Mit einem leisen Sirren gleitet der Traktor über eine abgemähte Wiese, hinter ihm macht der Heuwender seinen Job. Der kurze Filmbeitrag des Bayerischen Rundfunks zeigt den Prototypen eines vollelektrisch angetriebenen Ackerschleppers der 100-Kilowatt-Klasse namens Tadus. Ein Landwirt kommt zu Wort, der das Fahrzeug testet, und schließlich sprechen der Konstrukteur Thaddäus Baier und seine Frau Johanna über den Trecker, der seit Sommer 2023 fahrbereit ist. Zu seiner Motivation befragt, sagt der im bayerischen Landkreis Traunstein beheimatete Luft- und Raumfahrtingenieur Baier, dass viele Landwirte mit großen Fotovoltaikanlagen auf ihren Dächern selbst Strom erzeugen und sich unabhängig von Diesel machen wollten.
Schaut man sich auf der Tarmstedter Ausstellung um, sieht man Hunderte von Schleppern in allen Größen und Farben, ein batteriebetriebener wie der Tadus ist aber nicht darunter. Kleinere Fahrzeuge, Hoflader etwa oder Hackroboter, die gibt es als reine Stromer. Aber keinen Ackerschlepper, nicht mal einen Prototypen haben die Händler mitgebracht. Warum ist das so? Wir haben uns umgehört.
Wie aus der Zukunft
Bei Agravis haben sie was stehen, das aussieht, als käme es direkt aus der Zukunft. Statt Räder hat es einen Raupenantrieb, und es gibt keine Fahrerkabine. Sebastian Henrichmann stellt das futuristisch anmutende Gerät als autonom arbeitenden Feldroboter vor, der sogar per Elektromotor angetrieben wird. Allerdings werde der Strom von einem 156 PS starken Deutz-Dieselmotor erzeugt – ein Zwitter also, der fossilen Kraftstoff verbrennt, Krach macht und klimaschädliche Abgase ausstößt. Und der Preis, das in Tarmstedt gezeigte Vorführgerät kostet 340.000 Euro und damit 100.000 Euro mehr als ein konventioneller Schlepper, ist so hoch, dass das Interesse der Kundschaft begrenzt ist. Zehn bis 15 Exemplare würden in Deutschland laufen, schätzt Henrichmann. "Die Leute sind skeptisch, ob das funktioniert", sagt er.
Der bayerische Tüftler Thaddäus Baier sagt über sein Baby, es würde bei einer Serienfertigung, die er für 2025 anstrebt, 35 Prozent teurer sein als ein vergleichbarer Dieselschlepper. Doch sei er im Betrieb nur ein Viertel so teuer, sodass sich die Mehrkosten nach 2000 bis 3000 Betriebsstunden amortisiert hätten – nach zwei bis vier Jahren. Baier rechnet so: Eine per Diesel generierte Kilowattstunde koste 60 Cent, lade man die Akkus aber mit Strom vom eigenen Dach, bekomme man die Kilowattstunde für 15 Cent. Das Verhältnis werde für den Stromantrieb noch günstiger, je teurer der Diesel werde.
Wie lange hält die Batterie?
An die Sache mit viel günstigeren Kosten glaubt Michael Kopka vom Landmaschinenhändler Schröder nicht so recht. "Der rechnet sich das schön", meint Kopka, der den Tadus kennt und einige Fragen dazu hat: "Wie lange hält die Batterie? Was ist der Schlepper nach drei Jahren noch wert?" Andererseits sagt er aber auch, dass es richtig sei, in bestimmten Bereichen emissionsfrei zu arbeiten. Daher bringe Fendt im September einen batterieelektrischen Schlepper auf den Markt. Allerdings einen relativ kleinen mit 75 PS, Kopka spricht von "Weinbergklasse", solche Fahrzeuge würden von kommunalen Bauhöfen und auf Friedhöfen eingesetzt. Der emissionsfreie Antrieb sei in Gewächshäusern und Hallen wichtig. "Das ist unser Einstieg ins batterieelektrische Zeitalter", sagt Volker Höltkemeyer, der Fendt auf dem Schröder-Stand vertritt.
Der neue Stromer sei "ideal für den leisen Einsatz in Kurparks oder um Bäume zu gießen", sagt Kopka vom Schröder-Team. Für ihn ist jedoch klar: "Das bleibt erst mal eine Nische." Denn auf dem Acker, wo auf großen Flächen über viele Stunden hohe Leistungen gebraucht würden, kämen Batterien ziemlich schnell an ihre Grenzen. Um Mähdrescher und Feldhächsler mit ihren 600 bis 700 PS mit Strom zu versorgen, bräuchte es riesige Batterien, die sehr schwer wären und ständig nachgeladen werden müssten. Das werde nicht funktionieren, ist er überzeugt.
Viel weniger wartungsintensiv
Ähnlich äußert sich auch Felix Rumler vom Schlepperbauer Claas, den wir auf dem Stand des Landmaschinenhändlers Fricke treffen. "Den reinen Elektroantrieb wünschen wir uns alle", sagt er, der sei schließlich viel sauberer und viel weniger wartungsintensiv. Öl- oder Zahnriemenwechsel beispielsweise, all das und vieles mehr gäbe es dann nicht mehr. Dann lässt Rumler das große Aber folgen: "Es gibt nun mal keine Möglichkeit, für den 24-Stunden-Betrieb eine Batterie mitzunehmen, da hört es einfach auf." Sein Kollege Tom Reimers sieht das auch so und fügt hinzu: "Um die Ackerfahrzeuge klimaneutral zu betreiben, kann man sie mit erneuerbaren Kraftstoffen betreiben, die aus Pflanzenabfällen hergestellt werden."
Mit Blick auf Dutzende große bis riesige Schlepper von John Deere sagt auf dem Stand der Firma Tiemann Geschäftsführer Thomas Mauer: "Alle Hersteller arbeiten an CO2-neutralen Antrieben", doch bislang funktioniere nichts wirklich zuverlässig. "Bei der Elektrifizierung sind wir noch weit ab von der Serienreife", meint er. Stromantrieb, das gehe derzeit bei Drohnen und bei Landmaschinen bis 50 PS, "also bei Rasenmähern in groß für den kommunalen Einsatz", meint Mauer.
Derweil steht Tadus-Tüftler Thaddäus Baier im Film des Bayerischen Rundfunks auf seinem Hof und spricht über die komplizierten Getriebe konventioneller Schlepper, die sehr viele bewegte Teile hätten und verschleißanfällig seien. Dem Tadus habe er insgesamt fünf elektrische Antriebe spendiert, auch für die Zapfwelle, die den Heuwender und andere Anbaugeräte antreibt, was ein aufwendiges Getriebe entbehrlich mache. Zudem hat sein Tadus Wechselakkus, die sich leicht austauschen ließen. Nebeneffekt: Diese ließen sich zu Hause als stationärer Energiespeicher nutzen, wenn die PV-Anlage mal wieder mehr Strom erzeugt als er gerade benötige. Außerdem, das sagt Baier so ganz nebenbei, habe er "bei der Konstruktion eine Brennstoffzelle als Stromerzeuger gleich mitgedacht".