mettwurst hingen, und wo er das Holz des Dachbodens konservierte. Der Gesundheit der Bewohner ebenfalls nicht dienlich waren die Keime, die vom Vieh ausgingen, das in der Diele gehalten wurde, sowie der Staub, der beim Dreschen des Getreides in der Diele entstand. Geschlafen haben die Menschen in engen Butzen, wie man die gerade mal 1,60 Meter langen Verschläge genannt hat. Und auch, wie sie gekocht oder ihre Notdurft verrichtet haben, lässt sich in Eckes Hus nachvollziehen.

Im Stühlelager ist auch dieser historische Toilettenstuhl zu finden.
„Es war kalt und schmutzig", bestätigt Dörfler, "das Leben in diesem Haus war einfach und entbehrungsreich.“ Dabei sei das Haus um 1560 von einem sehr wohlhabenden Bauern errichtet worden – offenbar unter Verwendung von Material aus einem Vorgängerhaus, wie ein Balken aus dem Jahr 1496 zeigt. Es sei nicht an Holz gespart worden und auch nicht an der Qualität der Zimmererarbeiten, das sei ein Grund, warum das Haus so alt werden konnte. Zudem sei es über Jahrhunderte stets gepflegt und unterhalten worden. „Nie war das Dach lange Zeit undicht, nie wurden Reparaturen von Schäden an den Fundamenten oder dem inneren Gerüst verschleppt", sagt Dörfler. Den Dreißigjährigen Krieg habe Eckes Hus ohne erkennbare Schäden überstanden, und auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die alten Fachwerkhäuser zu Tausenden durch moderne Ziegelsteinbauten ersetzt wurden, überlebte das Haus. Dörfler spricht von einem "Wunder des Überdauerns".
Dieses Wunder kann sich heute jeder ansehen, denn Eckes Hus ist ein Museum geworden, ein Denkmal, das Einblicke ermöglicht in das Leben früherer Generationen. Ob sie jemals fertig werden mit dem Restaurieren, werden Dörfler und Co. öfters gefragt. Ihre Antwort: Das Haus an sich sei schon fertig. Aber die Bemühungen um dessen Erhalt und Pflege würden hoffentlich nie ein Ende finden. Eckes Hus hätte es verdient, weitere Beschützer zu finden.

Wolfgang Dörfler holt mit Schwung Wasser aus dem wieder freigelegten Brunnen.