Zwei kleine Nachtigallen aus Verden singen für die UN-Klimakonferenz in Glasgow. Julia Muss und Hannes Benscheck, beide im siebten Jahrgang des Domgymnasiums, dürfen ihre Schule und ihr Land in einem interaktiven Musikprojekt vertreten. Beide werden mit Kindern aus insgesamt acht Nationen virtuell vor führenden Politikern und Delegierten aus der ganzen Welt ihren musikalischen Appell vortragen.
Auf einem Splitscreen-Video singen jeweils zwei Kinder aus den USA, Kanada, Peru, Mexiko, Australien, Namibia, Äthiopien und Deutschland die Klima-Hymne "Climate Change, Climate Justice" der amerikanischen Komponistin Beata Moon.
"Als Unesco-Schule ist es für uns eine besondere Ehre, an diesem Video mitzuwirken", sagt Musikpädagoge Dietrich Steincke, der neben weiteren Chören auch den kleinen Kinder-Auswahlchor "Nightingales" leitet. "Die Anfrage kam ja sehr kurzfristig, und wir sind sehr stolz, dass wir das alles innerhalb nur einer Woche geschafft haben."
Rückmeldung aus New York
Inzwischen ist die fertige Aufnahme in New York angekommen. "Wir haben von Frau Moon und ihrem Team die besten Rückmeldungen erhalten, und sie hat sogar den beiden Kindern geschrieben, wie begeistert sie von ihnen war!"
Der Kontakt zur Professorin an der New Yorker Juilliard School, die vom Event Management der Konferenz den Kompositionsauftrag für die Hymne erhalten hatte, entstand durch Michaela Herold, Mutter eines Oberstufenschülers am Domgymnasium und Fernsehjournalistin bei Radio Bremen.
Auf der Suche nach stimmbegabten Kindern für das Projekt nutzte die die Komponistin ihre eigenen internationalen Kontakte. Ihren Kollegen Henning Rübsam, der an der Juilliard Tanz unterrichtet, und für dessen Choreografien sie oft die Musik schreibt, fragte sie nach einem Kontakt nach Deutschland. Und so begann die Kette der Zufälle, die dazu führte, dass Julia und Hannes nun die "deutsche Stimme" in Glasgow sind.
Denn mit Rübsam hatte Michaela Herold einst die Schulbank gedrückt, und so war es logisch, dass er zuerst sie fragte, ob sie begabte Kinder kenne, die für das Projekt geeignet sind. Ebenso logisch, dass der Journalistin als erstes Dietrich Steincke einfiel, dessen Chöre sie von vielen Schulveranstaltungen kannte.

Hatte nur wenig Zeit, um mit den Schülern zu proben: Musikpädagoge Dietrich Steincke.
Der Musikpädagoge musste nicht lange überlegen. "Wir haben in unseren Musik-AGs bereits viel Erfahrung mit Musikvideos, und bei den 'Nightingales' singen ja Kinder mit geübten und besonders schönen Stimmen." Sofort sei seine Wahl auf Julia und Hannes gefallen, die er sofort anrief, denn die Aufnahmen mussten schnell über die Bühne gehen.
Als der Anruf kam, war Julia gerade mit ihrer Familie auf einem Wochenendtrip im Harz. "Meine Eltern waren sehr überrascht und haben sich richtig gefreut", erzählt sie. "Sie haben gesagt, ich soll da unbedingt mitmachen, weil das eine einmalige Chance ist."
Die Kinder hatten nur eine einzige Woche Zeit, Text und Melodie einzustudieren und die Aufnahme zu machen. Sie erhielten ein vorproduziertes Playback, zu dem sie singen konnten.
"Wir haben, so oft es ging, mit Herrn Steincke in der Aula geprobt", so Julia. "Zuerst jeder für sich, und dann auch zweistimmig."
Julian Meinken und Adrian Möhring aus der Veranstaltungs-AG, letzterer übrigens der Sohn von Michaela Herold, machten die Audio-Aufnahme. "Dabei bekamen die Kinder eine Masterspur aufs Ohr, denn alle Kinder im Video müssen ja synchron singen", erklärt Steincke. "Aber auf der Aufnahme hört man jeweils nur das Kind selbst, und das alles wird dann in New York zusammengeführt."
Aufregung gehört dazu
Michaela Herold ließ es sich nicht nehmen, die Videos persönlich abzudrehen: "Ich bin ja selbst so begeistert von dem Projekt!" Damit alle teilnehmenden Kinder dieselbe Chance zur Umsetzung haben, wurde dabei auf jegliches Hightech verzichtet. "Ich habe das einfach mit dem Smartphone aufgenommen, so sind die Aufnahmen am Ende alle gleich." Dabei haben Julia und Hannes noch einmal zur Masterspur gesungen, damit die Lippenbewegungen später zum Audio passen.
Für die Kinder ist das eine spannende Angelegenheit. "Ich bin ganz schön aufgeregt", sagt Hannes, der sich schon darauf freut, das Video bald auf der Homepage des Domgymnasiums zu finden. "Dass man uns sogar international hören und sehen kann, das ist schon krass."
Schon als Grundschüler in der Jahnschule hatte er Blockflöte gespielt und viel gesungen. Sofort bei seiner Einschulung am DoG trat er in Steinckes "Young Voices" ein. Das ist der Chor der fünften bis siebten Klassen, bei dem jeder mitsingen kann. Doch Hannes wollte auch gern zu den Nightingales, für die sich die Kinder qualifizieren müssen. "Da musste ich vorsingen, und ich war richtig froh, dass ich ausgesucht wurde."
Stolz zeigen die Kinder zwei wichtige Embleme: Die von Steincke selbst designte rote Nachtigall, die auch die Chor-Uniformen der Kinder ziert, und das Ziel Nr. 13 der Unesco-Schulen: "Handeln für den Klimaschutz".