Wilstedt. Die Bundesrepublik ist geteilt: in rote Gebiete und in neutrale Gebiete. Zumindest im landwirtschaftlichen Bereich. Zu einem roten Gebiet werden Regionen, wenn sie eine erhöhte Nitratbelastung aufweisen. Laut der Düngeverordnung müssen Landwirte dort die Nährstoffzufuhr um 20 Prozent vermindern. Weniger Nährstoffe für die Pflanzen bedeutet in vielen Fällen auch weniger Ertrag bei der Ernte. Hermann Cordes aus Wilstedt testet aktuell, wie durch präzise Bodenarbeit ein gleichbleibender Ertrag gesichert werden kann.
Sein Testfeld besteht aus vier Einheiten, jede ist 21 Meter breit. Sie alle werden auf unterschiedliche Weise bewirtschaftet. Ideengeber für den Versuch war der Landwirt Matthias Ringen. Nachdem er vor einigen Jahren eine Bodenprobe in ein österreichisches Labor geschickt hat, habe dieses empfohlen, den Boden zu kalken, um den pH-Wert zu steigern. Das bedeutet, der Boden war nach Ansicht der Labormitarbeiter zu sauer. Die Probe, die Ringen eingeschickt hat, bestand, ebenso wie Cordes' Boden, aus dem für die Region typischen nährstoffarmen Sandboden. "Die Frage, die ich mir nach der Analyse gestellt habe, war, ob unser Ackerboden fit genug ist für die Bewirtschaftung des 21. Jahrhunderts", sagt Ringen.
Genau das solle auf dem Testfeld untersucht werden. Im Vergleich: Die Düngung, wie sie von der Landwirtschaftskammer empfohlen wird, ein holländisches System, für das die ausgebrachte Gülle mit speziellen Bakterien angereichert wird, ein Düngesystem namens Akra und die Empfehlung der Landwirtschaftskammer, allerdings mit einem angepassten pH-Wert im Boden.
Nach nun zwei Ernten sei Cordes aufgefallen, dass der Ertrag aller Testeinheiten zwar leicht schwanke, aber relativ ähnlich ausfalle. "Das Besondere ist, dass wir dem Feld mit dem Akra-System 15 bis 20 Prozent weniger Nährstoffe zugefügt haben", sagt er. Dieses System lasse sich in vier Säulen einteilen, sagt der Landwirt. Einen Effekt hätten sie nur gemeinschaftlich. So werde der pH-Wert des Bodens durch Kalk angehoben und das Saatgut mit Stickstoffbakterien gebeizt. Außerdem werde der Boden mit einer Ackerkombination gedüngt, die die Nährstoffe im Boden mobilisiere. Der letzte Punkt sei die Blattspritzung, die bei einem akuten Nährstoffbedarf eingesetzt werden könne.
Die Rückkehr des Regenwurms
Ein Nebeneffekt der Steigerung des pH-Wertes: Die Rückkehr des Regenwurms. "Die Rückkehr bedeutet Bodenleben", sagt Cordes. Der Versuch müsse noch eine Weile weiterlaufen, ehe valide Schlussfolgerungen getroffen werden könnten. "Wir wollen überprüfen, wie viel Ertrag pro gedüngter Nährstoffeinheit wir erhalten", sagt Ringen. Ein Problem, das ein hoher pH-Wert im Boden außerdem mit sich bringe, sei ein Mangel an Spurennährstoffen. "Dafür können die Hauptnährstoffe besser genutzt werden", sagt Cordes. Die Spurennährstoffe müssten stattdessen nachgespritzt werden. Ob der Versuch, dessen EU-Förderung in diesem Jahr ausläuft, im Jahr 2022 weitergeführt werden könne, sei noch nicht klar. Cordes allerdings wird auch ohne das Testfeld weiterhin auf das Akra-System setzen. Ideengeber Ringen ist überzeugt: "Wenn das Ziel ist, dass wir in roten Gebieten zwanzig Prozent weniger düngen, muss der Boden fit sein."
Aber nicht nur die Düngung in roten Gebieten ist ein Problem, mit dem sich Landwirte beschäftigen müssen, wenn es um das Thema Nährstoffe geht. Sie müssen sich auch immer damit auseinandersetzen, was mit ihren Nährstoffen passiert, oder woher sie diese bekommen. Zwar ist Viehhaltung in der Regel an Flächen gebunden, sodass es zu keinem Überschuss kommen sollte – es gibt aber auch Ausnahmen. Beispielsweise in Regionen, in denen besonders viel Vieh gehalten wird. Gleichzeitig gibt es aber auch welche, die vor allem vom Ackerbau leben.
Vorteil durch organischen Dünger
Um die damit verbundenen Nährstoff-Probleme zu lösen, haben die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und das Landwirtschaftsministerium einen Austausch initiiert. „Wirtschaftsdüngermanagement Niedersachsen“ ist der Name. So sollten die geschlossenen Nährstoffkreisläufe gefördert werden. Ziel sei es, laut der Projektbeschreibung, künstlichen Mineraldünger einzusparen und die Nitratbelastung zu reduzieren.
Weil organischer Dünger viele Vorteile gegenüber synthetischem Dünger habe, werde nun außerdem versucht, den organischen Dünger zu veredeln. "Es sollen die Bestandteile gefördert werden, die relevant für das Pflanzenwachstum sind", sagt Kammer-Sprecher Wolfgang Ehrecke. Durch die Veredelung solle die Verwendung auch für Gebiete attraktiver werden, die bisher vor allem auf die synthetische Variante gesetzt haben. Aktuell stünde dieses Projekt noch am Anfang. Im nächsten Schritt solle der aufbereitete Dünger auf Pilothöfen in der Region Braunschweig zum Einsatz kommen, sagt Ehrecke.