Die 17-jährige Domgymnasiastin Alina Kober feiert einen großen Erfolg: Im Mai hat die Dörverdenerin mit den zarten, schmalen Händen vom Bundeswettbewerb "Jugend Musiziert" einen ersten Preis mit nach Hause gebracht. In der Kategorie "Klavier vierhändig oder an zwei Klavieren" hatte sie gemeinsam mit ihrer Freundin Elina Schumacher aus Rotenburg zuerst am Regionalwettbewerb und dann auch am Bundeswettbewerb teilgenommen.
Nachdem der Wettbewerb 2020 Pandemie-bedingt vollständig ausgefallen war, lief er auch in diesem Jahr alles andere als normal: Alle Teilnehmer mussten einen selbst erstellten Video-Beitrag einreichen, der dann von einer Jury zuerst auf Landes- und später auf Bundesebene bewertet wurde. Der Regionalwettbewerb fiel weg, alle Beiträge nahmen automatisch am Landeswettbewerb teil. "Das war für uns sehr merkwürdig", sagt die Domgymnasiastin im Rückblick. "Wir konnten uns ja gar nicht mit den anderen vergleichen und bekamen auch gar keine Reaktion zu sehen." Bei einem Wettbewerb mit Live-Auftritt gebe es außerdem nur eine einzige Chance: "Es kommt dann auf den Moment an. Man weiß, man muss jetzt abliefern, sonst ist es vorbei."
Ganz anders sei das Gefühl beim Online-Wettbewerb: "Man hat ja unbegrenzte Möglichkeiten, man kann immer wieder spielen, bis man ganz zufrieden ist." Doch der Haken daran: "Das ist man leider nie. Es macht einen verrückt, weil man möchte, dass alles absolut perfekt ist."
Hinzu kam, dass die Zeit sehr begrenzt war. Für das Video zum Landeswettbewerb hatten Alina Kober und Elina Schumacher viel mehr Zeit gehabt. Als die Mädchen schließlich Mitte März erfuhren, dass sie zum Bundeswettbewerb weitergeleitet worden sind, war die Freude natürlich groß, und bis zum Termin war es noch weit. "Doch plötzlich hieß es dann, der Wettbewerb sei vier Wochen vorverlegt worden, und bereits in drei Wochen sollte Abgabe sein." Von da an hatten die Mädchen selbst am Wochenende mindestens einen Achtstundentag: Üben, aufnehmen, anhören – immer wieder.
"Einmal hatten wir einen Tag, wo wir so mit dem Anfang eines Stückes beschäftigt waren, dass wir gar nichts aufgenommen haben". Die Aufnahmen durften die jungen Pianistinnen übrigens an der Hochschule für Künste machen, wo Alina seit 2019 und ihre Freundin Elina seit 2020 Jungstudentin ist. "Wir haben das ganz alleine gemacht", sagt Alina stolz. "Mein Onkel hat die Aufnahmen dann geschnitten."
Bereits 2018 angetreten
Bereits im Jahr 2018 hatten die beiden Mädchen am Bundeswettbewerb teilgenommen, ihre Klavierlehrerin Almut Cordes hatte sie zusammengebracht. "Spontan aufzutreten war ein ganz anderes Gefühl, man hatte ja viel mehr Druck." Insgesamt seien sie diesmal viel entspannter gewesen. Doch der Kontakt zur Jury und zu den Zuhörern im Saal hat den Jung-Pianistinnen gefehlt. "Die Empfindungen, die wir beim Spielen vermitteln, kommen ja nirgends an, denn unser Gegenüber ist ein Aufnahmegerät."
Dem begabten Duo hat die neue Erfahrung dennoch viel Spaß bereitet. Und das, obwohl das Üben über weite Strecken ein echter Hindernislauf war. "Lange Zeit war die Hochschule wegen Corona geschlossen, und wir konnten ja nicht zu Hause proben, weil wir zwei Klaviere brauchten. Und am Domgymnasium ging es den ganzen Winter auch nicht." Zeitweise ist das Klavierhaus Helmich eingesprungen und hat ihnen zwei Instrumente in einem großen Ausstellungssaal zur Verfügung gestellt.
Zwischen den Freundinnen stimmt sowohl die menschliche als auch die musikalische Chemie. Da es an Elinas Gymnasium keinen Musikleistungskurs gibt, wird sie im Sommer ans Domgymnasium nach Verden wechseln, dann werden die Freundinnen also auch gemeinsam Abitur machen. Über den großen Erfolg der beiden Schülerinnen freuen sich nicht nur ihre Familien und Klavier-Lehrerin Almut Cordes. "Auch meine frühere Klavierlehrerin Elisabeth Domanskij hat sich sehr gefreut", erzählt Alina. "Sie hat mich von meinem vierten Jahr an unterrichtet, bis ich 13 war. Sie wohnt ja auch in Dörverden und hat mich richtig aufwachsen sehen."
In zwei Jahren macht Alina Kober ihr Abitur. Danach will sie es tatsächlich wagen, ein Konzertstudium zu absolvieren. "In meiner Familie bin ich die erste und einzige, die mit Musik in Verbindung steht," erzählt sie. Musik bedeute für sie etwas sehr Persönliches, etwas, das ihr für immer gehöre." Dass der Weg zum Ziel extrem anstrengend und die Konkurrenz riesig ist, ist ihr mehr als bewusst, doch voller Überzeugung erklärt sie: "Ich will das trotzdem schaffen".
Künftig will Alina an weiteren Wettbewerben teilnehmen, natürlich auch an solchen für Solo-Pianisten. Und wenn sie dabei ihrer Freundin Elina als Konkurrentin begegnet? "Das macht uns überhaupt nichts aus. Wir würden uns gegenseitig alles gönnen."