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Landgasthaus Klee Westertimke Bauer wird Wirt

In unserer Serie "Schnitzeljagd" berichten wir hier, wie aus einem Bauernhof in Westertimke das Landgasthaus Klee wurde.
22.07.2023, 06:00 Uhr
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Von Johannes Heeg

Westertimke. Vom Bauernhof zum Landgasthaus – diese Transformation hat sich Ende der 1990er-Jahre in Westertimke abgespielt. Nicht abrupt, sondern behutsam, schrittweise, sind Hans-Hermann und Margarete Klee vorgegangen. Heute ist ihr Landgasthof Klee, gelegen am Ortsausgang rechts Richtung Tarmstedt, eine beliebte Adresse für Ausflügler, die per Rad, Auto oder Motorrad vorbeikommen, und für Familienfeiern. Und für Menschen, die sich gerne auf Singlebällen tummeln, denn die finden dort regelmäßig einmal im Monat statt.

Doch zurück zum Anfang. 1997 betreibt Hans-Hermann Klee eine Erdbeerplantage, und seine Frau, die ihr Handwerk im Deutschen Haus am Bremer Marktplatz gelernt hat, arbeitet in der Gastronomie, als sie auf die Idee kommen, beide Bereiche zusammenzuführen. Ein Tag des offenen Hofes steht an, daran wollen sie sich beteiligen und ihre Gäste bewirten. Kaffee und Kuchen soll es geben, eine einfache Sache, so denken sie. Womit sie nicht gerechnet haben, ist die Bürokratie, sie brauchen nämlich eine Schankerlaubnis. Die bekommen sie unter allerlei Auflagen, und weil statt der erwarteten 500 Besucher schließlich an die 3000 vorbeischauen, keimt die Idee auf: Warum so was nicht öfter machen?

Wohnzimmer wird zur Gaststube

Um die Konzession zu bekommen, wird aus dem Wohnzimmer im Privathaus eine Gaststube mit 34 Plätzen, zudem stellen Klees Toiletten bereit. Das läuft dann erst mal so auf kleiner Flamme, bis aus Motorradfahrerkreisen der Wunsch nach einem warmen Mittagessen geäußert wird. Bratkartoffeln mit Spiegelei zum Beispiel, auch das klingt einfach, doch um so etwas aufzutischen, braucht es "die große Konzession", weiß Margarete Klee, die künftig den Kochlöffel schwingen wird. Zusammen mit ihrer inzwischen verstorbenen Schwiegermutter, die bei Willenbrock in Kirchtimke gekocht hat. Also wird in der bisherigen Privatküche eine professionelle Küche eingerichtet, eine aufwendige Sache, der Raum muss zwei Meter hoch gefliest sein und die Geräte und Arbeitsflächen aus Edelstahl. Zum Jahreswechsel 1999/2000 ist das, und gleichzeitig verabschiedet sich Hans-Hermann Klee schweren Herzens von seinen Tieren, 30 Kühe und 40 Jungtiere gibt er weg. Es ist der Einstieg in den Abschied von der Landwirtschaft, 2008 läuft auch die Sache mit den Erdbeeren aus, die Flächen werden verpachtet.

Der frei gewordene Stall wird 2002 zum Heuhotel umfunktioniert. Nach der Übernachtung im Heu gibt es Frühstück, und das zum Komplettpreis von 12,12 Euro, das funktioniert gut. Das Heuhotel gibt es längst nicht mehr, dafür aber seit 2012 acht Gästezimmer mit zwölf Betten. Auch die Gastronomie läuft gut, die Gaststätte ist jeden Tag geöffnet. "Wir waren ja im Haus, wohnten hier. Einen Ruhetag brauchten wir nicht", sagt Hans-Hermann Klee. Nach Ausruhen ist ihnen auch nicht zumute, als sie 2005 Teile des Stalls umbauen und zu einem Restaurant mit 60 Plätzen machen. Die Nachfrage steigt weiter, sodass 2007 die alte Scheune samt Garagen abgerissen wird und an ihrer Stelle ein 220 Quadratmeter großer Saal mit 140 Plätzen entsteht.

