Der zentrale Platz im Herzen Wilstedts, der Brink, ist nach den schon weit gediehenen Umbauarbeiten größtenteils wieder nutzbar, wie das Bürgerfrühstück am vergangenen Sonntag gezeigt hat. Nun steht das nächste Ereignis an: Am kommenden Sonntag, 14. September, geht dort von 11 bis 18 Uhr der 14. Wilstedter Kunsthandwerkermarkt über die Bühne. Die am Brink ansässige Töpferin Dörte Schnackenberg organisiert die Veranstaltung, die stets zahlreiche Besucherinnen und Besucher auch von außerhalb anlockt.
Das könnte durchaus an den Qualitätsansprüchen der Keramikerin liegen. Sie sagt: "Hier werden nur Produkte angeboten, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern selbst in eigenen Werkstätten hergestellt werden." Sie achte sehr darauf, dass keine Handelsware angeboten werde und alles von hoher Qualität sei. 32 Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerkern aus dem norddeutschen Raum präsentieren diesmal ihre handgemachten Produkte. Zehn seien darunter, die noch nie oder länger nicht in Wilstedt vertreten waren. Auch das sei Programm: "Da soll schon auch mal was Neues und Überraschendes dabei sein“, sagt Schnackenberg.
Bei 1260 Grad gebrannt
Yvonne Otto zählt zur Stammmannschaft in Wilstedt. "Ich komme immer wieder gerne", sagt die Keramikerin mit Meisterbrief aus Neu-Otterstein. Sie stellt Tassen, Teller, Müslischalen und Bowles aus eigener Fertigung aus, "alles hochgebrannt", wie sie sagt, bei 1260 Grad, und daher sehr fest, belastbar und wasserdicht. Auch Vogelfutterhäuschen bringt sie mit sowie spezielle Tränken für Insekten. Mit der Veranstalterin Dörte Schnackenberg verbinde sie ein "gutes kollegiales Verhältnis". An dem Wilstedter Markt schätze sie die hochwertigen Produkte und die bunte Mischung der Aussteller. "Das Publikum ist super interessiert", so ihre Erfahrung, "ich hatte immer eine gute Resonanz." Vor der Organisatorin habe sie großen Respekt, "da steckt eine Menge Arbeit drin".
Wer sich mal gefragt haben sollte, wer die offiziellen Worpswede-Tassen macht oder die Paula-Tassen, die man bei der Worpsweder Touristeninfo kaufen kann: Sie stammen alle aus Yvonne Ottos Keramikatelier, das sie 2010 auf einem ehemaligen Findorffhof an der Neu Ottersteiner Straße eröffnet hat. Der eine oder die andere wird die 54-Jährige auch von den Keramik-Kursen kennen, die sie für die Volkshochschule in Hüttenbusch und für den Kunstverein Osterholz auf Gut Sandbeck gibt.

Auch für dieses Jahr hoffen die Kunsthandwerker auf gutes Wetter beim Markt in Wilstedt.
Yvonne Otto lebt und arbeitet auf einem idyllischen Anwesen mit Reetdachhaus, Obstbäumen und viel Platz für Kunst. Ein Wirklichkeit gewordener Traum, so wirkt das. Der Weg dahin war allerdings alles andere als gradlinig. In Zwickau in der damaligen DDR aufgewachsen, habe sie eigentlich Goldschmiedin werden wollen, doch gab es dafür in der Region nur ganz wenige Lehrstellen, und die habe man damals nur über Beziehungen bekommen können. "Und diese Beziehungen zu den richtigen Leuten hatte ich nicht", sagt sie. Also wurde sie Facharbeiterin für Datenverarbeitung im Trabant-Werk in Zwickau. Das ging bis zur Wende, dann wurde sie entlassen. "Ich war orientierungslos", blickt sie zurück, eine Zeit lang arbeitete sie als Zahnarzthelferin.
Gewohntes Umfeld verlassen
Zur Töpferei kam sie, als sie eine Freundin zu einem Kurs mitnahm. Die Arbeit mit den Händen und das Gestalten gefielen ihr so sehr, dass sie Nägel mit Köpfen machte, nach Bayern zog, um in Landshut an einer Fachschule eine insgesamt fünfjährige Ausbildung zu absolvieren. Seitdem hat sie einen Meisterbrief und ist zudem noch staatlich geprüfte Gestalterin im Handwerk. Und ganz nebenbei hat sie damals einen Mann aus Buchholz kennengelernt, in den sie sich verliebt hat und dem sie nach Norddeutschland gefolgt ist. Dass sie ihr gewohntes Umfeld verlassen hat, ohne zu wissen, was kommt, um das zu tun, was sie für richtig hielt, "das habe ich keinen Tag bereut", sagt Yvonne Otto.
Außer Keramik gibt es in Wilstedt unter anderem auch Drechselarbeiten, "schicke Sachen aus Filz", wie Dörte Schnackenberg betont, Goldschmiedearbeiten gleich von zwei Frauen, Kunst aus Glasperlen sowie auch Bilder aus Naturmaterialien. Die Wilstedter Landfrauen versorgen die Besucher mit Kaffee und selbst gebackenen Kuchen, aufgetischt wird im neuen evangelischen Gemeindehaus Am Brink. Zudem gibt es Eis vom Milchkontor Wilstedt, und Herzhaftes bietet Tamir aus Buchholz mit seinen orientalischen Spezialitäten an. Geöffnet ist an dem Kunsthandwerker-Sonntag auch der Büchertresor im Keller des ehemaligen Sparkassengebäudes. Die von Gisela Haack ehrenamtlich betriebene kleine Wilstedter Bibliothek ist durch den Eingang neben der Apotheke zu erreichen.