Soll in Wilstedt ein Solarpark gebaut werden oder nicht? Schon in der letzten Sitzung des Gemeinderates, die eine Art Bürgerversammlung zur Information der Bevölkerung war, ließen die Wortmeldungen der Bürgerinnen und Bürger Skepsis und Unbehagen gegenüber der geplanten großflächigen Solaranlage erkennen. Nun hat sich mit Verena Breisacher eine Einwohnerin zu Wort gemeldet, um gemeinsam mit einigen weiteren Wilstedtern ihre Bedenken gegen das geplante Solarkraftwerk in die Öffentlichkeit zu tragen.
Was ist überhaupt geplant?
Auf bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen von acht Eigentümern in der Wüllenheide zwischen Vorwerker Straße und Dipshorner Straße in Wilstedt sollen auf 25 Hektar Solarmodule errichtet werden, Projektierer ist ein Unternehmen namens WiNRG in Hamburg, das die Großflächen-Solaranlage später an einen Betreiber aus Holland verkaufen will. Die angedachte installierte Leistung von 24 Megawatt reiche für die Produktion von 34.000 Megawattstunden Strom im Jahr, womit rechnerisch 8500 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden könnten, hieß es neulich in der Ratssitzung. Im Vergleich zu einem fossilen Kraftwerk würden dabei 14.000 Tonnen CO2 im Jahr vermieden. Die Laufzeit beträgt mindestens 30 Jahre.
Welche Bedenken gibt es gegen das Projekt?
Es sind mehrere. Wobei Verena Breisacher betont, dass sie und ihre Mitstreiter "nichts gegen erneuerbare Energien" hätten. Aber Wilstedt trage schon jetzt mit zwei Windparks sehr stark zur Energiewende bei, ein dritter Windpark sei geplant. Und beim Solarpark gehe es ja nicht nur um die 25 Hektar in Wilstedt, sondern auch um eine viel größere Fläche in der Nachbargemeinde Bülstedt. "Das muss man im Zusammenhang sehen, das sind zusammen nach jetzigem Stand mehr als 70 Hektar", sagt sie. Ihr Nachbar David Wegner sagt: "Ich möchte nicht, dass meine Tochter später nur noch technische Anlagen in der Landschaft sieht und keine Natur mehr. Vielleicht könnte man die Solarparks besser im Kreisgebiet verteilen."
Was stört die Solarparkgegner noch?
"Unsere Gemeinde wird mit Energieanlagen zugepflastert, ohne dass wir Einwohner direkt davon profitieren. Ich finde, jeder sollte etwas davon haben, zum Beispiel durch deutlich vergünstigte Strompreise", so Wegner. Er gestehe den Landwirten als Landbesitzern zu, dass sie sich durch das Verpachten der Flächen ein weiteres wirtschaftliches Standbein schaffen, doch dürfe die übrige Bevölkerung nicht leer ausgehen.
Was wird noch kritisiert?
"Es würde zu viel Fläche verbraucht", sagt Verena Breisacher. Sie hält es für sinnvoller, die Fotovoltaikmodule auf Flächen zu montieren, die bereits versiegelt sind, beispielsweise Supermarkt-Parkplätze oder Dächer. Jeden Tag würden in Deutschland mehr als 50 Hektar unbebauter Boden für Gebäude und Straßen asphaltiert und bebaut. Das für den Solarpark vorgesehene Gelände solle besser für die landwirtschaftliche Nutzung erhalten bleiben. "Man sollte die Module lieber an Autobahnen aufstellen und anderen Stellen, die schon belastet sind. Und nicht mitten in der Landschaft", ergänzt Tina Höll.
Sind die vorgesehenen Flächen in der Wüllenheide nicht von minderer Qualität?
"Das mag so sein, wenn man von den sogenannten Bodenpunkten ausgeht", so Breisacher. Allerdings sei es auch so, dass manche Bauern froh seien, dass sie auch sandige Böden haben, auf denen nicht Monate lang das Wasser steht. "Ich finde es falsch zu sagen, dass solche Böden nichts wert sind."
Was ist mit dem Versprechen der Projektierer, dass ihre Flächen durch Solarparks ökologisch aufgewertet werden?
Das sieht Verena Breisacher, die von Beruf Gartengestalterin ist, sehr kritisch. "Es wurde in der Ratssitzung gesagt, dass eine an die Region angepasste Gräser-Blühmischung um die Solarmodule herum ausgesät wird. Dagegen kann man nichts haben. Das wird langfristig aber nur funktionieren, wenn man sich um die Flächen kümmert und sie pflegt. Sonst kommt es erst zur Vergrasung und dann zur Verbuschung. Ich komme viel rum in Deutschland, und meistens sehe ich in den Solarparks nur braune Flächen. Da blüht nichts", sagt sie. Sie befürchtet, dass die Blühwiesenpläne nur erstellt werden, um die Naturschutzauflagen bei der Genehmigung zu erfüllen.
Wie ist der Stand beim Wilstedter Solarpark?
Entschieden ist noch nichts. Die Gemeinde, die dafür die Planungshoheit hat, ist bislang sehr zurückhaltend. Bürgermeister Traugott Riedesel hat bereits klar gemacht, dass die Gemeinde durch die bestehenden und geplanten Windparks schon jetzt stark in ihrer Planung eingeschränkt sei, was die Entwicklung neuer Baugebiete betrifft. Ein Neubaugebiet sei in der Nähe des alten Sportplatzes denkbar und damit in unmittelbarer Nachbarschaft zum geplanten Solarpark. Da zwischen beiden Vorhaben ein Abstand von 100 Metern, besser aber 200 Metern eingehalten werden solle, müsse der Solarpark möglicherweise verkleinert werden, was dessen Wirtschaftlichkeit verringere.
Was sagt die Politik?
Der Gemeinderat befinde sich "mitten in der Findungsphase", sagt die Ratsfrau Rita Becker. Sie war am Freitag bei dem spontan einberufenen Treffen der Solarparkgegner dabei, "um zu erfahren, wie die Bevölkerung denkt".