Ab diesem Freitag entfällt im Landkreis Verden die Testpflicht im Einzelhandel (wir berichteten). Das hat zur Folge, dass die Kreisbewohner vermutlich weniger Corona-Bürgertests in Anspruch nehmen werden. Und das wiederum wirft dann wirtschaftliche Fragen bei den Betreibern auf, die derzeit und noch bis zum 30. Juni Geld vom Bund bekommen, wenn sie den Bürgern kostenlose Tests bieten – beziehungsweise bekommen sollen, denn bisher ist bei den Betreibern noch kein Geld eingegangen, sie treten weiter in Vorleistung.
Versprochen sind aber zumindest sechs Euro für die Beschaffung eines Corona-Schnelltests sowie zwölf Euro für einen Abstrich oder 15 Euro, wenn ein Arzt den Abstrich vornimmt. Im Gegenzug müssen die Betreiber die Tests selbst einkaufen, ihr Personal bezahlen und die Infrastruktur herrichten (beispielsweise Zelte). Wenn die Finanzierung durch den Bund ab Juli ausbleiben sollte, könnte es sein, dass Bürger freiwillige Schnelltests aus eigener Tasche vor Ort zahlen müssen.
DRK will beobachten
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) geht mit Blick auf seine Teststation bei Dodenhof in Posthausen aber davon aus, dass diese ab jetzt weniger stark frequentiert sein könnte, eben weil Tests vor dem Einkauf nicht mehr vorgeschrieben sind. Das DRK möchte aber die Situation zunächst mal beobachten. "Wir müssen schauen, wie wir das Testangebot dort weiter aufrecht erhalten und in welcher Form wir dann freiwillige Tests anbieten", sagt Roy Alfs vom DRK-Kreisverband Verden.
Der betreibt derzeit acht Teststationen im Kreisgebiet, die trotz der im Sinkflug befindlichen Inzidenzzahlen zunächst auch allesamt weiter laufen werden. "Das muss man Woche für Woche neu bewerten und dann die Schlüsse ziehen", sagt Alfs. Schließen wolle das DRK zunächst keine Station, wird aber eventuell hier oder dort die Öffnungszeiten anpassen. "Erst aber werden wir schauen, wohin die Reise geht und wie die Nachfrage ist", betonte Alfs.
Auf Expansionskurs
Das wartet Mert Yüksel, der die Drive-In-Teststation auf dem Achimer Schützenplatz betreibt, nicht ab – er befindet sich bereits auf Expansionskurs. So wird Medicon Solution nächste Woche in Verden zwei weitere Teststationen in Betrieb nehmen – an der Ostertorstraße 6 und an der Ecke Nikolaiwall/Schleppenföhrerstraße auf dem Parkplatz gegenüber von Baalk Backboard (Terminvereinbarung unter www.mediconsolution.com). Denn Yüksel geht davon aus, dass sich die Corona-Pandemie ähnlich wie im vergangenen Jahr entwickeln wird. "Da gab es auch im Sommer mehr Freiheiten, es wurde alles aufgemacht und danach folgte dann wieder der Lockdown", erzählt er und glaubt an eine Wiederholung.
An seiner Teststation in Achim sei jedenfalls bisher nicht zu erkennen, dass die Zahl der Bürger, die zum Testen mit dem Auto vorfahren, abnimmt. "Wir haben da durchaus 250 Tests am Tag", sagt er und scheint mit der Auslastung zufrieden. Und bis zum 30. Juni sei ja zumindest die Finanzierung geregelt, "danach muss man dann sehen, ob die Kunden die Tests selbst zahlen müssen". Die Testzeiten auf dem Schützenplatz dehnt er jetzt erstmal aus: Nun ist der Drive-In auch sonntags jeweils in der Zeit von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Und: „Wir sind weiterhin auf der Suche nach Mitarbeitern sowie Ladenflächen und Grundstücken für den Aufbau von Testzentren in Achim.“
Glaube an eine Wiederholung
Wie Yüksel schätzt Oliver Bender von der Firma Help2to, die unter anderem in Etelsen, Cluvenhagen, Riede und Morsum Bürger aufs Coronavirus testet, die Gesamtgemengelage ein. "Die derzeitige niedrige Inzidenz ist eine Momentaufnahme und wir werden in Ruhe schauen, wie sich die Nachfrage jetzt entwickelt. Jedenfalls verfallen wir nicht in Panik und schließen jetzt sofort keine Stationen oder fahren sie runter", erklärt er. Auch Bender verweist auf die Entwicklung im vergangenen Jahr. Bisher hat er noch keinen Rückgang der Nachfrage feststellen können und noch zahle die Regierung – auch wenn Help2to "wie alle anderen auf das Geld vom Bund wartet".
Außerdem sieht Bender die Situation pragmatisch: Wenn die Nachfrage nach Bürgertests aufgrund niedriger Infektionszahlen so stark sinkt, dass sich der Betrieb von Teststationen nicht mehr rechnet, bedeute dies im Umkehrschluss, dass das Unternehmen wieder seinem Kerngeschäft nachgehen könne, das in Erster Hilfe liegt. "Dann können wir endlich wieder Kurse mit Frontalunterricht geben", weiß er. Der Betrieb der Testzentren diene ohnehin lediglich zur Überbrückung der Geschäftspause.