Otto Modersohn und Worpswede – das war Liebe auf den ersten Blick. Als er im Juli 1889 auf einer Reise mit seinem Studienfreund Fritz Mackensen das erste Mal den Ort erlebt, ist er überwältigt vom starken Natureindruck dieser weiten, offenen und herben Landschaft. In seinen Ausführungen beschreibt er Worpswede als "den originellsten Orte, den ich bisher kennengelernt habe" und "dessen Natur mir, wie keine zweite, zusagt und mir durch alle Jahreszeiten die tiefste Anregung gegeben hat". Wie sich diese Begeisterung auf seine Malerei auswirkte, davon können sich Kunstliebhaber dank der an diesem Sonnabend, 17. Mai, startenden Sonderausstellung im Otto-Modersohn-Museum in Fischerhude ein genaues Bild machen. "Otto Modersohn – Worpswede 1890-1895" lautet der vielsagende Titel. Betrachtet werden somit die Anfangsjahre von Modersohn in dem Ort noch vor der Gründung der Künstlerkolonie Worpswede mit Malerkollegen wie Mackensen und Heinrich Vogeler.
Gesamtwirkung wichtiger als Details
Modersohn fand in Worpswede das, was sich im Frühwerk schon in den Studien der westfälischen Landschaft andeutete: Stille, Einfachheit, die besondere Eigenart der Landschaft – in der Malerei als Stilrichtung Paysage Intime bekannt. "Otto Modersohns Malerei verändert sich. Die in der Natur gemalten Studien werden flächiger in der Anlage als die meist kleinformatigen, intimen Kabinettbilder der Studienzeit", heißt es in er Ankündigung zur Sonderausstellung. Details wurden zugunsten der größeren Gesamtwirkung vernachlässigt. "Der Pinselduktus wird breiter und das Studienformat größer, die Intensität der Naturerfassung gesteigert."

Das Bild ”Moorlandschaft” wird in der Sonderausstellung zu sehen sein.
Modersohns Bilder waren geprägt durch die typischen Merkmale der norddeutschen, weiten und flachen Landschaft mit dem hohen Himmel, den mit Reet gedeckten Häusern, den Wasserläufen und dem Moor. "Für das Höchste achte ich dabei, die Natur in ihrer Einfachheit mit möglichster Objektivität zu schildern ohne Zutaten, da die Natur sicher eine originalere Kraft besitzt als die tüchtigste, bewusste Arbeit des Menschen", schrieb Modersohn damals.
Während der Künstler die Sommermonate die nächsten Jahre ab 1889 stets in Worpswede verbrachte (zunächst mit Hans am Ende und Mackensen, später auch noch mit Fritz Overbeck und Vogeler), zog es ihn in den Wintermonaten zu Kunstakademien. Mit diesen Aufenhalten wusste Modersohn aber nicht viel anzufangen. "Der akademische Betrieb und das von ihm häufig im Tagebuch festgestellte Unverständnis der Professoren gegenüber seinen Kunstanschauungen, ließen ihm seine Winterarbeit eher unbefriedigend erscheinen", heißt es vom Museum. Umso mehr erfreute er sich am Winter 1894, den er erstmals in Worpswede verbrachte. "Jetzt verlasse ich alle gewohnten, hergebrachten Wege, um ganz ich selbst zu sein", schrieb er zu diesem Entschluss in sein Tagebuch. Erstmals war er mit dem Ergebnis seiner Winterarbeit im Atelier rundum zufrieden.
1895 ist das Jahr des Durchbruches
1895 sollte dann das Jahr des großen Durchbruches der Kunst aus Worpswede sein. Während eine erste Präsentation der Bilder von Modersohn, Mackensen und Co. in der Kunsthalle Bremen auf wenig Begeisterung stieß, erlebten die Worpsweder kurze Zeit später mit ihren Werken im Münchner Glaspalast einen ersten großen Erfolg. Über Nacht waren sie laut Museumsangaben "weitgerühmte Künstler und wurden in der Folge zu zahlreichen Ausstellungen eingeladen".