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Gemeinde hat Vertrag gekündigt Wer übernimmt die Breddorfer Kita?

Über die Zukunft der Breddorfer Kita "Waldzwerge" macht sich die Bürgermeisterin derzeit viele Gedanken. Die Gemeinde sieht sich überfordert und will die Trägerschaft abgeben. Wer übernimmt die Verantwortung?
30.04.2024, 09:23 Uhr
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Von Johannes Heeg

Ein im Landkreis Rotenburg bislang einmaliger Vorgang nahm Anfang März im Breddorfer Heimathaus seinen Lauf: Der Breddorfer Gemeinderat hat die Scheidung vom kommunalen Kindergarten Waldzwerge beschlossen. Der Betrieb der Kita überfordere die ehrenamtlich geführte 1000-Einwohner-Gemeinde finanziell, vor allem aber verwaltungstechnisch, so Bürgermeisterin Susanne Schmiedel. Soll sich doch der Landkreis um die Einrichtung kümmern, der sei vom Gesetz her dafür zuständig, hieß es im Gemeinderat. Wie ist der aktuelle Stand in dieser Sache?

Kann die Gemeinde ihre Kita so einfach abgeben?

Im Prinzip ja. Dem Landkreis Rotenburg obliegt als örtlichem Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen. Im Rahmen einer Vereinbarung hat der Landkreis diese Aufgabe zum 1. Januar 2014 auf ursprünglich 40 Vertragsparteien (Städte, Samtgemeinden und Gemeinden) übertragen. Am 8. April ging beim Landkreis fristgerecht die Kündigung der Kita-Vereinbarung der Gemeinde Breddorf ein, die zum 1. Januar 2025 wirksam wird, wie der Landkreis auf Anfrage der Redaktion bestätigt.

Was macht nun der Landkreis?

Der reißt sich nicht gerade um die neue Aufgabe. Man wolle zunächst das weitere Vorgehen prüfen, heißt es aus dem Kreishaus. Grundsätzlich beabsichtige der Landkreis, die Trägerschaft bei den regionalen Akteuren vor Ort zu belassen. Eine Möglichkeit wäre die Übernahme der Trägerschaft durch die Samtgemeinde Tarmstedt.

Wie sieht das die Samtgemeinde?

Sie reißt sich ebenfalls nicht um diese Aufgabe und prüft gleichfalls das weitere Vorgehen. "Bisher ist das so, dass die Samtgemeinde bestimmte Aufgaben nicht nur für eine einzelne Mitgliedsgemeinde übernimmt, sondern für alle", sagt Katrin Alpers, die allgemeine Vertreterin von Samtgemeindebürgermeister Oliver Moje. Also müssten in diesem Fall die übrigen sechs Gemeinden, die einen Kindergarten haben, die Trägerschaft an die Samtgemeinde übertragen wollen. Das ist für Wilstedt, wo die Kirche der Träger der Kita ist, unwahrscheinlich. Das gleiche gilt für Tarmstedt, das seine beiden Kindergärten erst vor einigen Jahren ans Rote Kreuz übergeben hat.

Wie sieht das die Gemeinde Breddorf?

"Wir würden das begrüßen, wenn die Samtgemeinde unsere Kita übernehmen würde", sagt Bürgermeisterin Susanne Schmiedel. Denn im Tarmstedter Rathaus sollte das Fachwissen angesiedelt sein, dass es für diese komplexe Aufgabe brauche. Sie verweist auf die Nachbarschaft: Die Samtgemeinde Selsingen betreibe sieben Kindergärten.

Was ist, wenn die Samtgemeinde ablehnt?

In diesem Falle geht die Aufgabe der Förderung der Kinder in der Breddorfer Kindertageseinrichtung zum 1. Januar 2025 auf den Landkreis über. Aufgrund fehlender Infrastruktur und Personal beim Landkreis würde die Kreisverwaltung die Trägerschaft der Kita Breddorf ausschreiben und an einen freien Träger vergeben.

Wird der Betrieb dann für die Gemeinde billiger?

Mit großer Sicherheit nicht. Der Landkreis sagt: Geht die Trägerschaft an den Landkreis zurück, hätte das für die Gemeinde Breddorf finanzielle Folgen. Um zu vermeiden, dass alle übrigen Gemeinden nicht nur die Aufwendungen für ihre eigene Kita, sondern anteilig über die Kreisumlage auch noch die Kosten der Kita in Breddorf tragen müssten, müsste der Kreisumlagehebesatz für die Gemeinde angehoben werden. Darüber wird der Landkreis am 7. Mai mit der Samtgemeinde und der Gemeinde sprechen. Für 2024 rechnet Breddorf mit einem Kita-Defizit in Höhe von 162.800 Euro.

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Ein eigener Kreisumlage-Hebesatz für eine einzelne Gemeinde, geht das rechtlich?

Ja, das sei möglich, so Landkreissprecherin Christine Huchzermeier auf Nachfrage. In diesem Jahr wird Breddorf ganz regulär die Rekordsumme von rund 1,1 Millionen Euro als Kreisumlage abführen müssen. Voriges Jahr waren es 777.500 Euro, die in die Kreiskasse flossen. Der Hebesatz beträgt 44 Prozent – bislang gilt er kreisweit.

Geht es der Gemeinde nur ums Sparen?

Nein, sagt die Bürgermeisterin. Als kleine Gemeinde fühle sie sich vom Landkreis zu wenig unterstützt, klagt Susanne Schmiedel. Sich um sämtliche Kindergartenangelegenheiten zu kümmern, sei im Ehrenamt als Gemeindeverwaltung unheimlich schwierig und aufwendig. Sechs Erzieherinnen arbeiten in der Breddorfer Kita, zwei Praktikantinnen und ein junger Mann, der ein freiwilliges soziales Jahr dort absolviere. Da gebe es vieles zu besprechen, hinzu kämen Elterngespräche. Mitunter dauere es Monate, bis der Landkreis fachliche Fragen zum Thema Kita beantworte. "Wir werden ständig vertröstet." Als der Kindergarten im vorigen Jahr eine Zeit lang wegen Personalmangels habe geschlossen werden müssen, habe die Rotenburger Kreisverwaltung nicht einmal Hilfe angeboten. Die Gemeinde müsse auch immer mehr gesetzliche Auflagen erfüllen.

Was sagt der Landkreis zum Kommunikationsproblem?

Der Landkreis informiere die Gemeinden umfassend und regelmäßig über die neuesten Entwicklungen im Bereich Kita, sagt Pressesprecherin Huchzermeier. Regelmäßig werde auch zu Besprechungen eingeladen. Die Gemeinde Breddorf habe diese Informationen nicht bekommen, da die beim Landkreis hinterlegte E-Mail-Adresse zwischenzeitlich von der Gemeinde nicht mehr genutzt worden sei und keine Abwesenheitsnotiz eingerichtet war, die darauf hingewiesen habe. Dieses Missverständnis sei aufgeklärt, die Informationen seien umgehend nachgereicht worden.

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