Der Forderung von Wilhelm Hogrefe, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, den Verdener Klärschlamm in Bremen entsorgen zu lassen, ist jetzt Verdens Bürgermeister Lutz Brockmann (SPD) mit deutlichen Worten entgegengetreten. "Leider hat Wilhelm Hogrefe mangelhaft recherchiert und in der Folge nun die Öffentlichkeit falsch informiert", schreibt Brockmann in einer schriftlichen Entgegnung. Alle acht Bürgermeister aus dem Landkreis Verden hätten 2018 gemeinsam Gespräche mit der Kenow (Klärschlammentsorgung Nordwestdeutschland) aufgenommen. Ziel sei eine transparente Kooperation für eine zuverlässige Klärschlammverwertung in Bremen gewesen. Im Ergebnis habe die Kenow keine Zusammenarbeit auf Augenhöhe angeboten. "Es gibt leider keine rechtlich zulässige Möglichkeit für eine vertragliche Kooperation", bedauert Brockmann.

Verdens Bürgermeister Lutz Brockmann.
Wie berichtet, hatte Hogrefe einen "konstruktiven Dialog" mit der Bremer SWB gefordert. Warum Verden seinen Klärschlamm nach Hildesheim transportieren wolle, obwohl in Bremen eine neue Klärschlamm-Monoverbrennungsanlage im Bau sei, erschließe sich ihm nicht. Die Bremer Anlage entsteht seit Januar 2021 (Baubeginn) auf dem Gelände der SWB am Industriehafen. Die Bauarbeiten sollen sich nach Angaben der Betreibergesellschaft bis Juni 2022 hinziehen. Anschließend, ab Herbst 2022, ist ein Probebetrieb geplant, bevor die Kenow noch im kommenden Jahr mit dem Dauerbetrieb starten will. Aktuell ist die Anlage für eine Kapazität von rund 55.000 Tonnen Trockenmasse ausgelegt, wie die Kenow angibt. Gesellschafter der Kenow sind neben SWB und Hansewasser aus Bremen, EWE Wasser (Cuxhaven) sowie der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband.
Verwertung in Dänemark
"Die Kenow ist wie die beiden Gesellschafter EWE und Hansewasser gewinnorientiert. Auch die SWB ist kein kommunales Stadtwerk sondern ein gewinnorientiertes privates Unternehmen", betont Brockmann. Zur Korruptionsbekämpfung und Vermeidung überhöhter Preise seien Aufträge zur Klärschlammentsorgung grundsätzlich öffentlich auszuschreiben und die Aufträge zum günstigsten Preis zu vergeben. Die Beachtung dieser Regel sei wichtig, da die Kosten der Klärschlammentsorgung am Ende über die Abwassergebühr von uns allen finanziert würden. Diese Abwassergebühr sei für das Wirtschaftszentrum Verden zugleich ein wichtiger Standortfaktor. Aktuell werde die Hälfte des Verdener Klärschlamms für etwa 420.000 Euro in Dänemark verwertet. "Der Landkreis Verden bringt nach einer aktuellen Ausschreibung den kreisverdener Hausmüll nicht länger per Zug zum Müllheizwerk nach Bremerhaven, sondern nun sogar bis an die holländische Grenze", gibt der Bürgermeister ein Beispiel.
Bei einer Auftragsvergabe zur Müll- oder Klärschlammentsorgung per Ausschreibung an den günstigsten Anbieter habe die Kommune nur wenig Einfluss auf die Entfernung. "Die vom Bundestag beschlossene, künftig notwendige Klärschlammverbrennung, wird ohnehin zu deutlichen Kostensteigerungen und einem Anstieg der Abwassergebühren führen", sagt der Verdener Bürgermeister voraus. Daher prüfe die Verdener Stadtverwaltung seit Jahren alle technischen und rechtlichen Möglichkeiten. Dazu gehöre auch die Kooperation von 23 kommunalen Abwasserbetrieben, die sich in der KNRN (Kommunale Nährstoffrückgewinnung Niedersachsen) für den Bau und Betrieb einer kommunalen Klärschlammverbrennung zusammengeschlossen haben.
"Die KNRN bietet Zusammenarbeit auf Augenhöhe, eine transparente Kalkulation und eine nutzenorientierte Lösung inklusive der Vermeidung von Umweltbelastungen", argumentiert Brockmann. Das Planungsbüro Born und Ermel habe Anfang 2020 für die Stadt Verden einen ersten Vergleich der Möglichkeiten erstellt, danach sei die Option KNRN am günstigsten gewesen. Bevor der Stadtrat abschließend über eine Beteiligung an der Investition in eine kommunale Klärschlammverbrennung entscheide, "soll und muss dieser Vergleich selbstverständlich aktualisiert werden".
Kürzlich hatten sich die Stadtratsfraktionen von CDU und Grünen gegen eine Entsorgung des Verdener Klärschlamms (etwa 6000 Tonnen jährlich) in der geplanten Anlage der KNRN in Hildesheim ausgesprochen. Neben den umweltbelastenden Transporten per Lkw seien noch zahlreiche Fragen ungeklärt. Stattdessen solle Verden zunächst mit der Entsorgung per Ausschreibung weitermachen, um alle Optionen gründlich prüfen zu können.