Achim ist Spitzenreiter – und zwar im gesamten Landkreis. Was auf den ersten Blick klingt wie eine freudige Nachricht, sorgt bei genauerem Hinsehen allerdings ziemlich schnell für Ernüchterung. Achim ist nämlich kreisweiter Spitzenreiter, wenn es um die Anzahl der fehlenden Krippen- und Kindergartenplätze geht. Keine andere Stadt oder Gemeinde im Landkreis Verden hat zum kommenden Kitajahr ein so großes Defizit wie die Weserstadt. Das geht aus dem aktuellen Kindertagesstättenbedarfsplan des Landkreises Verden hervor, der auch in der kommenden Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 18. Juni auf der Tagesordnung steht.
So werden im gesamten Landkreis Verden zum 1. Oktober dieses Jahres insgesamt 1606 Krippenplätze benötigt, 215 von ihnen können nicht angeboten werden. Davon entfallen allein 68 auf die Stadt Achim, dicht gefolgt von der Gemeinde Langwedel, in der 60 Krippenplätze fehlen. Thedinghausen (41 fehlende Plätze), Verden (30) und Dörverden (16) komplettieren die Liste. Allen Städten und Gemeinden ist bewusst, dass sie dieser Entwicklung schnellstmöglich entgegenwirken müssen. So plant Achim, wie bereits berichtet, unter anderem durch einen Anbau an die Kita Uesen/Osterfeld 15 Krippen- sowie 50 weitere Kindergartenplätze zu schaffen. Früher als zunächst geplant wird außerdem ein Kita-Neubau in Baden mit 30 Krippen- und 75 Kindergartenplätzen anvisiert.
Städte und Gemeinden werden aktiv
„Zur Deckung der Bedarfe im Flecken Langwedel wird die Kita Völkersen um eine Krippengruppe (15 zusätzliche Plätze) bis zum 31. Juli 2020 erweitert“, heißt es in der Vorlage. Außerdem soll eine weitere Kita im Ortsteil Etelsen entstehen. In Thedinghausen ist indes geplant, zum Kindergartenjahr 2019/2020 eine weitere Krippengruppe in Blender einzurichten. Verden will im kommenden Jahr unter anderem die Kita Walle um fünf Krippenplätze erweitern und bis 2021 eine neue Kindertagesstätte an der Elisabeth-Selbert-Straße bauen.
Das Problem, vor dem der Landkreis Verden mit Blick auf die fehlenden Betreuungsplätze steht, ist auch die Tatsache, dass die Eltern mittlerweile einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz haben. „Stehen nicht ausreichend Betreuungsplätze in Tageseinrichtungen und/oder Tagespflege bereit, kann das zu einem verstärkten Klageverhalten anspruchsberechtigter Eltern führen“, warnt die Verwaltung. Dies könne dann auch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. „Zur Zeit sind zehn Klageverfahren gegen den Landkreis Verden anhängig“, heißt es aus dem Kreishaus.
Fehlende Plätze auch in Kindergärten
Doch nicht nur in den Krippen, sondern auch in den Kindergärten gibt es teilweise lange Wartelisten. Von 4266 benötigten Plätzen für Kinder ab drei Jahren fehlen landkreisweit noch 196. Doch das liegt, das wird beim Vergleich der Städte und Gemeinden ganz deutlich, vor allem an der Stadt Achim. Hier fehlen nämlich ganze 167 Plätze. In diese Liste reiht sich sonst nur noch die Stadt Verden ein, in der allerdings „nur“ 29 Plätze fehlen. In allen anderen Gemeinden entspricht das Platzangebot der Nachfrage oder liegt sogar noch darüber. In Oyten ist etwa ein Bedarf für 469 Kinder vorhanden, es gibt jedoch sogar 498 Plätze.
Stark beeinflusst hat den Kindertagesstättenbedarfsplan nach Angaben des Landkreises die Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes, nach der Eltern, deren Kinder das sechste Lebensjahr in der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. September vollenden, nunmehr die Möglichkeit haben, den Einschulungstermin um ein Jahr zu verschieben. Gleiches gelte auch für die Beitragsfreiheit. „Die hat im Kindergartenjahr 2019/2020 einen erheblichen Einfluss auf die Inanspruchnahme und Nachfrage von Kindergartenplätzen gehabt“, schreibt die Verwaltung.