Umgeben von einem geschmückten Weihnachtsbaum und einem brennendem Kaminfeuer sitzt eine junge Frau sichtlich erschüttert auf dem Boden. Links und rechts von ihr nehmen durchsichtige Wesen Platz, die an Geister erinnern. Franziska Buge, Schülerin der Berufsbildenden Schulen Verden (BBS), hat diesem Kunstwerk den Titel "Last Christmas" gegeben. "Menschen leben in unserer Erinnerung weiter, aber ob sie uns an gute oder schlechte Zeiten erinnern, liegt allein an uns", lautet ihre Beschreibung zu dem Gemälde.
Das Werk der Jugendlichen ist ein Teil der neuen Bilderausstellung der Fachoberschule Gestaltung. Dafür bearbeiteten 28 Schüler seit September drei verschiedene Themen. Dazu gehörten zum einen die spontan-kreativen, experimentellen Gestaltungen: "Das ist eine erste gestalterische Arbeit, die den Schülern sehr viel Spaß gemacht hat", informiert Fachlehrerin Birgit Gerlach. "Mit verschiedenen Farbstiften, sehr unterschiedlichen Werkzeugen und Applikationsmöglichkeiten wurden die Farben auf den Untergrund aufgetragen."
Außerdem gestalteten die Schüler innovativ-progressive Bildkompositionen zum komplexen kunstgeschichtlichen Thema „Drei Stile“. "Es war unumgänglich, dass die Schüler sich zunächst über die Malerei und ihre Einordnung in die Komplexität der Kunstgeschichte informierten", sagt die Lehrerin. In der Bildkomposition berücksichtigt werden musste sowohl der Wandel in Kultur und Weltanschauung als auch mögliche politische Einflüsse über die Jahrhunderte. Manche Gemälde vereinen zum Beispiel Malstile der Epochen Impressionismus, Expressionismus und Romantik.
Zudem sind malerische Interpretationen zu dem Thema „Weihnachten – auf der Welt zu Hause“ ein Teil der Ausstellung. Dazu sollte eine Bildkomposition erarbeitet werden, die verschiedene Kulturen beinhalten kann. "Wir haben Schüler unterschiedlicher Nationen und ein Motto überlegt, das alle abholen kann", sagt Schulleiter Stefan Frese. Die Schüler sollten versuchen, einen Kontext, eine Kausalität, eine mögliche Differenz oder auch einen Konflikt zum Thema Weihnachten darzustellen. Das Ziel war laut Birgit Gerlach, typische Gestaltungsprinzipien, sowohl was die Form- als auch die Farbgebung betrifft, einzubeziehen. "Die Werke werden nach klaren Vorgaben bewertet, zum Beispiel Formgebung und Formausdruck", sagt die Lehrerin. Außerdem müssen die Schüler die Idee hinter ihrer Gestaltung schriftlich beschreiben und begründen können.
Düstere Gemälde gehören dazu
Gerade das Thema Weihnachten wurde von den Schülern auf unterschiedliche Arten interpretiert. Die Bilder reichen von klassischen Tannenbäumen über Polarlichter und eine Darstellung von Betlehem. Dabei geht es teilweise auch in eine düstere Richtung: Sein Gemälde "Die Völlerei" nutzt Schüler Oliver Lehmann zum Beispiel zur Gesellschaftskritik und stellt den "unnötigen Konsum von Nahrung zur Weihnachtszeit" dar. Dafür ist das Bild fast gänzlich in der Farbe Rot gehalten, zeigt einen großen Mund mit heraushängender Zunge sowie mehrere Fleischhaken. "Es müssen nicht immer Wohlfühlbilder sein", betont Stefan Frese.
Die Ausstellungsstücke wurden im Schulgebäude verteilt, um angesichts der Corona-Pandemie Menschenansammlungen vorzubeugen. "Gerade in der Vorweihnachtszeit wollen wir die Schule bunter gestalten", sagt Stefan Frese. Die Ausstellung ist noch bis Weihnachten zu sehen. Die Stücke werden zudem an Interessierte verkauft. "Der Preis deckt nur die Materialkosten, aber den Schülern geht es auch viel mehr um die Wertschätzung ihrer Stücke", weiß Birgit Gerlach. Auch der Schulleiter selbst interessiert sich besonders für eines der Werke: Besonders angetan hat es ihm ein experimentelles Gemälde, auf dem die Farben grün, rot, gelb und orange in bunten Strichen vereint sind. "Dieses Kunstwerk hat eine große Dynamik und ist sehr gelungen", lobt Gerlach. Hin und wieder würden allerdings auch Kunstwerke gestohlen. "Die Schüler nehmen das entweder als Kompliment auf oder sind traurig, weil sie die Werke als Weihnachtsgeschenk weitergeben wollten", sagt die Lehrerin.
Zwei ihrer Schülerinnen haben dieses Jahr außerdem wieder die Weihnachtskarte der BBS gestaltet, die an andere Schulen oder Betriebe verschickt wird. "Eine hat das Zeichnerische übernommen, die andere mit Aquarell gearbeitet", sagt Gerlach. Diese Zusammenarbeit sei auch eine gute Lektion für die Jugendlichen: "Die Schüler müssen teamfähig sein, ihre Stärken zeigen, aber auch Bereiche abgeben können."