Herr Präsident hat einen technischen Defekt auf dem Kopf. Er hat noch nicht alle Lampen an. Doch bis zum Karneval, der fünften Jahreszeit in Riede, sollen die blauen Lämpchen auf seiner Narrenkappe wieder um die Wette strahlen. Verspricht zumindest Jan-Cord Ortmann, Präsident der Rieder Karnevalisten. Seine auffällige Kopfbedeckung hat er dieses Jahr eigens mit zusätzlichen Federn verziert. „Das sind echte Fasanenfedern. Die habe ich aus dem Internet“, erzählt der Kölsche, pardon Rieder Jung. Mit seiner paillettengesäumten roten Jacke, dem hellen Hemd und der dunklen Fliege würde der 34-Jährige auch als Sitzungspräsident bei „Mainz bleibt Mainz“ eine gute Figur machen.
Die beiden großen Prunksitzungen in Riede gehen jedenfalls am ersten Februarwochenende, 6. und 7., in der Heinz-Schreiber-Sporthalle über die Bühne.
„Der Rieder Karneval ist der größte im Landkreis Verden“, erzählt Ortmann mit stolz geschwellter Brust. Nächstes Jahr würden die Jecken aus der Samtgemeinde Thedinghausen sogar schon ihr 60-jähriges Bestehen feiern, freut sich der Präsident. Vor fünf Jahren hat er Andreas Böse-Bartels in diesem Amt abgelöst. Der hatte den Posten sage und schreibe 15 Jahre lang inne. „Das erste Jahr, in dem ich nicht mehr Präsident war, bin ich gleich für mehrere Tage nach Köln gefahren und habe ordentlich Karneval gefeiert“, scherzt Ortmanns Vorgänger. Den Schalk hat er immer noch im Nacken, an seiner schwarzen Jacke blinkt und blitzt es. Pailletten soweit das Auge reicht, ein Orden bammelt dort neben dem anderen. Böse-Bartels, von seinem Kumpel Jan-Cord liebevoll „Spezi“ genannt, erinnert mit seinem vielen Bling-Bling ein wenig an jemanden, der gerade den Almabtrieb in den Tiroler Bergen hinter sich hat. Obwohl er nicht am Rosenmontag geboren ist, fühlt sich Böse-Bartels aber so.
Haben die Rieder Karnevalisten, die dem dortigen MTV angehören, viele Jahre lang ihre Sitzungen bei Scholvin-Ortmann abgehalten, folgte nach einem kurzen Zwischenstopp im Zelt der Umzug in die Rieder Heinz-Schreiber-Sporthalle. „Vor den Sitzungen haben wir uns früher immer bei Scholvin in der Garage umgezogen. Da hat bestimmt der eine oder andere Karnevalist seine ersten sexuellen Erfahrungen gemacht“, ulkt der Herr Präsident. Jawohl, für jeden Karnevalisten aus Riede und umzu schickt es sich Ortmann so anzureden und zwar nur so. Wer das Wort Mütze während der Narrenzeit in den Mund nehme, werde ebenfalls zur Kasse gebeten. „Es heißt Kappe, nicht Mütze. Dieses Vergehen wird mit bis zu zwei Euro Strafgeld geahndet“, betont der Präsident. Übrigens, in Riede wird auch unter gar keinen Umständen der Narrenruf „Alaaf“ in den Mund genommen. „Hier bei uns heißt das ’Riede Helau’“, betont Andreas Böse-Bartels, der Mann mit den vielen Orden an der Jacke. „Die tollste Party haben wir in dem Jahr gefeiert, als wir ins Zelt ausweichen mussten. Da lag draußen meterhoch Schnee, und die Temperaturen waren ganz tief im Keller“, blickt Jan-Cord Ortmann in die Karnevals-Historie zurück. Angefangen hat vor nunmehr fast sechs Jahrzehnten alles mit gebürtigen Rheinländern, die das närrische Gedankengut nach Binnen- und Butenbremen, also auch nach Riede, getragen haben. Fast 100 Aktive, rund zehn Gruppen, darunter „Obsession“, das „Sextett“, die „Muschelschubser“ oder die „Schildflöten“ gibt es im Rieder Karneval. Nachwuchssorgen plagen die Narren nicht – im Gegenteil. „Die Prinzengarde und die Roten Funken sind die Einstiegsdrogen für den Rieder Karneval“, wissen der Präsident und sein Ehrenpräsident Andreas Böse-Bartels schließlich aus eigener Erfahrung. Wen der Herr Präsident in diesem Jahr zum „Rieder Ritter“ schlagen wird, verrät er natürlich noch nicht. Nur soviel: Den passenden Karnevalsorden hat er schon besorgt, im Paket mit den Fasanenfedern.
Mit dem Kinderkarneval am
Sonntag, 31. Januar, fällt in Riede ganz offiziell der Startschuss für das närrische Treiben. Los geht es um 15.11 Uhr in der Heinz-Schreiber-Sporthalle. Für Kinder bis 14 Jahre ist der Eintritt kostenfrei, Erwachsene sind mit fünf Euro dabei. Einen Vorverkauf gibt es nicht. Und wie heißt die Frau, die das bunte Spektakel für die Lütten federführend organisiert? Jeck, Martina Jeck. „Riede Helau“.
„Die Prunksitzung am Sonnabend, 6. Februar, ist leider schon komplett ausverkauft. Ab 23 Uhr steigt dann aber die Riesenparty mit der Live-Band“, freut sich Ortmann auf viele karnevalsbegeisterte Gäste. Eintritt: fünf Euro. Obacht, denn traditionell feiern die Rieder und ihre Gäste bis in die Puppen. Ortmann hofft, dass der Elferrat um das Präsidium und das Prinzenpaar (Frauke Bultmann und Patrick Rippe) dann auch wieder den Verdener Landrat Peter Bohlmann begrüßen dürfen, der ja bekanntlich lange in Riede gelebt hat. Auch der befreundete Karnevalsverein Rot-Weiß-Bremen aus dem Stadtteil Hemelingen werde dann wieder zugegen sein, verspricht Ortmann. Für die Nachmittags-Sitzung am Sonntag, 7. Februar, seien noch Restkarten erhältlich. „Einlass ist ab 14 Uhr, Beginn um 15.11 Uhr. Der Eintritt kostet zehn Euro“, kündigt Präsident Jan-Cord Ortmann an. Wer sich vom vielen Mitsingen und auf die Schenkel klopfen erholen möchte, findet an allen drei Festtagen Imbiss-Stände draußen vor der Halle.
Alle Närrinnen und Narren und die, die es noch werden möchten, sollten sich also schleunigst ihre Tickets beim MVT Riede unter den Rufnummern 0 42 94 / 4 85 und - 79 51 99 reservieren lassen. Am 11. November, pünktlich um 11.11 Uhr, haben die Karnevalisten aus Riede und Morsum wieder das Zepter in der Samtgemeinde Thedinghausen übernommen. Und sie halten es, wie man an den feierfreudigen Riedern sieht, bis zum Aschermittwoch mehr als fest in der Hand. Dann ist alles vorbei – wie schon Jupp Schmitz immer so treffend sang.