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Serie: Herausforderung Landwirtschaft "Höher, schneller, weiter – da wollte ich nicht mitmachen"

Heiko Gerken hat den Hof seiner Familie übernommen und kurze Zeit später stillgelegt. Grund war nicht, dass er keine Lust darauf hatte, Landwirt zu sein. Vielmehr ging es ihm um die mangelnde Perspektive.
18.08.2021, 16:46 Uhr
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Von Rebecca Sawicki

Herr Gerken, Sie haben im Jahr 2005 den Hof Ihrer Familie übernommen und wenig später stillgelegt. Warum haben Sie die Nachfolge überhaupt angetreten?

Heiko Gerken: Weil es der Familienbetrieb war. Außerdem habe ich Landwirtschaft gelernt und hatte Spaß daran. Ich konnte mir gut vorstellen, das weiterzumachen.

Und warum haben Sie ihn dann stillgelegt?

Um eine langfristige Perspektive zu haben, hätte ich locker eine halbe Million Euro investieren müssen. Ich habe mir überlegt, ob ich das möchte oder ob es auch andere Möglichkeiten gibt, Geld zu verdienen.

Was hätte es gebraucht, um mit dem konventionellen Hof Ihrer Familie Geld verdienen zu können?

Wir hatten Mastschweine und Ochsen. Schon damals war es so, dass wir 1000 Schweine gebraucht hätten, um über die Runden zu kommen. Heute wären das dann 3000. Es muss immer höher, weiter, schneller gehen. Da wollte ich nicht mitmachen.

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Was müsste passieren, damit der Nachwuchs lieber die Landwirtschaft der Eltern übernimmt und erhält?

Aktuell ist die Lage schwierig – auch wegen des Stands innerhalb der Bevölkerung. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit nachkommende Generationen immer noch Spaß daran haben. Es wurde lange Zeit – in großen Teilen aus politischem Versagen – versucht, das Weltmarktniveau zu halten. Ich weiß nicht, ob billiger, billiger, billiger der richtige Weg ist.

Mittlerweile züchten Sie Anglerrinder der alten Zuchtrichtung. Das Fleisch vermarkten Sie selbst. Wie kam es dazu?

Ich wollte einen Schritt zurückgehen und das, was ich produziere, selbst verkaufen oder wenigstens die Person kennen, die es verkauft. So entsteht ein Kreislauf, der für mich Sinn ergibt. Ich weiß, dass das so nicht überall umzusetzen ist. Ich glaube aber, dass wir mehr in diese Richtung gehen sollten.

Können Sie von der Zucht leben?

Nein, bei Weitem nicht. Es ist natürlich schwierig, nach einer langen Pause wieder bei null anzufangen. Statt konventionell züchten wir jetzt in Bioqualität. Langsam kommen wir in die Richtung, dass davon auch etwas übrig bleibt.

Das Interview führte Rebecca Sawicki.

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Zur Person

Heiko Gerken

aus Hepstedt hat vor 16 Jahren den Hof seiner Familie übernommen und kurz darauf stillgelegt. Er hat Agrarmarketing und -management studiert. Heute züchtet er hobbymäßig Anglerrinder der alten Zuchtrichtung und arbeitet bei Artefakt Olivenölkampagne in Wilstedt.

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