Angesichts täglich neuer Rekorde bei den Neuinfektionen will Niedersachsen an den bestehenden Corona-Schutzmaßnahmen weitgehend festhalten: Das bedeutet auch im Landkreis Verden weiterhin Einkaufen mit Maske. Erleichterungen gibt es im Bereich Gastronomie: Ungeimpfte dürfen wieder mit einem negativen Test ins Restaurant, hier wird 3G eingeführt. Weitere Schritte stellt die Landesregierung ab dem 2. April in Aussicht. Viele betroffene Unternehmer im Kreis Verden bewerten die Entscheidung, weiter Vorsicht walten zu lassen, positiv. Doch es gibt auch kritische Stimmen.
Der Überzeugte
"Die Maske ist der beste Schutz, den wir im Einzelhandel haben", sagt Jens Buse, Inhaber des Jeansgeschäfts Enterprise an der Obernstraße in Achim. Dass er und seine Kunden weiterhin den Mund-Nasen-Schutz im Laden tragen werden, findet er deshalb "natürlich gut". Wirtschaftliche Einbußen hat der Modehändler durch die Maskenpflicht nach eigenen Angaben nicht gehabt. "Ich merke das nicht, ob mit oder ohne Maske."
Dass der Einzelhandel ein großer Infektionstreiber ist, glaubt der Unternehmer nicht. Dennoch müsse man die Ängste der Menschen respektieren. Bedenken hat Buse bei größeren Menschenansammlungen. Großveranstaltungen in geschlossenen Räumen würde er weiter vermeiden. Unter freiem Himmel, etwa im Weserstadion, sieht er jedoch keine sonderlich große Gefahr, dass sich Besucher untereinander anstecken könnten.
Der Gespaltene
Axel Rumsfeld nimmt die neuen, alten Corona-Regeln für Niedersachsen achselzuckend zur Kenntnis. "Mir ist das im Grunde egal", sagt der Goldschmiedemeister. Seine Werkstatt in der Achimer Innenstadt sei nicht auf Publikumsverkehr angewiesen. Der Handwerksbetrieb lebe von ein, zwei Kunden am Tag. Doch was den Geschäftsmann nicht weiter kratzt, juckt den Privatmann Rumsfeld dann doch ein wenig. Er glaube nicht daran, dass sich an den Einschränkungen in absehbarer Zeit etwas ändere. Einige Entscheidungsträger in Berlin und Hannover agierten in der Pandemie nach seiner Einschätzung zu ängstlich. Darunter zu leiden hätten vor allem junge Leute. "Der jungen Generation wird viel genommen, das finde ich nicht in Ordnung."
Gut findet Rumsfeld das gestiegene Bewusstsein für Hygiene im Zuge der Pandemie. Auch die Plexiglasscheiben in seinem Verkaufsraum, die Kunden und Beschäftigte voneinander trennen, will er bis auf Weiteres stehen lassen – nicht nur zum Schutz vor Corona, sondern auch vor anderen Krankheitserregern.
Der Ernüchterte
Den Frust spürt Simon Papazoglu in seinem Friseursalon in Achim bei fast allen. Bei den Kunden, bei den Kollegen. "Es ist einfach zu viel", sagt der Friseurmeister. Die nicht enden wollende Pandemie, der Krieg in der Ukraine, die hohen Spritpreise. Da droht bei manch einem, die Stimmung zu kippen. Dass nun doch keine weitgehenden Lockerungen der Corona-Maßnahmen am 20. März zu erwarten sind, wundert Papazoglu nicht mehr. "Es ist wie alles andere: Erst wird angekündigt und dann dementiert."
Er wünscht sich für sich und seine Mitarbeiter, dass "die Maske endlich mal fliegt". Und wenn das schon nicht geht, wenigstens eine OP-Maske statt FFP2 zu tragen. "Dass wir uns darüber schon freuen würden, sagt auch schon viel."
Die Hoffnungsvolle
Gastronomin Angelika Repinski vom Café Lugenstein in Verden begrüßt die geplanten Lockerungen für die Gastronomie. Bislang hat ihr Café in der Nähe des Verdener Doms lediglich an drei Tagen die Woche geöffnet, nach dem Auslaufen der Übergangsregelung in Niedersachsen will sie die Öffnungszeiten Anfang April wieder auf fünf Tage die Woche ausdehnen. Ihre Mitarbeiter kehren dann aus der Kurzarbeit zurück. Nach dem Ausstieg des Landes Niedersachsen bei der Luca-App müssen sich ihre Gäste bereits seit einigen Tagen nicht mehr bei ihrem Besuch im Café Lugenstein registrieren lassen.
Der Warner
Gördt Glander, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Landkreis Verden warnt vor übereilten Schritten. "Die Dehoga ist immer bereit, Beschränkungen aufzugeben, aber wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Die Frage ist, welchen Nutzen haben wir davon und welche Risiken müssen wir dafür eingehen", argumentiert Glander. Die Branche sei heiß darauf, wieder zu arbeiten und mehr Gäste zu bewirten. Es dürfe aber auch nicht die Situation eintreten, in der die Mitarbeiter sich infizierten und massenhaft ausfielen. Schon jetzt sei die Personalnot groß, weil sich die Mitarbeiter während der Pandemie anderweitig orientiert hätten.
In der Hotelbranche habe sich grundsätzlich eine positive Erwartung breitgemacht, denn eine Lockerung der Auflagen bedeute mehr Übernachtungsgäste, mehr Radtouristen und auch wieder eine Zunahme der Geschäftsreisen, sagt Glander. Anders sei die Situation bei den Saalbetrieben. "Die Betreiber stehen kurz davor, alles aufzugeben. Es gibt kaum noch Veranstaltungen und alle hoffen auf den Tag, an dem die Beschränkungen fallen", schildert der Dehoga-Chef die Stimmung in der Branche. Das dicke Ende komme aber wohl noch, vermutet Glander. Denn die Insolvenzen in der Gastronomie kämen erst, wenn die staatlichen Hilfen endeten und Kredite zurückgezahlt werden müssten. "Die Ersparnisse sind vielfach aufgebraucht, und wenn die finanziellen Rückforderungen nicht mehr bedient werden können, bleibt nur die Insolvenz", sagt er. Zurzeit würden einige Betreiber aufgeben, um eine spätere Insolvenz zu vermeiden.