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Bundestagswahl 2021 Auf dem Prüfstand der Landwirte

Wer zahlt den Preis der Landwirtschaft? Diese Frage diskutierten das Landvolk und das Aktionsbündnis LSV am Montagabend mit den Bundestagskandidaten des Wahlkreises 34 Osterholz-Verden in Quelkhorn.
31.08.2021, 17:52 Uhr
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Auf dem Prüfstand der Landwirte
Von Lina Wentzlaff

Flächenbewirtschaftung, Landschaftsschutz und Tierwohl: Die Landwirtschaft steht immer mehr unter Druck und wünscht sich mehr Unterstützung von der Politik. Bei einer Podiumsdiskussion des Landvolkverbandes Osterholz und Rotenburg-Verden sowie des Aktionsbündnisses „Land schafft Verbindung“ (LSV) Weser-Elbe gaben am Montagabend Politiker Antworten auf Fragen von Landwirten. Eingeladen waren die fünf Direktkandidaten im Bundestagswahlkreis 34 (Osterholz-Verden): Andreas Mattfeldt (CDU), Michael Harjes (SPD), Gero Hocker (FDP), Lena Gumnior (Bündnis 90/Die Grünen) und Mizgin Ciftci (Die Linke).

Schon früh füllten sich die fast zwei Dutzend aufgestellten Bierzeltgarnituren am Montagabend auf dem Hof von Landwirt Dirk Gieschen in Quelkhorn. Nach begrüßenden Worten vom Gastgeber führten die Organisatoren Cornelius Traupe vom Aktionsbündnis LSV Weser-Elbe sowie die Landvolk-Vorsitzenden Jörn Ehlers für Rotenburg-Verden und Stephan Warnken für Osterholz mit Witz und spitzer Zunge durch den Abend. „Wir haben im Vorfeld einen kleinen Fragenkatalog erstellt, mit dem wir das landwirtschaftliche Basiswissen der Kandidaten mit einem kleinen Faktencheck geprüft haben“, scherzte Traupe. Nach den jeweiligen Quizantworten der Mandatsanwärter folgte eine kurze Vorstellungsrunde.

Sichtbarkeit von Landwirtschaft

Alle Kandidaten sprachen sich dafür aus, dass gute Landwirtschaftspolitik nur im Dialog funktionieren könne. Laut FDP-Politiker Gero Hocker ist in den vergangenen Jahren eine immer tiefere Kluft zwischen urbanen und ländlichen Regionen entstanden. „Diese hat dazu geführt, dass Menschen aus Städten ein größeres Unverständnis haben, wie Urproduktion stattfindet“, vermutete der 46-jährige Achimer. Landwirte dürften nicht weiterhin "als Prügelknaben" benutzt werden. Mizgin Ciftci (Die Linke) betonte deswegen die Wichtigkeit von Verbänden – wie dem Landvolk – für die Sichtbarkeit von Problemen, Ängsten und Wünschen einer Gesellschaftsgruppe.

Stephan Warnke vom Landvolk Osterholz stellte den Direktkandidaten Fragen zu Milch, Grünland, Moor und Klima. „Das sind alles Themen, die in fast allen Parteiprogrammen zu finden sind“, betonte der Milchviehhalter und Grünland-Bauer, der seinen Betrieb auf einem Moorstandort führt. Für den spürbaren Klimawandel wünschte er sich mehr Unterstützung und Begleitung von der Politik. Doch oftmals sehe er Politiker nur "ganz leicht“ Formulierungen treffen, wie „Moore müssen wiedervernässt werden“. „Das ist schon schwierig als Landwirt, wenn man jahrelang Investitionen an einem Moorstandort getätigt hat“, zeigte Warnke sich besorgt. Mit Blick auf die Zukunft stellte er die Frage: „Wie soll sich die Landwirtschaft verändern, damit Menschen auch noch ein Auskommen finden?“

Moorschutz ist Klimaschutz

Laut Lena Gumnior (Bündnis 90/Die Grünen) setzt sich ihre Partei zwar auch für eine Wiedervernässung von Mooren in der Region ein, allerdings nur „unter einer realistischen Anspruchshaltung“. Deswegen sprach sie sich für einen gemeinsamen Weg mit den betroffenen Landwirten aus. Ein wichtiger Punkt sei dabei, einen finanziellen Ausgleich für die Flächen zu schaffen. „Das muss sich für die Landwirte lohnen, nur so kommen wir zu einer Umstellung“, betonte die Grünen-Kandidatin unter Beifall des Publikums. Michael Harjes von der SPD ergänzte, dass allerdings zunächst eine Finanzierung geklärt sein müsse, wenn ein Systemwechsel das Ziel sei.

Trotz der Beschränkungen müssten aber auch kommende Generationen eine Zukunft im Agrarwesen haben, sagte CDU-Kandidat Andreas Mattfeldt. „Wir können Seitens der Politik die landwirtschaftlichen Betriebe nicht permanent einschränken.“ Ökologie, Landwirtschaft und Klimapolitik zusammenzukriegen und angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen, werde in den kommenden Jahren die Aufgabe der Politik sein, waren sich alle Direktkandidaten einig. Michael Harjes nannte als erfolgreiches Beispiel den "Niedersächsischen Weg".

Gerechte Preisgestaltung

Der zweite Teil der Veranstaltung behandelte das Insektenschutzgesetz, Tierwohl und Perspektiven. Zudem sprach Ciftci Themen wie die Preisgestaltung an. "Wenn vier Großkonzerne dem kleinen Bauern diktieren, wie niedrig der Milchpreis zu sein hat, ist das sozial ungerecht." Jeder Mensch sollte von seiner Arbeit leben können, befand der Linkenpolitiker. Deswegen setzt er sich für eine gerechte Bezahlung der Landwirte ein. "Die wirtschaftliche Lage aus den tierhaltenden Betrieben in unserer Region ist durchweg desaströs", berichtete auch Landvolk-Vorsitzender Jörn Ehlers besorgt. Am Ende müssten sich die Konsumenten fragen "Was ist mir das Lebensmittel wert?"

Teils gegensätzlicher Parteiprogramme verlief die Diskussion am Montagabend ungewöhnlich harmonisch und wurde nur durch wenige Zwischenrufe gestört. Alle Kandidaten haben gefordert, dass Politik und Gesellschaft bereit sein müssten, für höhere Kosten der Landwirtschaft aufzukommen. Dieses Vorhaben stieß bei den Landwirten natürlich auf Gegenliebe, allein, ob es erreicht werden kann, wird sich dann erst nach der Bundestagswahl zeigen.

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