Viele Schüler dürften davon geträumt haben, selbst zu entscheiden, ob sie zur Schule gehen oder nicht. Aber das ist in normalen Zeiten nicht möglich. In dieser Woche jedoch, von Montag bis Mittwoch, wurde die Präsenzpflicht für Schüler jeden Alters aufgehoben. Das Niedersächsische Kultusministerium hat für diese Tage den Eltern die Möglichkeit eingeräumt, ihre Kinder bis zu Beginn der eigentlichen Weihnachtsferien am 23. Dezember, zuhause zu lassen, um insbesondere noch nicht vollständig geimpfte oder geboosterte Familienmitglieder vor einer Corona-Infektion zu schützen. Diese Unterrichtsbefreiung konnte laut Beschluss nur zusammenhängend und per formlosem Schreiben für alle drei Tage beantragt werden, eine Pflicht für Schulen, die zuhause bleibenden Schüler mit Lernmaterial zu versorgen, gibt es nicht.
400 Anträge an den BBS
Um die 400 Anträge auf Befreiung haben Stefan Frese, den Schulleiter der knapp 3100 Schüler zählenden BBS Verden, erreicht. „Da viele unserer Schüler bereits volljährig sind, war oftmals das Einverständnis der Eltern gar nicht mehr notwendig.“ Im Fall der „Teilzeit-Schüler“, also all jener, die eine Ausbildung machen und nur an einigen Tagen begleitend die Schule besuchen, sei darüber hinaus das Einverständnis des jeweiligen Ausbildungsbetriebes notwendig. Die Mehrheit der Anträge sei aber von Vollzeit-Schülern eingegangen.
Prozentual etwas mehr Schüler, nämlich gut ein Drittel von etwa 900, haben an der Verdener Campus-Oberschule von den frühen Weihnachtsferien Gebrauch gemacht, wie Schulleiter Christian Piechot berichtet. Vom fünften Jahrgang einmal abgesehen, der im Vergleich zur übrigen Schülerschaft etwas stärker vertreten ist, sind über alle Jahrgänge hinweg mal mehr, mal weniger Abmeldungen eingetroffen. „Das hängt auch oftmals mit den jeweiligen Freundesgruppen zusammen. Manche Klassen sind fast noch vollständig da, in anderen fehlt die Hälfte“, sagt Piechot. Hinzu kommen die im Winter üblichen erkältungsbedingten Krankmeldungen.
Campus ist gut gerüstet
Da die Schule grundsätzlich einen Fokus auf das personalisierte Lernen gelegt habe und vieles in Eigenregie mithilfe des eigenen Tablets bearbeitet werde, sei die Schule insgesamt gut gerüstet für das Distanzlernen. „Jeder Schüler ist über ein bestimmtes Lernprogramm mit der Schule verbunden, sodass stets ein kontrolliertes Arbeiten möglich ist“, so der Schulleiter. Auch wenn die Bereitstellung von Material für die Schüler zuhause nicht vom Kultusministerium vorgeschrieben worden sei, sehe das in der Realität an seiner Schule anders aus. Davon abgesehen finde in der Schule wie gewohnt der Unterricht statt.
So wird es auch am Gymnasium am Wall praktiziert, wie Schulleiterin Petra Sehrt erläutert. Prinzipiell seien die Schüler für diese Tage zwar selbst für das Erarbeiten des Lernstoffs verantwortlich, doch wenn die Pandemie einen positiven Effekt gehabt habe, dann eine optimale digitale Vernetzung zwischen Schülern und Lehrern. „Hinzu kommt, dass auch sich oftmals die Schüler untereinander mit den in der Schule gemachten Aufgaben versorgen“, lobt Petra Sehrt. Die meisten Abmeldungen habe es im Bereich der Oberstufe gegeben, da seien es oftmals mehr als 50 Prozent der Schüler. Die Fünft- und Sechstklässler wiederum seien weitgehend noch in der Schule, bei den Acht- und Neuntklässlern habe sich etwa ein Drittel abgemeldet.
Digitales Klassenbuch
Ähnlich differenziert müsse die Situation am Domgymnasium beurteilt werden, berichtet Schulleiterin Dorothea Blume, da die meisten der jüngeren Schüler weiter vor Ort beschult würden, während viele der älteren Schüler von zuhause aus arbeiteten. Es gibt am Domgymnasium eine Art digitales Klassenbuch, das für die Schüler auch vom heimischen Arbeitsplatz einsehbar ist und das in diesen Tagen besonders ausführlich geführt wird. „So wie es auch im Krankheitsfall bei uns organisiert ist, muss sich dann jeder Schüler das Material für die Heimarbeit selbst besorgen, das klappt aber in aller Regel gut“, erzählt Dorothea Blume.
Für die von der Schule abgemeldeten Schüler liegt es in der Hand der Erziehungsberechtigten, das Lernen zuhause zu beaufsichtigen. „Es sind ja so gesehen keine Ferien, nur der Lernort hat sich geändert“, meint Ute Dahlenberg, Konrektorin der Nicolaischule. Es seien „einige Abmeldungen“ eingetroffen, viele davon auch recht kurzfristig. Normaler Unterricht finde selbstverständlich an der Grundschule statt, jedoch sei die Leitung bemüht, die Einführung von essentiell wichtigen Lerninhalten bis nach den Ferien zu verschieben. Außerdem würden keine Klassenarbeiten mehr geschrieben.
Die Zahl der abwesenden Schüler hält sich mit 18 von knapp 250 an der Jahnschule doch sehr in Grenzen, sagt Schulleiterin Claudia Stüven, Es handele sich bei diesen drei Tagen, an denen der Präsenzunterricht aufgehoben worden sei, nicht um ein Distanzlernen, wie es bereits mehrfach Corona-bedingt praktiziert worden sei. Da es in den letzten Tagen vor Weihnachten an einer Grundschule doch etwas lockerer zugehe, vermehrt Geschichten gelesen oder noch etwas gebastelt und nicht viel Neues eingeführt werde, sei es recht einfach, den abwesenden Schülern das eine oder andere Heft zum Aufarbeiten des Lernstoffs mit nach Hause zu geben.