Singlebälle seit 2009

Ein idealer Ort übrigens auch für die Singlebälle, die dort seit 2009 stattfinden. "Meine Frau kannte aus ihrer Zeit bei Kutscher Behrens in Lilienthal den Veranstalter, der diese Bälle in Sälen in der Region organisiert", erzählt Hans-Hermann Klee. Der Mann aus Ritterhude mietet den Saal, macht Werbung, bezahlt die Gema-Gebühren, kassiert den Eintritt und sorgt für die Musik, "und wir machen den Ausschank. Das ist eine tolle Sache". Die Gäste, jedes Mal 100 bis 150, kämen aus ganz Niedersachsen, die Kundschaft seien Singles und Paare ab 50. Zu hören sei viel deutsche Tanzmusik, Schlager, Helene Fischer, aber auch mal Rock'n roll. Der Eintritt koste zehn Euro, warmes Essen gebe es bis 23 Uhr. Etliche seien darunter, die immer wieder kämen. Darunter auch ehemalige Singles, die nun Paare seien, einige hätten sogar geheiratet.

So ein Laden macht sich nicht von selbst. Erst zu Pfingsten hatten sie 450 Gäste zu bewirten. 80 Stunden Arbeitszeit pro Woche und so gut wie nie Urlaub – noch halten die Klees das durch, auch weil es ihnen Spaß macht, wie sie sagen. Allerdings ist sie schon 69 und er 71, da kommt schon mal die Frage nach den Perspektiven auf. Obwohl von den vier Kindern drei gastronomische Berufe erlernt haben und somit vom Fach sind, stehe fest, dass keiner von ihnen den Betrieb weiterführen will. Was die Eltern bedauern, aber letztlich doch verstehen. "Wenn wir fit bleiben, machen wir weiter" lautet denn bis auf Weiteres die Devise. Seit zwei Jahren schon lassen sie ihre Gaststätte Montag und Dienstag geschlossen, aber da gibt es noch den riesigen Garten, praktisch die Visitenkarte des Hauses, der in Schuss gehalten werden muss. Allein drei Tage gehen jedes Mal fürs Schneiden der Hecke drauf.

Guter Draht zur Landjugend

Sollte es eines Tages mal gar nicht mehr gehen, komme nur ein Verkauf des gesamten Anwesens infrage. "Verpachten ist nicht, wir werden dann einen Schlussstrich ziehen, unsere Klamotten packen und nach Tarmstedt oder Zeven ziehen", sagt Hans-Hermann Klee. Und betont im gleichen Atemzug, wie schwer ihm das fallen wird: "Wir haben hier sehr viel selbst gemacht." Gleichwohl treten sie kürzer, haben schon im vorigen Jahr den Ernteball der Breddorfer Landjugend in Stövers Scheune an den Landgasthof Willenbrock abgegeben. Und ja, auch die Verbindung zur Landjugend, die alle zwei Jahre ihre Tanzturniere bei ihnen ausrichtet, werde ihnen fehlen. 2021, zu seinem 70. Geburtstag, sei die Landjugend ganz stark vertreten gewesen. Hans-Hermann Klee: "Solche Gäste gönne ich jeder Kneipe."

Zur Sache

Landgasthof Klee

Hauptstraße 11, 27412 Westertimke, Ruhetage: Montag und Dienstag, geöffnet Mittwoch bis Sonntag. Telefon: 04289/ 340; E-Mail: info@landgasthof-klee.de; Internet: www.restaurant-klee.de.

Schnitzel Jäger Art mit Bratkartoffeln und gemischtem Salat: 13,50 Euro; Pommes frites: 3 Euro; Curry-Wurst und Pommes: 8 Euro; Bier (Haake-Beck) 0,3 Liter vom Fass: 3,50 Euro; Mineralwasser 0,25 Liter: 3 Euro; Mineralwasser (Flasche) 0,75 Liter: 6 Euro; vegetarische und vegane Küche: nein.

Info

Aus vielen Dörfern sind sie nicht wegzudenken, dennoch ist es für die Landgasthäuser schwieriger geworden, sich auf dem Markt zu behaupten. Wir haben uns aufgemacht, einige der Landgasthöfe in der Region aufzusuchen und mit den Wirtinnen und Wirten zu sprechen. Wie läuft es in der Gaststätte? Wird der Saal noch gebucht? Was bestellen die Gäste am liebsten und was kosten eigentlich das Bier und das Schnitzel? Was dabei herausgekommen ist, lesen Sie in den kommenden Wochen in loser Folge in unserer „Schnitzeljagd“.

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