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Integrative Geburtsvorbereitung Es geht um Vertrauen

Viele geflüchtete Frauen finden bei der Geburtsvorbereitung noch nicht den Weg in die Regelversorgung. Ein integrativer Kurs in der Gemeinde Stuhr soll dies nun ändern.
10.01.2018, 17:26 Uhr
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Es geht um Vertrauen
Von Eike Wienbarg

Stuhr. Bekommt eine Frau in Deutschland ein Kind, ist der Vorlauf relativ strukturiert: Untersuchungen beim Frauenarzt, der Gang zum Geburtsvorbereitungskurs – auch gemeinsam mit dem Partner –, die Unterstützung durch eine Hebamme vor und nach der Geburt des Kindes sind für die meisten Frauen normal. Migrantinnen und speziell geflüchteten Frauen fällt es allerdings oft schwer, in diese Regelversorgung zu gelangen – sei es durch kulturelle Vorbehalte oder durch fehlende Informationen und Sprachbarrieren. Um auch diesen Frauen die Schwangerschaft und die Geburt ihres Kindes zu erleichtern, soll in Stuhr vom 6. bis 8. Februar ein integrativer Geburtsvorbereitungskurs für geflüchtete aber auch für einheimische Frauen angeboten werden.

Dazu hat sich im August vergangenen Jahres ein großes Vorbereitungsteam zusammengefunden. Stuhrs Gleichstellungsbeauftragte Nicole Feldmann-Paske, Fathma Atenhahn vom Sozialen Service der Gemeinde, fünf Hebammen sowie Dolmetscherinnen und viele weitere ehrenamtliche Helferinnen planen seitdem den Kurs. „Wir möchten ein Pilotprojekt starten“, sagt Feldmann-Paske. Unter der Titel „(M)Ein Kind kommt an“ soll den Teilnehmerinnen an drei Tagen kompaktes Wissen zu den Themen Körper, Geburt, Sexualität und Rückbildung vermittelt werden. Im Mittelpunkt stehen aber bei allem der Austausch und der Dialog – auch zwischen den Kulturen. So soll es auch um die kulturellen Unterschiede in der Vorbereitung der Entbindung gehen. „Wie machen wir das, und wie macht ihr das?“, könnte laut Feldmann-Paske eine Frage lauten.

Die drei Kurstage sind dabei in jeweils zwei Blöcke aufgeteilt. Am ersten Tagen übernehmen die beiden Hebammen Wiebke Sydow und Jennifer Schnelle das Programm. Sydow befasst sich in ihrem Block dann vor allem mit den Strukturen der Geburtsvorbereitung. Wo bekomme ich Hilfe, wo muss ich mich anmelden, an wen kann ich mich wenden, sollen die Fragen sein. Schnelle möchte dann über die Veränderungen in der Schwangerschaft informieren. „Wie reagiert mein Körper, wie wächst das Baby“, nennt sie Beispielfragen, die geklärt werden sollen.

Tag Zwei teilen sich die Hebammen Friederike Kückelmann und Melanie Thies. Kückelmann thematisiert zum einen den Ablauf im Krankenhaus, zum anderen geht es um die Erleichterung der Geburt durch verschiedene Geburtspositionen. „Ich möchte auch die eigenen kulturellen Hintergründe miteinbeziehen“, sagt sie mit Blick auf die verschiedenen Erfahrungen der Teilnehmerinnen. Bei Thies soll es dann praktisch werden. So zeige sie Gymnastik- und Atemübungen sowie Massagen, die Schwangerschaft und Geburt erleichtern sollen.

Hebamme Stephanie Baske kümmert sich am dritten Tag des Kurses um die Zeit nach der Geburt. Was passiert in der Zeit des Wochenbetts mit der Mutter, was mit dem Kind, stellt sie als Fragen in den Raum. Dies seien vor allem emotionale Themen, so Baske. Aber auch das Stillen oder die Sexualität nach der Geburt sollen besprochen werden. Die Apothekerin Anette Abhau informiert zu Medikamenten und homöopathischen Produkten.

Eingebettet sind die drei Tage in ein Gesamtkonzept. So gibt es ein gemeinsames Mittagessen, um das sich unter anderem Abida Ahmed kümmert, die Teilnehmerinnen können einen Fahrdienst in Anspruch nehmen, Entspannungspausen sind vorgesehen und auch die Kinderbetreuung während des Kurses ist gesichert, berichten Nicole Feldmann-Paske und Fathma Atenhahn. Der Kurs sei für alle Frauen ab dem fünften Schwangerschaftsmonat gedacht, so Atenhahn weiter. Gefördert wird der Kurs von der Niedersächsischen Lotto-Sport-Stiftung und ist kostenfrei für alle Teilnehmerinnen.

Derzeit wisse der Soziale Service von vier geflüchteten Frauen, die in die Zielgruppe fallen, berichtet Atenhahn weiter. Rund sechs Prozent der geflüchteten Frauen, die in die Gemeinde Stuhr gekommen sind, erwarten ein Kind, weiß Nicole Feldmann-Paske. Um die Kurse für alle Frauen zu öffnen, stehen Dolmetscherinnen für alle gängigen Sprachen zur Verfügung.

Am Ende des Kurses stehe das Ziel, die Teilnehmerinnen in die Regelversorgung zu integrieren, sind sich alle Organisatorinnen einig. Aber gerade die Themen Geburt und Sexualität seien für Geflüchtete oft schwierig. Neben den kulturellen Unterschieden müsse wahrscheinlich auch über Themen wie Genitalverstümmelung bei Frauen diskutiert werden, so Feldmann-Paske. Hinzu komme, dass viele geflüchtete Frauen nicht freiwillig schwanger geworden sind. Oft gehe es dann auch um Traumata, so Feldmann-Paske. Um auf diese Umstände Rücksicht und den Frauen die Angst zu nehmen, sind am gesamten Wochenende rund um den Kurs nur Frauen im Einsatz.

Der integrative Geburtsvorbereitungskurs für geflüchtete und einheimische Frauen läuft von Dienstag, 6. Februar, bis Donnerstag, 8. Februar, jeweils in der Zeit von 9 bis 18 Uhr im Frauentreff Sie(h) da, Jupiterstraße 1, in Brinkum. Die Teilnahme ist kostenfrei. Anmeldungen werden bis zum 5. Februar unter 04 21 / 5 69 53 21 oder per E-Mail an gleichstellungsbeauftragte@stuhr.de angenommen. Es sollte angegeben werden, ob eine Dolmetscherin benötigt wird.

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